Wirtschaft | Armand Imhof, Hotelier und Bauunternehmer, rät:
«Müssen uns mit weniger zufriedengeben»
Naters | Der Natischer Unternehmer Armand Imhof ist von der Krise doppelt betroffen. Während sein Hotel seit einer Woche geschlossen ist, kann auf den Baustellen noch gearbeitet werden. Für die Zukunft plädiert er für mehr Bescheidenheit.
Man hat den Eindruck, dass viele im Oberwallis noch nicht begriffen haben, welche wirtschaftliche Folgen die Krise hat?
«Es ist richtig, dass viele Menschen im Oberwallis nicht wissen, was für wirtschaftliche Folgen diese Krise haben wird. Diese Krise wird aber auch eine positive Seite für alle haben. Europa und vor allem die Schweiz müssen einen Neustart machen. Allen geht es viel zu gut, alles ist möglich, Geld bekommt jeder, ob er arbeitet oder nicht. Die Löhne und die Preise sind zu hoch und beim Neustart müssen alle Werte um die Hälfte heruntergeschraubt werden.»
Das tönt jetzt
sehr pessimistisch.
«Nein. Es ist realistisch. Wir müssen doch ehrlich sein. So kann es nicht immer weitergehen. Wir haben fast keine Einschränkungen, können uns fast alles leisten, fliegen kreuz und quer durch die Welt.»
Es gibt Experten, die vergleichen die Krise mit der Finanz- oder mit der Erdölkrise?
«Die Finanzkrise hat nur einen Teil der Bevölkerung getroffen, vor allem finanzstarke Leute. Hingegen hat die Erdölkrise alle getroffen, den kleinen Arbeiter und die Grossen und Mächtigen der Welt. Die Erdölkrise dauerte von 1974 bis 1978, also vier Jahre.»
Alle reden davon, dass es
den Tourismus hart trifft. Aber es gibt auch viele
andere Branchen.
«Der Oberwalliser Tourismus trifft es zu 100 Prozent. Hotels, Restaurants, Bergbahnen und Bahnen, aber auch alle anderen Klein- und Mittelbetriebe, die vom Tourismus abhängig sind. Der Tourismus ist im Wallis der Motor der Wirtschaft. Wenn der Tourismus nicht läuft, leidet das ganze Gewerbe. Sämtliche Reservationen von Busunternehmern, Geschäftsleuten oder Veranstaltungen wurden storniert. Wie lange es dauert, ist ungewiss. Zusätzlich sind auch die Bereiche Freizeit und Erholung sehr betroffen, also öffentliche Bäder wie Leukerbad, Brigerbad oder das Aletsch Spa. Alle mussten schliessen.»
Das Sommergeschäft scheint auch bereits vorbei zu sein?
«Auch da müssen wir realistisch sein. Wenn wir es bis im Sommer, Juni oder Juli, nicht in den Griff bekommen, dann ist das Sommergeschäft kaputt. Es braucht wieder eine gewisse Anlaufzeit.»
Der Bund hat am Freitag seine Hilfsmassnahmen vorgestellt. Wie lautet Ihr Urteil?
«Vorübergehende Kredite für
die einzelnen Unternehmer sind nicht ausreichend, denn sie müssen zurückbezahlt werden. Es ist, wie wenn man einen Patienten vorübergehend am Leben erhält und ihn dann doch sterben lässt. Es braucht also Kredite und Beiträge
à fonds perdu. In meiner Branche, der Hotellerie, sollte der Bund neben der Kurzarbeitsentschädigung 25 bis 30 Prozent vom Umsatz als Entschädigung an die Betriebe bezahlen. Die Grundlage für die Entschädigung sollte die Steuererklärung 2019 sein. Zusätzlich sollten die Banken für alle die Hypothekarzinsen für die nächsten fünf Jahre auf null stellen.»
Für bestehende und neue Hypothekarkredite?
«Wir sind ja in einer Phase von Negativzinsen, da finde ich einen solchen Vorschlag zumindest prüfenswert.»
