Kommandant Varone | Mehrheit hält sich an Massnahmen – was passiert mit den anderen?
«Wir gehen entschieden gegen sie vor»
Wallis | Auch die Polizeikräfte sind in der Corona-Krise stark gefordert. Im Interview spricht Christian Varone, Kommandant der Walliser Kantonspolizei, über die Umsetzung der bundes- und staatsrätlichen Weisungen, das Verhalten der Bevölkerung sowie polizeiinterne Herausforderungen.
Christian Varone, im Wallis ist es ruhig wie nie zuvor. Gibt es da – abseits vom Coronavirus – für die Polizei überhaupt noch etwas zu tun?
«Die Kriminalitätslage ist in der Tat ruhig. Dies ist vor allem auf die sehr starke Polizeipräsenz auf dem gesamten Kantonsgebiet zurückzuführen. Diese Einsätze erfordern viel Energie seitens der kantonalen und kommunalen Polizeikräfte, aber die Resultate sind da.»
Fokussieren Sie jetzt alle Kräfte auf die Umsetzung der bundes- und staatsrätlichen Weisungen und Empfehlungen? Wir hart greifen Sie durch?
«Seit Beginn der Pandemie konzentrieren wir unsere Kräfte vor allem im Gelände, um die vom Bundes- und Staatsrat angeordneten Massnahmen rund um die Uhr durchzusetzen. Dies ist eine besonders anspruchsvolle Aufgabe, an der ein grosser Teil unserer Einsatzkräfte beteiligt ist.»
Wie ist das genau: Können Fehlbare nur bei Verstössen gegen Weisungen oder auch bei Verstössen gegen Empfehlungen gebüsst werden, zum Beispiel wenn jemand nicht genügend Abstand zu seinem Gegenüber einhält?
«Die beschlossenen Massnahmen bezüglich der Schliessung von öffentlichen Einrichtungen oder kommerziellen Betrieben sind klar. Ebenso die Vorschriften über die Einhaltung von Social Distancing und das Versammlungsverbot von mehr als fünf Personen. Jedes Mal, wenn eine dieser Richtlinien verletzt wird, greifen unsere Agenten ein, indem sie die betreffenden Personen bei der Staatsanwaltschaft anzeigen oder Geldstrafen verhängen.»
Und wie ist das polizeiintern, sprich wie setzen Sie die Einhaltung von Social Distancing in Ihrem Korps durch?
«Seit mehr als zwei Monaten bereitet sich die Walliser Kantonspolizei auf die Bewältigung dieser Krise vor. Intern wurden sehr strenge Verhaltensregeln bezüglich der persönlichen Hygiene und der Einhaltung der sozialen Distanz angeordnet. Sie werden auf allen Ebenen eingehalten. Auch Rapporte oder Sitzungen mit mehreren Personen sind seit mehreren Wochen nicht mehr erlaubt.»
Wurden auch schon Agenten der Kapo mit dem Virus infiziert? Falls ja, wie gehen die Kollegen damit um?
«Von 600 Mitarbeitern haben wir derzeit nur zwei, die mit dem Coronavirus infiziert sind. Die umgesetzten internen Massnahmen zeigen Wirkung. Die Solidarität aller Mitglieder des Korps mit den Kranken ist gross.»
Könnte die Polizei an ihre Grenzen kommen, wenn zu viele Agenten am Virus erkranken?
«Der Schutz unserer Mitarbeiter war von Anfang an mein Hauptanliegen, ebenso wie meines Stabes. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass das Virus sich nicht zu sehr in unseren Reihen ausbreitet, um unsere operative Einsatzfähigkeit zur Erfüllung unserer Aufgaben zu sichern.»
Noch patrouilliert die Kantonspolizei recht fleissig. Man hat das Gefühl, die Kapo sei omnipräsent, überall auf Streife. Halten sich die Walliser gut an die neuen Vorschriften bzw. Verbote?
«Es stimmt, dass wir seit Beginn dieser Krise im ganzen Kanton sehr stark präsent sind. Ich möchte klarstellen, dass die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung die angeordneten Massnahmen vollumfänglich befolgt. Es gibt jedoch immer noch einige wenige Personen, die noch nicht verstanden haben, wie wichtig und notwendig es ist, sie anzuwenden, um die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern. Wir gegen entschieden gegen sie vor.»
Wie viele Bussen mussten sie seit dem 13. März 2020, als der nationale Notstand ausgerufen wurde, aussprechen?
«Seit den Massnahmen des Bundes- und des Staatsrates sind nicht weniger als 26 Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft erfolgt und 338 Ordnungsbussen verhängt worden. Wie Sie sehen, arbeiten wir mit aller Konsequenz daran, dass diese Massnahmen, die für eine wirksame Bekämpfung dieser Pandemie wiederum unerlässlich sind, eingehalten werden.»
In Deutschland wurden teilweise Leute, die andere auf Social Distancing aufmerksam gemacht haben, verprügelt. Erleben Sie bei uns auch so krasse Fälle?
«Nein. Bis heute haben wir keine derartigen Fälle registriert. Die Walliserinnen und Walliser weisen uns jedoch darauf hin, wenn die oben genannten Massnahmen nicht eingehalten werden. Dafür bin ich ihnen dankbar.»
Wie verhält es sich mit der häuslichen Gewalt. Mussten Sie diesbezüglich seit dem 13. März 2020 vermehrt ausrücken?
«Bisher haben wir keinen Anstieg der Fälle von häuslicher Gewalt verzeichnet. Wir widmen diesem Problem grosse Aufmerksamkeit und erwarten eine Zunahme der Fälle, wenn die Krise noch einige Wochen andauert.»
Und wie sieht es mit anderer Kriminalität aus, die infolge des Coronavirus aufkeimen kann?
«Zum jetzigen Zeitpunkt können wir keine Zunahme der Kriminalität feststellen. Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken, verbreiten wir seit Beginn der Krise eine Vielzahl von präventiven Botschaften in den Medien und in sozialen Netzwerken. Die Bevölkerung soll nicht zögern und im Zweifelsfall die Telefonnummer 117 anzurufen. Entsprechende Anliegen werden umgehend bearbeitet und die Anrufer kompetent beraten.»
Wie lange noch kann der jetzige Zustand aufrechterhalten werden?
«Wir haben unsere Organisation überprüft und Prioritäten für unsere Aufgaben gesetzt, um diese Krise langfristig bewältigen zu können. Dank des bemerkenswerten Engagements unserer Polizeiagenten ist die Kantonspolizei in der Lage, dieser Pandemie zu begegnen. Ich bin stolz auf sie.»
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