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Die Krippe im Dorf lassen

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Mit grossem Erstaunen habe ich in den vergangenen Tagen die Ereignisse in Neuenburg verfolgt. Zur Erinnerung. Kurz nach dem Aufstellen der Figuren von Jesus, Maria und Josef bei einer grossen Tanne in der Stadt hatte der SP-Gemeinderat Olivier Arni die Figuren wieder entfernen lassen. Die Tanne solle nicht mit religiösen Symbolen in Verbindung gebracht werden. Der Baum sei für alle da: Christen, Andersgläubige und Konfessionslose. «Das gebietet der gesunde Menschenverstand», sagte Arni in den Medien. Es folgte eine Welle der Entrüstung und die Krippe, übrigens ein Geschenk der Stadt an den Bundesrat, wurde bei einer Kirche wieder aufgestellt.
Was mich an der ganzen Sache besonders stört, ist die Aussage mit dem «gesunden» Menschenverstand. Denn mit gesund hat das nichts zu tun. Erstens ist auch die Tanne ein religiöses Symbol. Der genau Ursprung dieses Brauchs ist zwar nicht ganz klar. Es ist aber offensichtlich, dass ein religiöser Hintergrund besteht. Folglich heisst das: weg mit der Tanne. Zweitens stört mich, dass Olivier Arni offenbar keine Ahnung von der Krippe und deren Bedeutung selbst hat. Die Krippe steht natürlich für die Geburt Jesus. Aber auch für Frieden und die Verständigung und Harmonie zwischen den verschiedenen Völkern. In Zeiten, wie wir sie gerade erleben, könnten wir eine Erinnerung daran ganz gut gebrauchen, glaube ich, egal ob Christen, Andersgläubige oder Atheisten. Und drittens: Wo soll das ganze hinführen, wenn man so weiterdenkt? Muss sich schon bald der Nikolaus demaskieren, wenn er zwischen einzelnen Wohnungen unterwegs ist? Oder wird er gar verhaftet, weil er vermummt unterwegs ist? So gesehen zweifle ich an der Aussage vom «gesunden» Menschenverstand. Das Jahr 2015 geht langsam zu Ende und es wird wohl auch Zeit, sich zu überlegen, was wir mit dem kommenden Jahr anfangen wollen. Ich denke, dass uns Olivier Arni in seiner Unbedachtheit doch noch etwas Gutes mit auf den Weg gegeben hat, und zwar die Frage, was gesunder Menschenverstand ist? Die Zeiten stehen auf Sturm, egal ob in Bundesbern oder zwischen den Kulturen. Da ist rationales Denken gefragt. Und das heisst in erster Linie, sich nicht zu stark von Emotionen blenden zu lassen, auch einmal seinen Mann oder seine Frau zu stehen, oder die Krippe, äh Kirche, im Dorf zu lassen.

Martin Meul

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