RZ-Standpunkt
Bersets Gerechtigkeitsfantasien im Gesundheitswesen
Wer kennt nicht das leidige Thema steigender Krankenkassenprämien. Ein Mittel dagegen war die Einführung unterschiedlicher Franchisen. Damit sollen die Eigenverantwortung und das Kostenbewusstsein der Versicherten gestärkt werden. Die Franchise soll die Versicherten davon abhalten, ohne Grund einen Arzt aufzusuchen. Die Minimalfranchise von 300 Franken wird heute von 44 Prozent der Erwachsenen gewählt. Für die Maximalfranchise von 2500 Franken haben sich 24 Prozent entschieden. Nun gibt es für diese 1,4 Millionen Versicherten schlechte Nachrichten. Bundesrat Alain Berset will die Prämienrabatte für hohe Krankenkassenfranchisen senken. Konkret bedeutet dies: Wer die Höchstfranchise von 2500 Franken wählt und damit ein hohes finanzielles Risiko selber trägt, kann im Moment bei den Prämien jährlich bis zu 1540 Franken sparen. Künftig sollen es nur noch 1100 Franken sein – 440 Franken weniger. Der Bundesrat begründet seine Reform mit der Solidarität zwischen Gesunden und Kranken. Dagegen regt sich breiter Widerstand – zu Recht. Diese «Unreform» ist ein Schlag ins Gesicht jedes kostenbewussten Prämienzahlers. Die geplante Rabattreduktion schwächt die Wirkung der Franchisen. Gerade jene Prämienzahler, die auf Eigenverantwortung setzen, werden bestraft. Besinnen wir uns auf den eigentlichen Zweck einer Versicherung: Sie soll dann einspringen, wenn es wirklich teuer wird. Sie ist nicht dazu da, einfach alles zu bezahlen. Doch in ihrem Bestreben, für mehr Gerechtigkeit zu sorgen, gehen Berset und seine Fachleute im Bundesamt für Gesundheit noch weiter: Um die Städte zu entlasten, sollen die Prämienregionen neu eingeteilt werden. Verlierer wären die Versicherten in ländlichen Gebieten wie dem Wallis, die heute weniger Prämien zahlen, weil sie sich kostenbewusster verhalten. Zum Dank dürften sie dann mit happigen Prämienaufschlägen rechnen. Aufgrund des heftigen Widerstands gegen den geplanten Unsinn hat Berset von einer Neueinteilung der Prämienregionen abgesehen – vorerst.
Frank O. Salzgeber
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