Ventil | Der Walliser Blog

Katastrophe und Normalität

Quelle: 1815.ch 15

Eine (unfreiwillig belauschte) Unterhaltung zwischen zwei jungen Menschen. Thema: Die Lkw-Todesfahrt am Berliner Weihnachtsmarkt.

«Anscheinend hat sich der IS nun zur Todesfahrt in Berlin bekannt...»
«Das hat Merkel nun davon, alle Flüchtlinge ins Land zu lassen...»
«Als ob IS-Terroristen als klassische Flüchtlinge ins Land kämen! Nun gut, eigentlich war der Fahrer, blöd gesagt, ja gar nicht so ‚erfolgreich’ mit elf Toten. In Afrika sterben jeden Tag viel mehr Menschen, aber das ist zu weit weg, das interessiert hier niemanden mehr.»
«Hast du kürzlich Bilder von Aleppo gesehen? Eine Geisterstadt...»
«Ja, dasselbe mit Aleppo. Man hat solche Nachrichten einfach schon zu oft gehört, um noch ernsthaft mitzufühlen.»
«Apropos Mitfühlen: Nach Nizza haben alle auf Facebook ihr Profilbild mit der französischen Flagge hinterlegt. Nach Berlin? Kein Mensch. Als ob man Angst hätte, gleich als Nazi dazustehen, wenn man ein wenig Solidarität zeigt.»
«Ja Bravo, und was bringt es den Betroffenen, wenn ich eine deutsche Flagge ins Netz stelle? Ausserdem war Nizza vom Ausmass her schon etwas gröber...»
«Hast du jedenfalls gesehen, wie sich dieser Weihnachtsmarkt vor Anschlägen schützen will?» Zeigt ein Bild auf dem Smartphone, beide lachen.
«Diese Absperrung würde ich ja mit dem Velo umhauen...»
Die beiden steigen in den Bus, das Gespräch wird für meine Ohren unhörbar.

Interessant: Terror, IS, Flüchtlinge, Merkel, Afrika, Aleppo, latenter Nationalsozialismus, Erbschuld, Social Media – wichtige Themen, die nach Feierabend im Eiltempo abgegrast werden. Womit die beiden definitiv recht haben: Während uns Ereignisse wie kürzlich in Berlin schockieren, macht uns Aleppo im besten Fall noch ein wenig traurig, auf die Titelseiten schafft es die zerbombte syrische Stadt jedenfalls so bald nicht mehr.

Man stumpft bei der heutigen Nachrichtenlage zwangsläufig ein wenig ab. Und das weit entfernte Elend berührt einen natürlich auch weniger, als dasjenige um die Ecke, dem man selbst zum Opfer fallen könnte. Ganz normal. Oder sollten wir uns dagegen wehren, dass die Katastrophe zur Normalität wird?

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Kommentare

  • Maccaroni - 20

    Die MainStreamMedien sorgen dafür, dass wir abstumpfen und nicht mehr selber denken.
    Bestes Beispiel von heute ist Erdogan mit dem kleinen Mädchen. Das berührt die Herzen der Menschen - nicht aber den Verstand. (Ost)-Aleppo: chaotische Zustände, kein Wasser, keine Nahrungsmittel, kein Strom, keine medizinische Versorgung, Bomben und Gewehrsalven - aber ein kleines Mädchen hat ein vollgeladenes Handy, Internetzugang, kann Live über das Elend berichten und wurde heute von Erdogan als Heldin empfangen und gefeiert. Da wurde ein Kind für eine ganz miese Propaganda benutzt. Nicht mehr und nicht weniger. Warum? In Ankara wurde der Russische Botschafter erschossen - am gleichen Tag wie der LKW in Berlin für einen Schock sorgte. Ein bisschen Ablenkung schadet nie und ein kleines Mädchen ist da sicher ganz hilfreich... Frohe Festtage.

    • Maccaroni - 00

      @Kaktus: Danke für den Tip...

    • Kaktus - 00

      Lieber Maccaroni, ich würde dir mal die Österreichische Krone.at zum lesen empfehlen . Die berichten Tacheles. ;)

  • Dübi - 20

    Grosse Trauer, Wut und Schmerz...
    Berlin, Stadt und Symbol für Freiheit wird trotz dieses feigen und niederträchtigen Attentates auch weiterhin für Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen wissen. Ich möchte allen Betroffenen mein herzlichstes Beileid aussprechen und ich werde während den Weihnachtsfeiern in stillen Momenten an die Verstorbenen gedenken.

    • Ventil - 02

      Ich denke wir alle, Dübi. Zweifellos wird sich Berlin und Europa aber davon erholen, der Terror wird nicht Überhand gewinnen.

    • Kaktus - 10

      Du sagst es Dübi.... einfach schrecklich ist das. Es macht mich sehr wütend das grosse Leid das diesen Menschen angetan wurde.

