Im Gespräch mit einem erfahrenen Tourengänger

«Ein Unglück kann man nie ganz ausschliessen»

Adrian Berchtold auf dem Breithorn, im Hintergrund das Monte-Leone-Massiv
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Adrian Berchtold auf dem Breithorn, im Hintergrund das Monte-Leone-Massiv
Foto: zvg

Quelle: 1815.ch /map 07.03.15 0
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Adrian Berchtold aus Glis betreibt alpinen Wintersport aus Leidenschaft: Seit vielen Jahren findet der 29-Jährige in der Bergwelt Erholung. Angst vor den Gefahren, die im Hochgebirge lauern können, hat er nicht, jedoch eine gesunde Portion Respekt, wie er im 1815.ch-Interview erklärt.

Adrian Berchtold ist passionierter Outdoor-Sportler. Sein Herz gehört dabei vor allem den Hochtouren - dem Unterwegssein mit Skis und Fellen in alpiner Umgebung.

Durch Kurse beim SAC, dem Mitmachen in der Alpinen Rettung und seine militärische Ausbildung zum Gebirgsspezialisten konnte der Rettungssanitäter in Ausbildung im Verlauf der Jahre einen wertvollen Erfahrungsschatz ansammeln.

1815.ch: Woher kommt Ihre Leidenschaft für das Touren?

Adrian Berchtold: «Das habe ich sicher zu einem gewissen Teil meinen Eltern zu verdanken. In meiner Kindheit gingen wir oft wandern. Und auch heute noch geniesse ich die Bewegung in der freien Natur.

Es geht mir beim Touren nicht nur um den sportlichen Aspekt, sondern um die Natur und die Erholung, die ich dort finden kann. Vor allem bei meinem Beruf, der oft belastend ist, geniesse ich die Entspannung, die Stille und den Rückzug in die Berge während meiner Freizeit. In der Bergwelt, so empfinde ich das, steht mir die Welt offen.

Das Touren in der ruhigen Berglandschaft, gemeinsam mit einer vertrauten Person, bei schönem Wetter und bei guten Schneeverhältnissen, der Rhythmus und das über den Schnee Gleiten ist für mich Erholung pur. Ich betreibe diesen Sport mit Herzblut. Ich liebe die Natur und ihr Erhalt liegt mir ebenfalls sehr am Herzen.»

Wie bereiten Sie sich auf eine Tour vor?

«Ich sehe mir zuerst das Lawinenbulletin an, damit ich weiss, auf welche Region ich mich konzentrieren muss und studiere das Wetter. Danach zeichne ich meine Route auf einer Landkarte ein. Gleichzeitig plane ich auch schon eine zweite Route, damit ich eine Ausweichmöglichkeit habe, falls auf der ursprünglichen Strecke Probleme auftauchen. Man sollte zudem jemanden über seine Tour informieren und auch über die Zeit, zu der man voraussichtlich wieder zurück ist.

Anschliessend mache ich die Ausrüstung bereit. Dazu gehört sehr warme, atmungsaktive Kleidung. Auch bei guten Verhältnissen sollte man immer ein Kleidungsstück zusätzlich mitnehmen, falls sich die Wetterverhältnisse ändern sollten. Skischuhe, Skis und Harscheisen müssen gut passen und auch die Felle in gutem Zustand sein. Dazu kommt kalorienreiche und zuckerhaltige Verpflegung, die einem Energie spendet, und eine Thermosflasche mit warmem Tee. Viel trinken ist auch im Winter bei Minustemperaturen wichtig.»

Welche Sicherheitsausrüstung findet sich in Ihrem Rucksack?

«Mit dabei ist das Lawinenverschüttetensuchgerät LVS, das man auf sich trägt, eine Sondierstange und eine Schaufel zur Partnerrettung sowie eine Schiene, um Brüche zu versorgen, Verbandszeug, Schmerzmedikamente und eine Rettungsdecke.

