Ventil | Der Walliser Blog
Kopfzerbrechen...
Obwohl «Exit» inzwischen 35 Jahre alt ist, scheint Sterbehilfe immer noch ein heikles Thema in der Öffentlichkeit zu sein. Trotzdem: Die Mitgliederzahl der Organisation steigt von Jahr zu Jahr an.
Die allermeisten Spitäler in der Schweiz, so auch im Wallis, betrachten Freitodhilfe nicht als ihre Aufgabe. Verständlich, schliesslich werden die Götter in weiss bezahlt, um Leben zu retten, nicht um Leben zu beenden. Alters- und Pflegeheime hingegen haben sich inzwischen der Realität angepasst.
Ich für meinen Teil kann nichts Verwerfliches daran finden, über seinen eigenen Abgang zu entscheiden, besonders zu einem Zeitpunkt, wenn das Leben nur noch Schmerzen und Leiden bedeutet. Eine Diskrepanz, die mir seit jeher Kopfzerbrechen bereitet: Tiere werden von ihrem Leid erlöst. Menschen hingegen müssen dahin vegetieren...
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Kommentare
Markus Imbodu, Visp - ↑0↓0
Heikel und Tabu ist das Thema weil viele Leute hier in der Region Ultra-Konserativ und Religiös sind. Dazu kommt der ganze Oberflächliche (nicht Takeles reden) Import-Smalltalk... In Leben kann nicht nur die Rosinen pflücken...
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Dübi Düsentrieb, Dübingen - ↑5↓0
Selbstbestimmung bedeutet Freiheit...
Ich persönlich habe mir die Freiheit der Selbstbestimmung schon vor längerer Zeit bei "Exit" erworben. Obwohl der Widerstand in der Familie anfänglich gross war, konnte ich mit meinen Argumenten (s. Beitrag "Im Ernst") überzeugen.
Ich bin sehr dankbar für die Zeit die mir bleibt und sollte es eines Tages soweit sein, weiss ich um die Zeit meines menschenwürdigen Abganges.
Eines ist mir zu 100% gewiss. Ich werde nicht als hirntoter, sabbernder und in Windeln eingehüllter Greis über den Jordan gehen. Besser ein Ende in Würde und Frieden als ein würdeloser Kampf im Sterben.
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Im Ernst, Oderso - ↑4↓1
Genau Dübi, in Würde gehen und in so in Erinnerung bleiben.
Ich habe ich eine Patientenverfügung, falls ich nach einem Schlag oder so nicht mehr gesunden sollte. Meine Kinder sollen das einmal nicht für mich entscheiden müssen. Klar, bei Demenz sieht es anders aus. Aber das wird fast sicher in 20 Jahren einfacher, das mit Exit.
Das Ventil, Oberwallis - ↑3↓1
Seh ich auch so, Dübi. Immerhin erspart man seinen Angehörigen damit möglicherweise auch schwierige Entscheidungen.
Im Ernst, Oderso - ↑4↓0
Da kann ich dir nur beipflichten, Ventil. Tiere dürfen erlöst werden, der Mensch muss bis ans bittere Ende ausharren. Natürlich bekommt der Mensch im Endstadium Morphin. Er döst dann dem Tod entgegen.
Ich denke, dass Exit in den nächsten Jahren einen grossen Aufschwung erleben wird. Krankenkassenprämien steigen enorm an, Alters- und Pflegeheime werden für viele unbezahlbar. Ich denke, in zwanzig Jahren wird die Möglichkeit, sein Ende (bei schwerem Leiden und grosser Gebrechlichkeit) selber zu bestimmen, vereinfacht sein. Für die meisten von uns ist es doch wichtig, im Alter keinem zur Last zu fallen. Ja, und was sollte ich noch hier, wenn ich meine Kinder bei einer Demenz nicht mehr kenne?!
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Das Ventil, Oberwallis - ↑0↓0
Eine gute Info, Maccaroni. Also wohl vor allem für nicht verheiratete Paare interessant...
Maccaroni Smerlo, Forno caldo - ↑1↓0
Nein @Ventil: mit einer Patientenverfügung erteilt man einer Person (oder mehreren Personen) das Recht, Entscheidungen bei einem Spitalaufenthalt zu treffen. Beispiel: Ein Mann erleidet einen Unfall, kommt ins Spital und liegt im Koma und ist daher nicht ansprechbar. Die mit der Patientenverfügung berechtigten Personen können nun mit dem Arzt kommunizieren und die weiteren Schritte veranlassen. Hätte er z.B. eine Freundin/Lebenspartnerin ohne Patientenverfügung, würde diese wie eine normale Besucherin behandelt. Keine Auskunft - keine Kommunikation.
Das Ventil, Oberwallis - ↑1↓0
Gut zu wissen, Dübi! Und wahrscheinlich sind es die Wenigsten, die einfach friedlich einschlafen. Aber ich sehe, du hast dich eingehend mit dem Thema beschäftigt. Ist denn eine Sterbeverfügung dasselbe wie eine Patientenverfügung?
Dübi Düsentrieb, Dübingen - ↑4↓0
@Ventil, Sterbehilfe beantragen und anfordern ist nicht so einfach wie es klingen mag...
Die Anmeldung zur Mitgliedschaft ist mit einigem Aufwand verbunden. Die Richtlinien zur Anforderung von Sterbehilfe und Sterbebegleitung sind klar festgelegt. Die von einem Anwalt verfassten Vollmachten zwischen dem Antragsteller und einem ausgewählten Familienmitglied sind bindend und nicht übertragbar. Ein "zur Last fallen" berechtigt mit absoluter Sicherheit nicht zur Beantragung von Sterbehilfe. Hingegen kann im fortgeschrittenen Stadium von Krebsleiden oder anderen schweren körperlichen Gebrechen, verbunden mit einem entsprechenden ärztlichen Attest die Sterbehilfe beantragt werden. Die Sterbehilfe kann auch bei schwerer Demenz, bei Altersschwäche oder anderen psychischen Leiden beantragt werden. Vorausgehend ist eine Mitgliedschaft bei einer solchen Organisation und die Beantragung einer solchen Mitgliedschaft sollte im Zeitraum des gesundheitlichen Wohlbefindens erfolgen. Bei starker Demenz und nicht mehr eigenem Entscheidungsvermögen tritt in jedem Fall die vorgängig verfasste Sterbeverfügung in Kraft. Die bevollmächtigte Person hat die Interessen des Verfassers zu befolgen und zu veranlassen. Der Tod ist nun mal für alle Beteiligten ein trauriger, bedrückender und bitterer Moment, ausgenommen vielleicht für die friedlich Entschlafenen.
Das Ventil, Oberwallis - ↑1↓0
Genau, Im Ernst. Natürlich könnte aber genau dies zur Gefahr werden: Dass man Exit in Anspruch nimmt, weil man keinem zur Last fallen wird. Deshalb hoffe ich, dass die relativ strengen Richtlinien nicht allzu sehr aufgeweicht werden. Was die Demenz anbelangt: Ich glaube, derzeit wäre man von Sterbehilfe ausgeschlossen, weil man nicht mehr klar entscheiden kann. Und vergiss dabei nicht: Du kennst vielleicht deine Kinder nicht mehr, aber sie kennen dich noch...