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«Wird die Erreichbarkeit von Zermatt erleichtert, profitiert die ganze Region»

Abendstimmung über Zermatt: Läuft es im Matterhorndorf schlecht, so leidet die Region mit.
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Abendstimmung über Zermatt: Läuft es im Matterhorndorf schlecht, so leidet die Region mit.
Foto: Zermatt Tourismus / © Leander Wenger)

Quelle: RZ 2

Zermatter Hotels verzeichnen sinkende Rentabilität. Die Folge: Betriebe schliessen oder werden verkauft. Das wiederum hat Folgen für das Gewerbe und die Region.

«Zermatter Hotels rentieren immer weniger», titelte die RZ vor einiger Zeit. Der Artikel löste eine Vielzahl von Leserreaktionen aus. Zur Vorgeschichte: In der alle zwei Jahre veröffentlichten Studie von Basel Economics (Bakbasel) ist Zermatt vom ehemals zweiten Rang abgerutscht und ist mittlerweile nicht mehr unter den ersten 15 der «schlagkräftigsten» Winterdestinationen im Alpenraum zu finden. Als wesentliche Grundlage berufen sich die Ökonomen auf die Auslastung der Hotellerie sowie die Ertragskraft der Destination. Demgegenüber steht ein hohes Mass an Investitionen, Vermarktung sowie Leistungsbereitschaft von sämtlichen Zermatter Leistungsträgern. Gleichzeitig aber beklagt die Zermatter Hotelbranche laut eigenen Angaben einen Rückgang bei den Übernachtungen sowie eine Senkung der Zimmerpreise. Dies wiederum wirkt sich negativ auf die Rentabilität des gesamten Gewerbes der Destination aus. Vor dem Hintergrund der grossen Zermatter Anstrengungen wirft die sinkende Rentabilität und die entsprechende ständige Rückstufung in der Bakbasel-Studie Fragen auf. Die RZ machte sich damals im besagten Artikel auf die Suche nach möglichen Gründen.

Vielzahl von Reaktionen

Der Artikel wurde auf «1815.ch» von zahlreichen Lesern kommentiert. Unter anderem schreibt ein Leser: «Wieso schert sich niemand um die Belange von kleinen Orten? Hier ist die Lage noch viel dramatischer. Hier geht es nicht um Rentabilität, sondern um die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen.» Darauf reagierte ein anderer, dass Zermatt durch die eingeschränkte Zufahrt sich seine Gäste nicht auf den Märkten holen könne, wo es sollte, sondern durch die sinkenden Zimmerpreise, dem grossen Angebot an Betten und der Superinfrastruktur die Gäste auf dem regionalen Markt hole. Somit entstehe ein «Sogeffekt». Diesen Effekt erwähnt auch der Leser Markus Schmid: «Dass die kleinen Stationen so viel Mühe haben, hängt nicht zuletzt mit der ‹Sogwirkung› von Zermatt aufgrund derer Probleme, dem Preiszerfall und der Überkapazität zusammen.» Bei Markus Schmid handelt es sich um den Präsidenten des Walliser Hoteliervereins. Er konkretisiert auf Anfrage seine Einschätzung: «Damit eine Marke funktioniert, muss deren Topprodukt gut laufen.» Oder anders ausgedrückt: Würden die touristischen «Hotspots» gut funktionieren, so gehe es allen gut. Hätten die Grossen Probleme, so würden die Schwierigkeiten der Kleinen gleichzeitig überproportional steigen. Auf die Frage, ob die Zermatter Probleme allenfalls mit der eingeschränkten Zufahrt zu tun hätten, meint Schmid: «Eine verbesserte Zufahrt würde die starke Stellung von Zermatt sicherlich stärken. Die aktuellen Probleme sind meiner Ansicht nach aber nicht in erster Linie auf die Zufahrt zurückzuführen. Ob diese verbessert werden soll, ist ein politischer Entscheid.»

