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Offene Fragen in der Sterbehilfe

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Was tun, wenn jemand nicht mehr ­leben will, aber noch nicht sterben kann? Zwar kennt die Schweiz eines der ­liberalsten Gesetze in Europa, was die Beihilfe zum Suizid betrifft. Die organisierte Freitodbegleitung ist in der Schweiz eine etablierte Praxis. Aber nur wenige Kantone erlauben die Sterbehilfe auch in Spitälern sowie Alters- und Pflegeheimen.Im Wallis fehlt eine offizielle gesetzliche Richtlinie, wie mit dem Thema Sterbehilfe in Spitälern und Altersheimen umgegangen werden soll. Einige Altersheime verwehren in ihren Statuten Sterbehilfeorganisationen explizit den Zutritt. Tatsache ist: Die meisten Menschen verbringen ihre letzten Lebensmonate entweder im Spital oder in einem Heim. Entschliesst sich so jemand für den Freitod, ist er gezwungen, sich zum Sterben nach Hause zu begeben. Schwierig, wenn ein schwerkranker Mensch kaum noch transportfähig ist oder der Wohnort weit entfernt liegt.
Geht es nach dem Willen politisch-liberaler Kreise, soll sich dies künftig ändern. Den Vertretern von Sterbehilfeorganisationen soll nämlich der Zugang in Walliser Spitäler und Altersheimen ermöglicht werden. Die Befürworter berufen sich auf einen Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2006, wonach jeder Einzelne über seinen Tod entscheiden kann. Konsequent angewendet, ist es nur logisch, dass der Freitod dann überall möglich sein müsste. Verständlich, wenn sich da beim Personal der betroffenen Institutionen ein gewisses Unbehagen bemerkbar macht. Gemäss einer Studie halten zwar drei Viertel der Schweizer Ärzte die Suizidhilfe durch einen Arzt für vertretbar, doch nur eine Minderheit ist bereit, auch selbst bei einem Suizid zu helfen. Doch wer soll die Infusion setzen, wenn ein Patient das Natriumpentobarbital nicht mehr selber schlucken kann? Die zuständigen Ärzte und Pfleger dürfen bei der Sterbehilfe laut Gesetz nämlich nicht assistieren. Ein weiterer Aspekt betrifft die Sterbehilfevereine in der Schweiz. Der deutsche Bundestag hat diesen Herbst die organisierte Sterbehilfe verboten. Auch wenn dieser Schritt sicherlich zu weit geht. Es ist unbefriedigend, dass gerade da, wo es um Leben und Tod geht, nur ungenügende Sorgfaltskriterien und keine Aufsicht besteht. Die Verabschiedung eines Bundesgesetzes über die Zulassung und Beaufsichtigung von Sterbehilfeorganisationen ist deshalb ein Muss.

Frank O. Salzgeber

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