Standpunkt | Von Walter Bellwald
Ist der Körper ein Ersatzteillager?
Die Politik ist unschlüssig, die Menschen auf der Strasse auch. Beim Thema Organspende zucken viele mit den Schultern. Rund 60 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer lehnen heute eine Organspende ab. Nicht nur aus ethischen oder religiösen Gründen. Nein – die Gleichgültigkeit ist es, die die Menschen zu diesem Schritt bewegen.
Die Junior Chamber International (JCI) der Riviera will das jetzt ändern und hat die Volksinitiative zur Förderung der Organspende eingereicht. Diese will eine Verfassungsänderung, die jeden Erwachsenen im Todesfall zum potenziellen Organspender macht – es sei denn, er hat seinen Widerspruch zu Lebzeiten in ein offizielles Register eintragen lassen. Dieses Prinzip wird auch als Widerspruchslösung bezeichnet und wird schon heute in vielen europäischen Ländern angewandt. Das Ziel der Initiative ist klar: Die Zahl der potenziellen Spender soll erhöht werden. Im vergangenen Jahr waren es 158 Personen, deren Organe nach dem Tod transplantiert wurden. Mit der Widerspruchslösung sollen jedes Jahr 100 weitere Organspender gefunden werden. Dadurch könnten in der Schweiz rund 350 zusätzliche Transplantationen durchgeführt werden. Das wäre für die Menschen, die heute auf ein Organ warten, ein Segen, betont Swisstransplant-Direktor Franz Immer im Frontalinterview (Seiten 14/15).
Wer ein Organ spendet, leistet einen Akt der Hilfsbereitschaft und Solidarität. Die Transplantation von Herz, Leber, Niere oder Lunge rettet Leben. Demgegenüber monieren die Gegner, ihr Körper sei kein Ersatzteillager und die Widerspruchslösung ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Bürgers. Völlig unabhängig davon, wie man zur Organspende steht, ist die Initiative der JCI ein Schritt in die richtige Richtung. Denn die Widerspruchslösung fordert jede/n von uns: sich darüber Gedanken zu machen und zu entscheiden, ob man seine Organe zur Verfügung stellen will oder nicht. Allein das ist eine gute Sache.
Walter Bellwald
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