«Nur so viel Regulierung wie nötig»

So sind für Schmid für den Erfolg einer Destination also weitere Punkte mitentscheidend. So beispielsweise die seiner Ansicht nach zu hohe Überregulation bei gesetzlichen Vorschriften. Diese würden eine Weiterentwicklung erschweren. Dabei sei die Politik gefordert. Dazu Staatsrat Jean-Michel Cina: «Die heutige Gesellschaft ist erstaunlich widersprüchlich. Auf der einen Seite will sie immer mehr Regulierungen und auf der anderen Seite ruft sie zu einer Deregulierung auf. Die Rolle der Politik muss darin bestehen, darauf zu achten, dass die Regeln für alle die gleichen sind und nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Für mich gilt obendrein der Grundsatz: Nur so viel Regulierung wie nötig.» Dennoch: Eine aktuelle und von der Gemeinde Zermatt in Auftrag gegebene Studie «Verkehrskonzept Zermatt» kommt unter anderem zum Schluss, dass der bauliche Zustand der Strasse von Täsch nach Zermatt ungenügend sei und mit baulichen Massnahmen verbessert werden sollte. Eine Gästebefragung zeige jedoch, dass die Zufriedenheit mit dem Anreise-Angebot mit 91 Prozent trotzdem hoch sei. Die Meinung der Gäste, die jedoch nicht nach Zermatt anreisen, ist in der Studie nicht zu finden. Mutmasslich wäre diese Ansicht aussagekräftiger, als diejenige der Gäste, die nach Zermatt reisen. Denn die erwähnte Studie zeigt, dass über zwei Drittel der Gäste mit dem Auto nach Zermatt fahren und in Täsch auf die Bahn umsteigen. Könnte darum eine Verbesserung der Erreichbarkeit von Zermatt dem serbelnden Walliser Tourismus etwas auf die Sprünge helfen? Davon überzeugt ist der Gemeindepräsident von Grächen, Christof Biner: «Wird die Erreichbarkeit von Zermatt verbessert und erleichtert, profitiert die ganze Region.»

Neue Studie

Die Gemeinde Zermatt ihrerseits will vorerst eine weitere Studie machen lassen. «Man muss die Zufahrt nach Zermatt und den dortigen Innerortsverkehr als Ganzes sehen», erklärt der Zermatter Gemeindepräsident Christoph Bürgin. Die neue Studie soll die Machbarkeit eines Tunnels durch das Dorf klären, in welchem bei Hochwasser die «Vispa» umgeleitet werden kann. «Sobald wir diesbezüglich Klarheit haben, könnten wir dann das Bachbett der ‹Vispa› für den Bau einer darüber verkehrenden Bahn nutzen», so Bürgin. Diese wäre dann als Lösung des Innerortsverkehrs vorgesehen. Das wiederum habe Einfluss auf die Organisation sowie die Infrastruktur für den An- und Abreiseverkehr am Dorfeingang. «Und somit auch wieder auf die Zu- und Wegfahrt von und nach Zermatt.»

Peter Abgottspon

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Kommentare

  • 1965 - 91

    Ich wurde dieses Jahr fünfzig. Als ich 1984 meinen Führerschein machte, fuhren meine Unterwalliser Jahrgänger schon auf der Autobahn. Ich gehe heute davon aus, dass bis zu meiner Pensionierung die Autobahn ins Oberwallis noch nicht durchgehend fertiggestellt sein wird.
    Wenn ein ganzes Erwerbsleben nicht reicht, um die Erreichbarkeit einer ganzen Region auf normalen Standard zu bringen, hat die Politik einer ganzen Generation versagt. Nicht zu vergessen den „Ein- und Ausreise-Zoll „ am Lötschberg für 60€.
    Das gleiche gilt für die Erreichbarkeit von Zermatt. Eine Stadt von mehr als 30`000 Personen bauen und zudem noch rechtswidrig ungenügend erreichbar machen, (siehe Rechtsgutachten Prof. Lendi) kann auf die Dauer nicht gehen.
    Jede Firma stellt Ihr bestes Produkt in die Auslage um attraktiv zu wirken und verkauft dann die weiteren Produkte. Was geschieht, wenn ein attraktives Top- Produkt nur sehr aufwendig bestellt werden kann, die Konkurrenz ein gleichwertiges Produkt schnell liefert? Pech gehabt, nicht verkauft. An dem Punkt steht heute das Oberwallis und Zermatt.

  • Fritz - 70

    Der Grund des serbelnden Tourismus scheint im strukturellen Strassendefizit (von Zermatt) zu liegen. Es stellt sich nun die Frage, ob die Politik (Staatsrat, Grossräte, Gemeindepräsidenten) sowie die Leistungsträger den Mut haben, aus unserem strukturellen Defizit auszubrechen. Wenn nicht, können wir anhand von Leukerbad nun alle in einer Slow-Motion zuschauen, was mit unserem Tourismus, unserer Bevölkerung und unseren Destinationen passieren wird.

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