Tourismus | Die Skidestinationen bereiten sich vor
«Es wird auch eine Zeit nach Corona geben»
Die frühzeitige Schliessung der Skidestinationen bringt grosse wirtschaftliche Einbussen. Eine abschliessende Einschätzung ist noch nicht möglich. Die grosse Frage: Wie lange dauert die Ausnahmesituation noch an?
Hervorragendes Wintersportwetter und geschlossene Pisten. Gerade über Ostern hätte es viele nochmals in den Schnee gezogen. Doch auf Geheiss des Bundes sind auch die Skigebiete im Wallis seit Mitte März Sperrzone. Und dies wirkt sich natürlich auch auf die Saisonbilanz aus.
Die Ski-Destinationen Zermatt und Saastal ziehen Bilanz. (Quelle: rro)
Die Erwartungen an die vergangene Saison waren gross. Im Weltkurort Zermatt freute man sich über einen sehr guten Start. "Wir waren auf Erfolgskurs", betont Simona Altwegg von Zermatt Tourismus. Auch im Februar habe man noch ein Plus erzielt. Doch dann kam die Wende. Bislang liegen die Zahlen der ersten drei Monate vor. Von November bis Januar resultiert gegenüber dem Vorjahr demnach ein Plus von 8,5 Prozent bei den Logiernächten. "Wir rechnen auch mit guten Zahlen für den Monat Februar. Doch im März sind die Gästezahlen durch Corona massiv eingebrochen." Auch im April wird man das Dorf am Fuss des Matterhorns von einer ganz anderen Seite erleben. Zwei Monate, in welchen üblicherweise Highlife angesagt ist, sind Corona zum Opfer gefallen. So viel steht fest: Der wirtschaftliche Schaden ist gross. "Wir gross er en detail ist, dies lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht abschätzen", so Altwegg. Den Kopf steckt man im Weltkurort dennoch nicht in den Sand. Ein Beispiel: Die Zermatt Bergbahnen AG ZBAG investiert in die Zukunft. Sie hält trotz der schwierigen Lage an den Bauprojekten Gondelbahn Kumme und Matterhorn glacier ride II mit einem Investitionsvolumen von rund 60 Millionen Franken über die nächsten zwei Jahre fest. "Früher oder später werden die Menschen wieder Ferien machen - das steht fest", sagt Altwegg. "Wir werden ihnen weiterhin ein Top-Produkt anbieten. Wir werden die Krise überwinden."
Doch nicht nur Zermatt wurde von der Krise getroffen. Alle touristischen Leistungsträger im Kanton leiden darunter. So auch das Saastal. Die Destination lebt zu mehr als 95 Prozent vom Tourismus. "Die Lage ist ernst", betont Yolanda Josephine Bond von der Saastal Tourismus AG. "Die Saastal Tourismus AG verzeichnet momentan ohne Gästekarteleistungen derzeit Einnahmeeinbussen in der Höhe von 1,2 Millionen Franken. Diese müssen über verschiedene Massnahmen nun eingespart werden. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, dass wir uns auf den Sommer vorbereiten."
Auch in der Aletsch Arena ist es de facto so, dass bis zur Normalisierung der aktuellen Situation quasi keine Erträge mehr erwirtschaftet werden können. Auf der anderen Seite entstehen Kosten, welche ohnehin anfallen. Denn die Zubringerbahnen vom Tal auf das Aletschplateau sind in Betrieb. "Wie gross der wirtschaftlichen Schaden schlussendlich sein wird, hängt wohl davon ab, wie lange diese ausserordentliche Situation anhält und wie der Tourismus im Anschluss wiederum anläuft", sagt Monika König, Leiterin Marketing und Kommunikation bei der Aletsch Arena AG. "Einzig und alleine die unmittelbare Folgen sind klar: Dieses Jahr können wir unseren Gästen keine Skiferien an Ostern anbieten. Zudem fehlen uns im Vergleich zum Vorjahr 10 bis 15 Prozent des Winterumsatzes. Mittelbar hat dies auch Auswirkungen auf unsere Investitionspolitik. Wir werden in diesem Sommer sicherlich nur die absolut betriebsnotwendigen Investitionen tätigen." Doch auch König betont: "Es wird aber auch ein Danach geben. Wir versuchen uns so gut als möglich auf diesen Zeitpunkt auszurichten."
