Im Zug trifft man ja allerhand verschiedene Menschen. Letztens hatte ich die bisher wohl speziellste Begegnung. Ich sass im Abteil und las eines meiner Lieblingsbücher, als ein älterer Herr vorbelief, kurz zögerte und sich dann zu mir umdrehte. «Darf ich Ihnen eine Frage stellen?» Ich erwartete die Frage nach einer Auskunft und bejahte. Er setzte sich zu mir.

«Was ist der Sinn des Lebens?» Bähm! Er sah weder wie ein Verrückter, noch wie ein Pfarrer oder Zeuge Jehovas aus. Nach Schnaps roch er auch nicht. «Ich glaube nicht an einen spezifischen Sinn des Lebens», antwortete ich wahrheitsgemäss. «Sind Sie also Atheist?», fragte er zurück. «Könnte man wahrscheinlich so sagen», meine Antwort. «Glauben Sie also an die Evolution?», hakte er nach. «Definitiv», antwortete ich überzeugt.

«Aber so ein sinnloses Leben ist doch nicht schön...», wieder er. Ich erklärte ihm darauf, dass ein Leben durchaus nicht sinnlos sein muss, nur weil man keinen spirituellen Plan dahinter vermutet. Mit einem Lächeln und den Worten «Entschuldigen Sie, dass ich Sie belästigt habe», verabschiedete sich der Herr und liess mich verdutzt, aber auch ein wenig froh, mich wieder den Figuren meines Buches widmen zu können, zurück.

Jetzt im Nachhinein nähme es mich eigentlich schon Wunder, worin er denn den Sinn des Lebens gesehen hätte...