RZ-Standpunkt | Zum illegalen Wolfsabschuss

Wegen der Wölfe wird das Wallis zum Wilden Westen

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Vor nicht ganz zwei Wochen wurde im Val d’Anniviers eine gewilderte Wölfin entdeckt. Nach dem Fund eines illegal geschossenen Tieres Anfang 2016 bei Raron ist dies der zweite Fall von Wilderei an einem geschützten Grossraubtier in weniger als einem Jahr. Wilderei ist ein Verbrechen und kein Kavaliersdelikt. Deutlich wird das daran, dass sich der Steger Gemeindepräsident Philipp Schnyder vor Gericht verantworten musste. Schnyder hatte angeblich auf ein Hirschkalb geschossen, das sich in einem Banngebiet befand. Doch das Verbrechen an sich ist nur Teil des Problems. Deutlich gravierender wiegt die Feststellung, dass in unserem Kanton Selbstjustiz, zumindest was die Wölfe betrifft, mehr oder weniger salonfähig ist. Anders ist es nicht zu erklären, dass das Verhalten des Wilderers in Leserbriefen, notabene mit vollem Namen unterschieben, gutgeheissen wird. Auch die Walliser Regierung sah sich nicht genötigt, diesen Angriff auf die Staatsmacht, denn nichts anderes ist das illegale Schiessen eines Tieres, öffentlich zu verurteilen. Aber auch die Befürworter des Wolfes sind sich nicht zu schade, dem modernen Rechtsstaat Methoden des Wilden Westens entgegenzusetzen. Der von der Gruppe Wolf Schweiz ausgesetzten Belohnung von 10 000 Franken für Hinweise zur Ergreifung des Wilderers fehlt nur noch der Zusatz «tot oder lebendig», um sich vollständig wie in einem Film von Sergio Leone zu fühlen. Die Frage, ob das Wallis Wölfe beheimaten soll oder nicht, rückt so in den Hintergrund. Nun geht es darum, ob das Wallis ein Rechtsstaat ist oder nicht. Dass Ermittlungen zu toten Wölfen bei den Strafverfolgungsbehörden nicht die höchste Priorität geniessen, ist, angesichts knapper Personalressourcen und schwerwiegenderer Verbrechen, nachvollziehbar. Wird die Selbstjustiz, und sei es nur beim «Lösen» des Wolfsproblems, jedoch zunehmend salonfähig, so müssen die Behörden ein Zeichen setzen, und das geht nur, wenn der Wilderer ermittelt und bestraft wird. Denn noch ist das Wildern von Wölfen illegal.

Martin Meul

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