Ein gemischtes Saisonfazit ziehen die Verantwortlichen der My Leukerbad AG. "Der Winter war über weite Strecken aussergewöhnlich gut, insbesondere die tollen Festtage an Weihnachten und Neujahr sowie die sehr guten und stabilen Verhältnisse im Januar und Februar bleiben in positiver Erinnerung", resümiert CEO Urs Zurbriggen. "Der März begann schleppend, dann der ungeplante Notstopp." Da die My Leukerbad eine integrierte Unternehmung sei, sei die Bilanz je nach Sparte unterschiedlich. So könne im Schneesport, trotz frühzeitiger Schliessung, ein einigermassen positives Fazit gezogen werden, währenddem die Leukerbad Therme und die Gastronomiebetriebe aufgrund der Corona-Krise einen starken Rückgang zu verzeichnen hätten. "Beim Schneesport waren wir bis zur behördlich angeordneten Betriebsschliessung was das letzte Jahrzehnt angeht auf Rekordkurs. Sowohl bei Ersteintritten als auch beim Umsatz lagen wir zu diesem Zeitpunkt etwa 20 Prozent über dem Vorjahr. Diesen Vorsprung mussten wir nun in den letzten vier Wochen aus der Hand geben. Trotzdem werden wir beim Schneesport das Jahr mit einem kleinen Plus abschliessen können – dies vor allem dank der erstmaligen Teilnahme am Magic Pass Verbund." Kurzfristig spricht Zurbriggen von einem wirtschaftlichen Schaden von etwa 10 Prozent vom Jahresumsatz der My Leukerbad AG. "Da die My Leukerbad AG ein Ganzjahresbetrieb ist, fällt jeder Monat ins Gewicht, in dem wir keine touristische Dienstleistung anbieten können. Entscheidend wird deshalb sein, ob und wie schnell sich der Tourismus von der Krise erholen kann. Wir gehen Stand heute davon aus, dass auch das Sommergeschäft und teilweise das Herbst- und Vorwintergeschäft durch die Corona-Situation noch stark negativ beeinflusst wird." Auch im Bäderdorf müssen Investitionen nun zurückgestellt werden. "Die Rückzahlung der Kredite wird die Unternehmung mittelfristig negativ belasten", so Zurbriggen. "Doch mithilfe der behördlichen Massnahmen, sprich Kurzarbeit und Überbrückungskredite, sowie einem einschneidenden internen Massnahmeplan kann der immense wirtschaftliche Schaden kurzfristig einigermassen abgefedert werden." Nachdem die touristische Entwicklung in Leukerbad nach 20 Jahren rückläufiger Zahlen sich nun seit etwa drei Jahren wieder positiv entwickle, komme diese Krise für viele Leistungsträger der Destination zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt .
Die Hoffnung ist also da, dass der Tourismus zu Beginn der Sommersaison wieder anzieht und mit den Gästen auch wieder eine gewisse Normalität einkehrt.
ip
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Kommentare
Alexander Lieb, Brig - ↑0↓6
Die Immunitätsstudie aus Gangelt als erstes stark betroffenes Gebiet in Deutschland hat gezeigt, dass ca. 15% der Bewohner nun immun ist mit einer Letalität (Todesfallquote) von 0.37%. Dies lässt auf eine Dunkelziffer im erwarteten Rahmen deuten. Die Forscher gaben aber auf Anfrage keine Prognose ab was das für die Gesamtbevölkerung bedeutet. Überschlägig lässt sich anhand der totalen Todesfälle eines Landes eine grobe Abschätzung geben. So ergibt sich in Deutschland eine Immunität von 1% und in der Schweiz von 3%. D.h. nach einem Monat Ausnahmezustand ist keine Aussicht auf Hordenimmunität ohne Medikamente, die dem Gesundheitssystem Entlastung geben könnte, und ohne verfügbaren Impfstoff, mit dem frühstens Ende des Jahres zu rechnen ist (wahrscheinlich eher später). Ich unterstelle unserem Bundesrat dies zu wissen und uns ganz vorsichtig auf das vorzubereiten was kommen wird; also was nicht kommen wird: Normalität.
Wenn wir alle mitmachen und Einschränkungen in unserer Freiheit weiter akzeptieren, den Datenschutz aufgrund von Überwachung teilweise aufgeben und die Hygienestandard beibehalten oder erhöhen sind Lockerungen in Sicht. Diese können aber nur schrittweise erfolgen und so wird es wie in Krisenzeiten in Spitälern auch für die Wirtschaft eine Art Triage geben. Der Beitrag des Tourismus am BIP mit knapp 3% zuzüglich der Berücksichtigung der Folgewirkungen ist nicht zu vernachlässigen jedoch die Ansteckungsrisiken sind vermutlich höher als bei anderen Industrien. Da die Situation über den gesamten Globus ähnlich ist werden zudem ausländische Gäste kaum zu uns kommen, wenn sie nach dem Aufenthalt im Heimatland 2 Wochen in Quarantäne müssen. Ausserdem lässt sich kein internationaler Urlaub z.Z. gut planen. Dies nur einzelne Beispiele.
Die Situation ist schwierig und extrem Komplex, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.
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