Schade, Herr Schmidt

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Vom Tal der Tränen auf den Gipfel der Glückseligkeit. Treffender könnte die Gefühlslage des amtierenden Nationalrats Roberto Schmidt meiner Ansicht nach nicht beschrieben werden. Von 2007 bis 2011 vertrat er das Wallis schon einmal als Nationalrat in Bern. Dann der Schock: Obwohl er das höchste Resultat der Oberwalliser Kandidaten erzielte, wurde er nicht wiedergewählt, weil seine Partei zu wenig Parteistimmen erzielte. Vorbildlich gekämpft wie ein Löwe um jede Stimme hat schliesslich nicht gereicht. Es flossen Tränen und es folgte eine Zeit voller Trost und Zustimmung aus der Bevölkerung, aber auch eine vierjährige Abstinenz aus Bundesbern.
Dann, vier Jahre später, der Wahlkampf für die eidgenössischen Wahlen im letzten Jahr. Ganz im Stile einer ehrgeizigen und nicht zu bändigenden Walliser Eringerkuh rappelte er sich gestärkt aus der Enttäuschung von vor vier Jahren wieder auf und war wieder da. Und wie. «...damit es diesmal klappt», lautete die Devise auf Schmidts zahlreichen Wahlplakaten, welche die Strassen säumten. Und tatsächlich klappte es. Seine Anstrengungen zahlten sich aus, sein lang gehegter Wunsch, wieder nach Bern zurückzukehren, ging in Erfüllung. Der Triumph und die Freude über das Geschehene machten die Momente der Enttäuschung und Tränen von 2011 vergessen. Und jetzt? Keine zwölf Monate im Amt, folgt mit der Kandidatur für einen Staatsratssitz der nächste Schritt. Chapeau!
Doch wo bleibt der Respekt vor dem Amt als Nationalrat und dem Wähler? Erst recht mit seiner Vorgeschichte? Mit teuren Hochglanzplakaten, viel Leidenschaft, Herzblut, vorbildlichem Engagement und Einsatz buhlte er um die Gunst der Wähler und wollte mit allen Mitteln zurück nach Bern. Und nun, kein Jahr später, ist das offensichtlich nicht mehr gut genug und das nächste (höhere) Amt soll folgen. Was seine konkreten Beweggründe sein mögen, wissen wir nicht. Mutmasslich mag der Druck der Partei mitent­scheidend gewesen sein. Politisch gesehen mag das Vorgehen sinnvoll und legitim sein. Moralisch hingegen...? Ein Nationalratsmandat ist ein zu ernstes Amt, um als (kurzfristiger) Spielball für weitere und höhere Bestimmungen herhalten zu müssen. Wird Schmidt gewählt, bleibt zu hoffen, dass es sein Nachfolger etwas länger in Bern aushält.

Peter Abgottspon

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Kommentare

  • Roberto Schmidt - 38

    Hallo Peter. Herzlichen Dank für deine Meinung, die meine Gefühlslage und meine Gedankengänge vor meiner Entscheidung zu einer Stastsratskandidatur treffend beschreiben. Selbst wenn es schon fast Tradition ist, dass eidgenössische Parlamentarier zurück in die Walliser Regierung kommen und dort ihr nationales Beziehungsnetz und ihre politische Erfahrung einbringen (Freysinger, Cina, Burgener, Bodenmann, Wyer, Genoud und andere), war ein solcher Entscheid für mich tatsächlich nicht einfach. Trotzdem hoffe ich, dass er letztlich richtig war. Unzählige positive Reaktionen bestärken mich in dieser Hoffnung.

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