Ventil | Der Walliser Blog
Blühen oder bluten?
Auf gestrigen Wunsch hin widme ich mich heute dem Lädelisterben in Brig. Nach diversen Artikeln und Berichten in den Medien, weiss man inzwischen fast nicht mehr, was man nun glauben soll: Blüht die Briger Bahnhofstrasse nun oder blutet sie aus?
Kommt vielleicht ganz drauf an, wen man fragt. Mein persönlicher Eindruck, wenn man in Brig herumflaniert, geht eher in Richtung ausbluten. Allerdings muss man auch hier aufpassen, auf welche Betriebe man sich konzentriert. Als Beispiel die Restaurants um den Briger Stadtplatz herum: Beinahe unmöglich, an sonnigen Tagen einen freien Platz in den Gartenbeizen zu finden. Daneben die Meldung vom schmucken Tea-Room Haussener, welches im Sommer seine Tore schliessen will.
Und ja, das Simploncenter ist sicher nicht förderlich für die Probleme in der Briger Innenstadt. Allerdings kommt es natürlich manchen Zeitgenossen entgegen, viele ihrer Besorgungen gleich an einem Ort zu erledigen – vor allem, wenn man Kinder dabei hat oder an Schlechtwettertagen.
Wie in vielen Lebensbereichen gibt es wohl auch auf die im Blog-Titel gestellte Frage keine allgemein gültige Antwort. Ein Briger Unternehmer meinte gestern im WB, dass, wer gewillt sei zu arbeiten, innovativ sei und seinen Job ernst nehme, in Brig erfolgreich sein könne. Hier liegt wohl der Hund begraben. «Natürliche» Auslese also sozusagen. Auch in der Wirtschaft.
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Kommentare
Zehnder Damian, Zermatt - ↑1↓4
Visp und Brig sind tot, es lebe Domodossola
Weil bezahlbar.
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Maccaroni Smerlo, Forno caldo - ↑4↓0
Blüten oder Bequemlichkeit: Mit dem Auto zum Bankomaten - möglichst Nahe - um Geld abzuheben. Mit dem Auto in das Einkaufszentrum - möglichst Nahe beim Ausgang parkieren, damit man den Einkaufswagen nicht zu weit schieben muss. Diese Szenairien kann man täglich beobachten. Wer geht dann noch in die verkehrsfreie Stadt zum Einkaufen? Da muss man ja ein paar Schritte laufen und die Einkäufe selber tragen ;-)
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Das Ventil, Oberwallis - ↑3↓0
Die Gesellschaft ist im Allgemeinen sicher bequemer geworden. Anderseits: Im Sommer zum Beispiel trinke ich lieber irgendwo im Stadtzentrum einen Kaffee, als in der Espresso-Bar im Simplon-Center...
Im Ernst, Oderso - ↑3↓0
Einerseits stimmt das schon, möglichst alles vom Auto aus. Andererseits fehlt dann der Kontakt zu den Leuten. Ist doch schön, durch die Visper oder Briger Bahnhofstrasse zu laufen und es tönt: salü, güät? Hesch Ziit fer äs Kaffee? usw. Und dann Leute, die nicht motorisiert sind. Das Lädelisterben rächt sich ganz sicher. Keine Post, keine Bank, keine Bäckerei, was machen da die älteren Menschen?!
Markus Imbodu, Visp - ↑6↓0
Danke für deinen Beitrag und Input. Aus meiner Sicht herrscht hier im Oberwallis Größenwahnsinn. Das Ladensterben trifft z.B auch in Visp - diverse Geschäfte schliessen in den nächsten Monaten (Bastelstube als Beispiel weil es nicht mehr lohnt)
Das Lokale Gewerbe und seine Vereine die sich empören sind auch selber Schuld, man organisiert zuwenig, und falls doch verhält man sich nicht besser als die angeprangerten Immobilienhaie: Man presst die Zitrone soweit aus wie möglich. Es kann doch nicht sein das man in ZH Hauptbahnhof im Dez gleich viel Miete pro Tag bezahlt wie z.B Visper Weihnachtsmarkt wenn man einen Stand mietet - der irgendwo im Gaga stattfindet. Zum Glück gibt es zunehmend Leute die sich einen Businessplan machen und auf solche und andere Abzockpreise nicht mehr eingehen.
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Das Ventil, Oberwallis - ↑6↓1
Genau. Auch auf dem Wohnungsmarkt lassen sich grössenwahnsinnige Tendenzen beobachten. 2,5-Zimmerwohnungen in einem Walliser Dorf für 1300 Franken monatlich? Da stimmt doch was nicht...
Dübi Düsentrieb, Dübingen - ↑3↓0
Das Lädelisterben in Brig ist "nur" ein Teil der Summe vom Ganzen...
Ein Ausschnitt aus dem Bericht im WB vom heutigen Tag.
Die Zahl der Unternehmenskonkurse ist in den ersten zwei Monaten des laufenden Jahres angestiegen. In den Monaten Januar und Februar 2017 haben in der Schweiz 807 Unternehmen Konkurs angemeldet. Gegenüber der Vorjahresperiode ist das eine Zunahme um 4 Prozent. Mit einem Plus von 41 Prozent verzeichnete die Zentralschweiz den stärksten Anstieg. Aber auch in der Nordwestschweiz gingen 22 Prozent mehr Firmen in die Insolvenz.
Innerhalb der Branchen hat sich laut Mitteilung die Situation vor allem im Baugewerbe verschärft. Die Insolvenzhäufigkeit lag in diesem Wirtschaftszweig rund vier Mal über dem schweizerischen Durchschnitt. Auch im Gastgewerbe und bei Handwerksbetrieben war die Konkursrate überdurchschnittlich.
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Dübi Düsentrieb, Dübingen - ↑3↓0
Genau so ist es..
Das Ventil, Oberwallis - ↑4↓0
Da magst du Recht haben, Dübi. Einerseits stimmt mich dieser Gedanke ein wenig wehmütig. Anderseits unterstützen wir alle mit unserem Verhalten ja den Untergang des Kleingewerbes und der Lädeli... ähnlich wie mit den Bankfilialen...
Dübi Düsentrieb, Dübingen - ↑2↓1
@Ventil, auf jeden Fall ein Zeichen der Zeit...
Wenn man bedenkt, wie viele Grosskonzerne aus dem In-und Ausland sich in den Regionen breitmachen und die gesamte Palette vom Einkauf, Verkauf, Handel, Fertigung, über Hotel-Restauration und Vergnügen inkl. allen Freizeitannehmlichkeiten anbieten, dann wird das Wort "Lädeli und Kleingewerbe" für die nächsten Generation ein bedeutungsloses Fremdwort sein. Die systematische Vernichtung des Kleingewerbes und insbesondere in den Sparten Einkauf, Verkauf und Gastrobetriebe hat in vielen Dörfern und Städten schon vor über zwanzig Jahren begonnen. Der unaufhaltsame Untergang des Kleingewerbes ist nicht mehr zu stoppen und nur die wenigsten Unternehmer können diesem Szenario dabei noch erfolgreich Paroli bieten.
Ich hoffe sehr, dass der vom WB befragte Unternehmer mit seiner doch eher optimistischen Aussage zum Teil recht behält und das Briger-Lädelisterben noch einen kurzfristigen Aufschub erfährt.
Die Frage wird sein: "Wie lange noch."
Das Ventil, Oberwallis - ↑2↓0
Du meinst also, einfach ein Zeichen der Zeit?