Standpunkt
Flagge zeigen
Hand aufs Herz: Kennen Sie den Text der Schweizer Nationalhymne? Ich kann die erste Strophe auswendig. «Trittst im Morgenrot daher, seh ich dich im Strahlenmeer...» usw. Woher ich die Textzeilen kenne? Ganz ehrlich, ich weiss es nicht mehr. Wahrscheinlich haben wir die Hymne in der Schule gelernt. Bin ich darum nun ein Patriot? Oder muss ich mich deswegen schämen? Die Antwort ist einfach: weder noch. Fakt ist: Der Schweizerpsalm erregt (wieder einmal) landesweit die Gemüter. Der Auslöser ist der Lehrplan 21. Gleich in mehreren Kantonen wollen die Bildungsdirektoren den Schweizerpsalm zum Pflichtstoff machen. Der Lehrplan 21 sieht nämlich vor, dass die Schüler Lieder aus unterschiedlichen Kulturen «singend interpretieren» können, «zum Beispiel die Schweizer Landeshymne».
Erst letzte Woche hat das Kantonsparlament einen Vorstoss für ein Hymnen-Obligatorium angenommen. Und in St. Gallen beispielsweise ist der Schweizerpsalm bereits im obligatorischen Musiklehrmittel enthalten. «Die Schüler müssen die Landeshymne kennen», wird Brigitte Wiederkehr, stellvertretende Leiterin des Amts für Volksschulen, im «TagesAnzeiger» zitiert. Auch für Armon Caviezel, Präsident des Verbands Schweizer Schulmusik, macht es Sinn, die Nationalhymne zu lernen. «Das fördert die Identität und den Zusammenhalt im Land», ist er überzeugt.
Demgegenüber ist der Freidenker-Vereinigung der Schweizerpsalm zu religiös angehaucht. «Eine Landeshymne ohne Gottesanruf ist einschliessender. Damit können sich mehr Menschen identifizieren», schreibt Andreas Kyriacou, Zentralpräsident der Freidenker-Vereinigung auf der Homepage der Vereinigung; und die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft hat sogar ein Projekt für eine neue Schweizer Nationalhymne lanciert.
Ob der Unterricht der Landeshymne an unseren Schulen gleich das vordringlichste Anliegen ist, darüber lässt sich streiten. Andererseits ist es aber sicher nicht verkehrt, wenn wir uns in der globalisierten Welt auf unsere Werte besinnen und diese auch an die Kinder und Jugendlichen weitergeben. Das hat nichts mit Patriotismus oder sogar mit Nationalismus zu tun. Es geht ganz einfach darum, unsere Identität zu zeigen und uns auf unsere Herkunft zu besinnen.
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