Die Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) und andere führende Ökonomen schlagen einen Rettungsfonds mit einem Volumen von 100 Milliarden Franken vor. 2,5 Mal so viel wie der Bundesrat vorgeschlagen hat?
«Meiner Meinung nach liegt der Bundesrat richtig, dass er Kreditrettungsfonds Schritt für Schritt festlegt.»
Mit einer grosszügigen Lösung hätten die Menschen nebst den gesundheitlichen Sorgen wenigstens keine wirtschaftlichen mehr.
«Wir müssen uns alle in Zukunft mit weniger zufriedengeben. So müssen auch alle mit der Kurzarbeitsentschädigung zufrieden sein. In dieser schwierigen Zeit braucht man auch weniger Geld. Ich bin zudem der Meinung, dass die Kurzarbeitsentschädigung für Löhne maximal bei 70 Prozent liegen sollte. Wir müssen halt alle den Gürtel enger schnallen.»
Es gibt aber Menschen, die das Geld dringend brauchen.
«Natürlich kann es Härtefälle geben. Aber dafür haben wir ja die sozialen Auffangnetze. Aber die grosse Mehrheit kann auch gut für eine gewisse Zeit mit 70 Prozent des Einkommens leben. Es braucht ja niemand während der Kurzarbeit noch Geld auf die Seite zu legen, um es danach dann sofort wieder auszugeben.»
Je mehr Geld bereitsteht, desto mehr Firmen wollen an den Topf. Wer garantiert, dass das Geld auch bei den richtigen ankommt?
«Die verantwortlichen Institutionen bei den Kantonen sind dafür zuständig. Neben der Unterstützung der Arbeitnehmer soll das Geld zur Unterstützung der KMU verwendet werden.»
Werden Firmen überhaupt einen rückzahlbaren Überbrückungskredit
beantragen?
«Ich glaube nicht. Es geht darum, dass der Bund den momentanen Ausfall der Einnahmen bis etwa zu einem Drittel ausgleicht. Und das muss sofort passieren. Es sind ja monatlich Zahlungen zu leisten, Gebühren, Abgaben, Mieten und viele andere fixe und variable Kosten.»
Was erwarten Sie von der
Walliser Regierung?
«Ich erwarte von der Walliser Regierung, dass sie sich für die derzeitigen finanziellen Probleme der KMU einsetzt. Die eidgenössischen Parlamentarier sollen sich beim Bundesrat und bei ihren Parteien für die Walliser Bevölkerung einsetzen.»
Was können die Gemeinden für die lokalen Unternehmen machen?
«Dass die geschuldeten Steuern für drei Jahre zinslos bei der Gemeinde, dem Kanton und dem Bund nicht bezahlt werden müssen.»
Sie sind auch Bauunternehmer. Wie schwierig ist es,
die Baustellen logistisch zu
organisieren?
«Wir sind ein kleines mittleres Unternehmen. Die Baustellen werden mit vier bis fünf Leuten geführt, somit besteht für die einzelnen Arbeiter keine Ansteckungsgefahr. Die Leute wurden aufmerksam gemacht, dass sie den 2-Meter-Abstand einhalten sollen, zusätzlich sollen sie die Hände waschen und desinfizieren.»
Wie gross ist die Gefahr, dass auch das Bauhaupt- und Baunebengewerbe die Arbeit einstellen muss?
«Wenn die Massnahmen des Bundesrats eingehalten werden, bin ich der Meinung, dass das Bauhaupt- und Baunebengewerbe weiterarbeiten kann. Die private Baunachfrage wird durch die Krise stark zurückgehen. Es sei denn Bund, Kanton und Gemeinden lösen zusätzliche Impulsprogramme aus.»
Die Unia hat gestern Montag gefordert, dass alle Baustellen geschlossen werden.
«Das kann und darf nicht passieren. Das fordern Leute, die noch nie auf einer Baustelle waren, Massnahmen, die alles kaputt machen. Wer und wie sollen wir das finanzieren? Wir treffen alle möglichen Massnahmen. Die Bauarbeiter halten sich auch an die Weisungen.»
Interview: Herold Bieler
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