Gesundheit | Leben mit Anaphylaxie in Zeiten der Corona-Krise
«Bei einem allergischen Schock muss ich dringend ins Spital»
Visp | Chantale Williner (40) aus Visp ist Allergikerin, welche seit letztem Sommer innert Kürze zweimal einen allergischen Schock durchmachte. Seither sitzen sie und ihre Familie auf Nadeln, sobald sich erste Symptome eines erneuten Schocks bemerkbar machen. In Zeiten des Coronavirus richtet sie nun einen Appell an die Bevölkerung.
«Liebe alle. Bitte haltet euch an die Regeln. Ich bin darauf angewiesen, dass ich jederzeit in eine Notfallstation gehen kann und mir innert wenigen Minuten ein Zugang gelegt wird. Fehlt es an Platz, Personal, Material, ersticke ich», so der Appell von Chantale Williner in den sozialen Medien. Was ist der Auslöser hinter dieser Nachricht? Panikmache? Egoismus? «Weder noch. Ich stelle in meinem engsten Umfeld immer wieder fest, dass sich viele, welche sich gesund fühlen, weiterhin unbekümmert verhalten und die einfachsten Regeln, wie das Vermeiden von sozialen Kontakten ausserhalb der eigenen vier Wände, nicht einhalten», sagt die Hobby-Fotografin, Hausfrau und Mutter einer achtjährigen Tochter. Mit dem Post wolle sie dazu beitragen, dass sich auch Gesunde an die Vorgaben der Behörden halten und nicht leichtsinnig mit der eigenen Gesundheit und der der anderen umgehen sollen. «Als Mutter ist es auch für mich derzeit nicht einfach, meinem Kind zu erklären, dass es nicht in Gruppen auf dem Spielplatz herumtollen oder mit Freundinnen in der Stadt ein Eis essen gehen kann», erklärt Williner ihr Dilemma, in welchem viele Eltern während der Corona-Krise stecken.
Regeln befolgen, Leben retten
Die Corona-Krise trifft alle. Wer sich gesund fühlt, wird durch strikte Massnahmen in seiner Arbeit und der Freizeit eingeschränkt. Kranke, seien es Corona-Infizierte oder andere Patienten, kämpfen um die notwendige Versorgung. «Die Ärzte und das Pflegepersonal leisten hier Enormes», so Williner. Ein Blick in die benachbarten Länder zeigt, dass bei weiterhin zunehmenden Corona-Fällen die Spitäler an ihren Anschlag kommen werden. «Daher finde ich, dass es an der Zeit ist, dass sich alle – auch die, welche sich gesund fühlen – an die Regeln halten. Schliesslich geht es nebst dem Schutz der Risikopatienten auch um die Sicherstellung der Notfallversorgung von anderen lebensbedrohlichen Krankheiten», betont Williner nochmals die Wichtigkeit, dass alle Generationen gefordert sind, sich und andere nicht unnötigen Risiken auszusetzen.
Notfallversorgung bei Allergien
Für die Familie von Chantale Williner ist das Thema Allergie seit letztem Sommer allgegenwärtig. «Damals hatte ich beim Abendessen mit meinem Mann und meiner Tochter eine derart heftige Reaktion, bei der ich nicht wusste, wie oder was mit mir geschieht», blickt die 40-jährige Visperin auf den ersten allergischen Schock ihres Lebens zurück. Was ist geschehen? «Kaum hatten wir angefangen zu essen, bekam ich einen Hustenanfall und es fing an, mich überall zu jucken», so Williner. Innerhalb weniger Minuten war sie am ganzen Körper übersät mit Pusteln und ihre Haut sowie die weisse Lederhaut der Augen waren komplett gerötet. «Ich sah aus, als hätten mich 200 Bienen gestochen», erinnert sie sich an ihre erste Anaphylaxie. In der Nähe der Notfallstation Visp wohnend, konnte ihr damals rasch geholfen werden. Die Diagnose, einen allergischen Schock erlitten zu haben, sitzt der Familie noch heute tief in den Knochen. «In der Zwischenzeit hatte ich einige Monate später erneut eine derart heftige al-lergische Reaktion», sagt die gebürtige Schaffhauserin. Obwohl umfangreiche Abklärungen gemacht wurden, so ist nicht restlos klar, auf welche Substanz ihr Körper so stark reagiert. Fest steht, dass es eine Nahrungsmittelallergie ist und dass sie dies wie so viele andere Allergiker aus dem Nichts treffen kann. «Zu diesem Zweck habe ich immer ein Notfallset mit Cortisontabletten sowie einer Adrenalinspritze dabei, um an mir selbst Erste Hilfe zu leisten», sagt Williner. Dennoch genügt dies in ihrem Fall nicht. «Mein nächstes Umfeld weiss, dass ich umgehend in die nächste Notfallstation muss, damit ich nicht ersticke.»
Notfallstationen frei halten
Wie die Allergikerin Chantale Williner sind auch viele andere unter uns von einer Krankheit betroffen, die im Notfall lebensbedrohlich sein kann. «Auch unter denen, die gesund zu sein scheinen und nicht zu den Risikogruppen in Sachen Coronavirus gehören, gibt es Menschen, die bei einem akuten Ausbruch ihrer Krankheit auf eine funktionierende Notfallversorgung angewiesen sind und deren Leben sonst auch bedroht ist», sagt die besorgte Mutter und betont, dass es umso wichtiger sei, durch Einhalten der behördlichen Anweisungen die Spitäler nicht noch weiter mit Corona-Patienten zu belasten. Ein Anstieg wird in den kommenden Wochen und Monaten kaum zu verhindern sein. Dennoch glaubt sie an die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen. «Wichtig ist, dass sich jeder daran hält, ansonsten wird es zu noch drastischeren Massnahmen wie beispielsweise einem Ausgehverbot oder einer totalen Isolation kommen», setzt sie auf die Vernunft aller im Land. Sie und ihre Familie werden sich auf jeden Fall die Weisungen des BAG weiterhin zu Herzen nehmen. «Auch wenn es einschränkend und mühsam ist, so wollen wir für die Risikogruppen wie auch für alle anderen einen wirksamen Beitrag leisten», gibt Chantale Williner ihre Hoffnung nicht auf, dass auch die anderen sich dem Kampf gegen das Coronavirus stellen, um einerseits die Notfallstationen für alle anderen lebensbedrohlichen Krankheiten frei zu halten und andererseits nicht noch weitere Krankheitstherapien ausfallen zu lassen.
Thomas Allet
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