  • Kaktus - 30

    Wie will man sich denn als Einzelner wehren. Das einzige wo man Unternehmen kann ist sich selber so gut wie möglich zu schützen. Was mich an der ganzen Geschichte einfach furchtbar aufregt sind die Anfänge dieser Katastrophe. Ein halbes Jahr vor dieser Flüchtlingsgeschichte hat der IS gewarnt sie würden tausende Flüchtlinge nach Europa schicken. Was dann auch geschehen ist. Und Europa hat nicht darauf reagiert, nichts ist unternommen worden. Europa war es wichtiger die Wirtschaft am fliessen nicht zu hindern. Grenzen offen für alles um jeden Preis!

    • ImErnst - 20

      Genau, Kaktus. Sie wurden noch mehr als willkommen geheissen. Wer weiss, wie viele Terroristen oder solche, die es noch werden wollen, sind bereits da.
      Was ich einfach nicht verstehen kann und verstehen will: Menschen, die als Flüchtlinge die Gastfreundschaft dermassen mit Füssen treten. Nicht nur, dass man inzwischen mit gemischten Gefühlen an Konzerte, Sportanlässe usw. geht. Es wird überfallen, eingebrochen, belästigt, mehr als jemals zuvor. Gott sei Dank kennt das Volk die Dunkelziffer der Straftaten nicht.

    • Kaktus - 10

      Ventil, du bringst mich heute noch zur Verweiflung. Ganz klar hat der IS diese Aussagen gemacht. Was nacher daraus geworden ist wissen wir auch. Schlepper zum Beispiel haben das grosse Geschäft gewittert. Optimist :))
      Optimistisch müssen wir sein, aber bitte auch mit Vorsicht, es ist schon genug schreckliches passiert.

    • Ventil - 00

      Klar, du hast nicht unrecht, Kaktus. Würde man genauer recherchieren, hätte dieser Fall sicher verhindert werden können. Ob aber der IS tatsächlich damit zu tun hat oder dies jetzt bloss im Nachhinein behauptet, sei mal dahingestellt...

    • Kaktus - 20

      Noch zu guter letzt. Kriege werden von Mächtigen Wahnsinnigen angestiftet. Dann kommen die ganzen Kriecherpolitiker hinterher, Zetteln nie und da Frieden an oder müssen auf stur schalten . Und wir das "normale" Volk inklusive Kriegsländer müssen nachziehen mit allen Konsequenzen der eine mehr der andere weniger. In der heutigen Zeit mit der ganzen Globalisierung sind wir in einem Strudel angekommen da gibt's kein entrinnen mehr. Etwas stumpf wird man da, ja das ist so. Jeder von uns muss nämlich auch schauen das es vorwärts geht. Nicht Kopf in den Sand, nein einfach an die frische Luft. ;)

    • Kaktus - 20

      Das machen wir auch nicht "jeden" vorverurteilen.
      Wenn du den jetzigen aktuellen Attentäter ansprichst, es steht in allen Medien was der schon alles auf dem Kerbholz hatte. Unglaublich was die in kurzer Zeit finden über diesen Mann. Haben die vorher geschlafen.....ach Ventil, es ist ein Flüchtling. Ob er nun 2011 oder 2015 nach Europa kam. Was ich damit sagen will, es reicht wenn deren 10 in ganz Europa sind um Grossen Schaden anzurichten, Trauer und Wut. Ich kann auch nicht an einem Flüchtling am Nasenspitz ansehen von wo er genau kommt .

    • Ventil - 02

      Ich möchte nur ungern jedem jungen männlichen Flüchtling böse Absichten unterstellen. Und wie würde man das schon kontrollieren? Ausserdem: Der Attentäter aus Berlin scheint Tunesier zu sein. Also wohl keiner, der mit den aktuellen Flüchtlingsströmen nach Deutschland gekommen ist.

    • Kaktus - 20

      Logisch wäre das nix. Abstumpfen tut das einem wirklich nicht. Bin dafür das man Familien und Kindern in Not hilft. Da gibt es viele die helfen und unterstützen.
      Aber abgestumpft bin ich wirklich über die vielen jungen Männer die in Böser Absicht nach Europa reisen. Da denke ich werden noch einige Anschläge passieren, dies unter Kontrolle zu bringen da bröuchte es auch einiges an mehr Menschen die kontrollieren und recherchieren. In diesem Fall bin ich einfach Abgestumpft und denke dass noch Jahrelang solche Anschläge in Europa passieren werden.

    • Ventil - 00

      Guten Morgen Kaktus! Klar, als Einzelner allein kann man vielleicht nicht viel bewirken. Aber wenn sich viele Einzelne zusammentun, sieht das schon ganz anders aus. Eigentlich meinte ich aber, ob wir etwas gegen das allgemeine Abstumpfen tun sollten. Was die Flüchtlinge anbelangt: Die einzige Lösung wäre dann wohl, keine Flüchtlinge mehr aufzunehmen, also Frauen, Kinder und Männer im Mittelmeer ertrinken zu lassen und Aleppo ganz aus unserem Gedächtnis zu streichen. Wär auch nix oder?

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