Corona-Hotline | 50 Mitarbeiter, sieben Tage die Woche, zwölf Stunden pro Tag:
Wo alles zusammenläuft
Bis zu 2000 besorgte Anrufe erhält das Team der Walliser Corona-Hotline pro Tag. Ein Besuch an jenem Ort, an dem das Stimmengewirr niemals aufhört.
Der Raum, in dem alle Drähte zusammenlaufen, bietet einen recht unspektakulären Anblick. Acht Tische formen ein Oval, an jedem von ihnen sitzt eine Person, vertieft in ein Telefongespräch. Provisorische Trennwände schützen vor Lärm und Viren, irgendwo hängen ein paar handgeschriebene Informationsblätter, stehen vollgekritzelte Wandtafeln. Alles wirkt unscheinbar und provisorisch – und das ist es ja auch.
Vor gut drei Wochen, am 4. März, wurde die Hotline erstmals scharfgeschaltet. Schon in den ersten Tagen verzeichnete die Nummer 058 433 0 144 um die 500 Anrufe pro Tag. Als der Bundesrat dann am Freitag, dem 13., Notrecht erliess, die Schulen und Skigebiete schloss und die Zahl der erlaubten Gäste pro Restaurant limitierte, liefen die Drähte richtig heiss: bis zu 2000 Mal klingelten die Telefone an den darauffolgenden Wochenendtagen. «Und dies, obwohl wir für juristische oder wirtschaftliche Fragen überhaupt nicht zuständig sind. Wir beantworten einzig Fragen im Zusammenhang mit der Gesundheit», gibt Stephan Zeller Auskunft. Zeller ist Vizedirektor der Kantonalen Walliser Rettungsorganisation, welche von Siders aus sämtliche auf die Nummer 144 eingehenden Anrufe bearbeitet. Und die KWRO ist es nun auch, welche die Räumlichkeiten und den technischen Support für das Team der Corona-Hotline bereitstellt.
Wechselnde Fragestellungen
Ein Team, das zur Zeit aus 50 Mitarbeitern besteht. Alle haben sie medizinisches Hintergrundwissen, viele von ihnen arbeiten im Teilpensum irgendwo im Gesundheitswesen. Nun haben sie, beginnend mit einem einstündigen Crashkurs, vorübergehend einen Zweitjob angenommen, dem sie in ihrer «Freizeit» nachgehen. Gemeinsam betreut das Team acht Leitungen, sieben Tage die Woche, zwölf Stunden pro Tag. «Zu Beginn wollten die Leute vor allem wissen, ob sie zur Risikogruppe gehören oder ob sie noch nach Italien dürfen.» Dann, als das Virus auch in der Schweiz realer wurde, hätten sich die Anrufer oft nach den geltenden Hygienemassnahmen erkundigt. «Und aktuell erhalten wir gerade viele Fragen zur Selbst-Isolation. Wie man sich also verhalten soll, wenn man Symptome hat, ohne dabei die Mitbewohner zu gefährden.» Zeller gibt die Antwort gleich selbst: falls möglich, den Kontakt komplett vermeiden, das heisst getrennte Schlaf- und Aufenthaltszimmer, getrennte Toiletten, und natürlich auch getrennt essen.
Andere wiederum wollten wissen, wie lange sie denn noch zu Hause bleiben müssten und ob es nicht sinnvoller wäre, einen Arzt aufzusuchen? Hier – wie auch sonst – antworten die Hotline-Mitarbeiter gemäss der Dokumentation, die ihnen vom KWRO-Direktor, dem Arzt Jean-Marc Bellagamba, zur Verfügung gestellt wurde. «Ziel ist es, dass nicht alle aufs Mal ins Spital rennen und dort einen Abstrich machen lassen wollen», erklärt Zeller. Gemäss den Richtlinien der Behörden sollen nämlich nur diejenigen getestet werden, die zur Risikogruppe gehören oder schwere Symptome zeigen.
Auch Ärzte würden übrigens immer mal wieder anrufen. Etwa um zu fragen, wie sie sich verhalten sollten, nachdem sie ungeschützten Kontakt mit Covid-Verdachtsfällen hatten.
Zuerst die Website, dann die Hotline
Inzwischen klingeln die Telefone wieder etwas weniger häufig als noch Mitte des Monats. Gut 700 Mal pro Tag, schätzt Zeller. Dennoch müssten die Mitarbeitenden natürlich immer wieder dieselben Fragen beantworten. Es sei ihm deshalb ein Anliegen, zu betonen, dass die meisten Informationen auch auf den Webseiten des kantonalen oder des eidgenössischen Gesundheitsdepartements zu finden sind. Zudem hält er die Bevölkerung an, zunächst die Webseite www.coronacheck.ch zu konsultieren, bevor die Hotline gewählt wird. Und ganz darauf zu verzichten, falls man Fragen hat, die nicht im Zusammenhang mit der Gesundheit stehen. Wer etwa wissen möchte, wie er nun einen Kredit für sein Unternehmen beantragen könne, solle die Frage stattdessen an info.covid@ocvs.ch richten.
Nachvollziehbar, wird die Hotline doch (allein) im Auftrag des Gesundheitsdepartements betrieben. Wie viel sich diese die Dienstleistung kosten lässt, ist freilich noch nicht klar. «Noch wissen wir nicht, wie lange die Hotline noch eingerichtet bleibt. Ich gehe aber davon aus, dass sie noch eine Weile betrieben wird», glaubt Zeller. Zudem könnten die Drähte jederzeit erneut heisslaufen. Nämlich dann, wenn die Behörden neue Weisungen herausgeben oder diese von den Medien vertieft werden. «Berichtet etwa rro über ein spezielles Thema, rufen sofort viele Oberwalliser an.» Dasselbe gelte unter umgekehrten Vorzeichen natürlich auch fürs Unterwallis. Wobei wohl in weniger als einem Prozent der Anrufe eine Person, die wirklich Angst habe, am anderen Ende der Leitung sitze. «Die meisten Anrufer wollen einfach nur Informationen einholen.» Eine der Hotline-Mitarbeiterinnen bestätigt das im Gespräch: einige der Anrufer seien zunächst vielleicht noch etwas unsicher – innerhalb von wenigen Minuten könne man aber praktisch alle wieder beruhigen, sagt sie. Und wendet sich ihrem Telefon zu, das soeben wieder klingelt.
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