Ich besitze noch keinen Lawinenairbag, aber ich würde mir gerne einen kaufen, um meine Ausrüstung zu vervollständigen. Lawinenairbags sind sehr effektiv. Man darf aber nie vergessen, dass sie nur ein zusätzliches Hilfsmittel sind. Manchmal verleiht eine gute Ausrüstung ein falsches Gefühl der Sicherheit und man riskiert dadurch, zum Teil auch unbewusst, mehr.»

Würden Sie sich als vorsichtig bezeichnen oder suchen Sie den Adrenalinkick?

«Ich möchte möglichst alt werden, deshalb bin ich nicht auf der Suche nach Adrenalinkicks. Früher ging ich mehr Risikos ein, aber mit der Zeit wird man vernünftiger. Ich verzichte auf eine tolle Abfahrt, wenn mir die Lage zu unsicher erscheint. Zudem bin ich selten alleine unterwegs. Wenn ich jemand anderen führe, trage ich die Verantwortung für meine Begleitung und ich möchte im Leben nie Schuld daran sein, dass ein Freund verunglückt. 

Man geht nach bestem Wissen und Gewissen los, aber man kann ein Unglück nie ganz ausschliessen. Auch den besten und erfahrensten Berggängern kann ein Unfall passieren. Wir können Mutter Natur nicht beherrschen. Wir können lediglich versuchen, sie so gut wie möglich zu deuten, mit den Erfahrungen, die man mitbringt, und Gefahren aus dem Weg zu gehen.»

Sind Sie auch bei grosser Lawinengefahr unterwegs?

«Es gibt Touren, die immer relativ sicher sind. Bei grosser Lawinengefahr wählt man ein wenig steiles Gebiet, welches grösstenteils im Wald liegt. Dort ist man gut geschützt.

Ich schätze die Lage auch immer selbst vor Ort ab und verlasse mich nicht nur auf das Bulletin. Ich betrachte es eher als zusätzliches Werkzeug zur Einschätzung der Gesamtsituation, da man sich in den Momenten, in denen man das Bulletin konsultiert, nicht in den Bergen aufhält. Ausserdem kann ich den ganzen Winter über ja auch mitverfolgen, wie sich die Schneeschichten aufbauen und mir so kontinuierlich ein Bild der Lage machen. Ich bin immer gleich vorsichtig, egal wie gross die Lawinengefahr ist.»

Haben Sie nie Angst, von einer Lawine verschüttet zu werden?

«In den Bergen muss man keine Angst haben, sondern Respekt. Das ist viel wichtiger, denn Angst bringt eine Unsicherheit mit sich, das klare Denken kommt einem abhanden und man ist nicht mehr konzentriert. Dadurch kommt es viel eher zu einem Unglück.

Man muss sich der Gefahren bewusst sein und man muss auch wissen, dass überall etwas geschehen kann. Ich habe selber Kollegen in den Bergen verloren. Ich weiss, dass hinter jeder Ecke eine Gefahr lauern kann. Lawinen sind das eine, aber es besteht auch noch die Absturzgefahr, es gibt Spaltenstürze, Wetterumschläge ... In den Bergen ist man der Natur ausgesetzt.»

Was halten Sie von der gängigen Meinung, dass sich viele Sportler in den Bergen leichtsinnig verhalten?

«Es gibt sehr viele Leute, die sich seriös vorbereiten, die routiniert sind und weitreichende Kenntnisse besitzen. Im Vergleich zu früher sind heute mehr Leute in den Bergen anzutreffen, die nicht viel Ahnung haben. Auch Freerider sind zum Teil unvorbereitet.

Die Berge sind kein Spielplatz. Es braucht jahrelange Erfahrung, damit man die Natur kennenlernt, lernt die Verhältnisse einzuschätzen, die subjektiven und objektiven Gefahren sieht. Das eignet man sich mit den Jahren an. Man kann dies nicht in einer Saison lernen. Aber die Menschen sind ungeduldig und es fehlt ihnen oft an Erfahrung, wenn sie sich auf eigene Faust ins Gelände wagen. Deshalb geschehen wohl auch mehr Unfälle.»

07. März 2015, 07:00
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