Was feiert die Schweiz eigentlich genau am 1. August, ihrem Nationalfeiertag? Am Bundesfeiertag, wie er offiziell korrekt heisst, gedenkt die Schweiz des Rütlischwurs und damit der Gründung der Eidgenossenschaft im Jahr 1291. Doch dieses Datum ist willkürlich gewählt und umstritten. Dass der Rütlischwur wirklich am 1. August 1291 stattgefunden haben soll, ist historisch nicht bewiesen. Eine wesentlich längere Tradition als mythisches Gründungsdatum der Eidgenossenschaft hatte der 8. November 1307. Der Urvater der Schweizer Nationalgeschichte, Aegidius Tschudi, datierte in seiner 1572 geschriebenen «Schweizer Chronik» den Rütlischwur nicht auf den 1. August 1291, sondern auf den 8. November 1307. Dieses Datum ist übrigens auch im Sockel des Tell-Denkmals in Altdorf eingemeisselt. Daneben kursierten noch weitere Daten wie etwa 1315, als der Bund von Brunnen geschlossen wurde. Einigkeit über das Gründungsjahr bestand also lange nicht, was zur chronisch zerstrittenen, dezentralen alten Schweiz bestens passte. Das Zelebrieren eines Nationalfeiertags wurde aber erst im Zeitalter der Nationalstaaten gegen Ende des 19. Jahrhunderts wirklich zum Thema. Einige Jahrzehnte nach der Gründung der modernen Schweiz im Jahr 1848 will das Land mit einer nationalen Feier die Einheit stärken. Also entscheidet sich der Bundesrat 1891 für eine gesamtschweizerische Bundesfeier und legt dafür als Datum den 1. August fest. Fakt ist: Der Bundesbrief entstand zwischen 1260 und 1312. Er ist ein Landfriedensbündnis zwischen Uri, Schwyz und Unterwalden, und zwar eines von vielen. Historiker glauben heute, dass der Bundesbrief für die Geschichte der Alten Eidgenossenschaft unwichtig ist. Also gibt es eigentlich gar keinen Grund zum Feiern? Doch. Die Schweiz ist eine Erfolgsstory. Im Windschatten der Geschichte hat die Schweiz mit Glück, aber auch dank Cleverness und Pragmatismus vieles richtig gemacht. Dies sollten wir uns ruhig einmal im Jahr bewusst machen – das genaue Datum spielt da keine Rolle.