Visp | Moritz Schwery, Leiter Landwirtschaftszentrum Oberwallis
«Wir bilden rund zwanzig angehende Landwirte aus»
Am Oberwalliser Landwirtschaftszentrum in Visp werden nebst Landwirten auch Schüler der 3. OS in einem Internat ausgebildet. Zentrumsleiter Moritz Schwery möchte aber vor allem das Kompetenzzentrum für Schafe und Ziegen schweizweit bekannter machen.
Das Oberwalliser Landwirtschaftszentrum in Visp wird 100 Jahre alt. Was empfinden Sie dabei?
Der 100-jährige Geburtstag zeigt, dass wir eine Institution sind, die wichtig ist. Wenn der Jubilar dazu noch bei guter Gesundheit ist, ist es schön zurückzuschauen, aber auch schön zu wissen, dass es mit 100 Jahren noch nicht fertig ist.
Wie wurde aus der einfachen landwirtschaftlichen Schule das Landwirtschaftszentrum?
Man hatte, noch bevor ich 2006 hier anfing, den Namen geändert, aber es war keine riesige Umwandlung. Schon vorher gab es einen Gutsbetrieb, die Gärtnerei und einige Ämter. Dass auch der Bauernverband und die Betriebsberatung hierhergekommen sind, zeigt, dass man sich hier auf die Landwirtschaft konzentriert. Unser Kerngeschäft bleibt aber die Ausbildung.
Wie viele Landwirte bilden Sie aus?
Im Schnitt haben wir etwa fünf oder sechs Abschlüsse pro Jahr oder alle drei Jahrgänge zusammengefasst jeweils etwa 15 bis 20 Schüler, die den Beruf des Landwirts erlernen. Das ist im Vergleich zu anderen Schulen zwar wenig, für das Oberwallis aber auch eine realistische Zahl, die zum Bedarf an Betriebsnachfolgern passt.
Sie bieten auch Direktzahlungskurse (DZ-Kurse) für Nebenerwerbsbauern an, die aber vom Schweizerischen Bauernverband als «Schnellbleiche» kritisiert werden…
Der Begriff «Schnellbleiche» ist nicht ganz falsch. Trotzdem ist es wichtig, Nebenerwerbsbauern, die neben ihrem Beruf noch einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb haben, eine gewisse Basis zu geben. Die Direktzahlungskurse genügen aber nicht für Landwirte, die einen Betrieb im Vollerwerb erfolgreich führen wollen.
Warum?
Die dreijährige Berufslehre beinhaltet einen praktischen Teil in einem Lehrbetrieb, den man beim zweijährigen DZ-Kurs nicht hat. Auch der Umfang ist bei der Lehre etwa 5-mal höher. Es ist nur logisch, dass ein Vollerwerbsbetrieb, bei dem die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund steht, der einen grossen Maschinenpark braucht und der für den Absatz seiner Produkte besorgt sein muss, eine nachhaltigere Ausbildung braucht.
Neben der landwirtschaftlichen Schule haben Sie auch ein Internat für Schüler der 3. OS. Warum?
Die 3. OS hat sich vor Jahren praktisch als Übergang von der obligatorischen Schule zu landwirtschaftlichen Berufen entwickelt. Heute ist der Lehrplan aber identisch mit demjenigen jeder anderen OS.
Was lernt man im Internat anderes?
Im Internat sammeln Kinder wichtige Erfahrungen im zwischenmenschlich-sozialen Bereich. Sie müssen lernen, mit anderen Kindern 24 Stunden am Tag zusammen zu sein und Rücksicht zu nehmen. Sie sind zu dritt in einem Zimmer. Zu Hause haben sie wahrscheinlich Einzelzimmer. Sie haben auch klare Strukturen: Frühstück, Schule, Mittagspause, Schule, Studium und Freizeit. Manchen tut es gut, aus einem Verband, in dem sie schon acht Jahre drin sind, herauszukommen und nicht mehr denselben Gruppenzwang zu haben.
Sie selbst waren auch mal in einem Internat. Profitieren Sie von dieser Erfahrung?
Ich war fünf Jahre in einem Internat und kann beurteilen, wie es Jugendlichen in diesem Alter geht und worauf man speziell achten muss. Zum Beispiel sind wir keine Polizisten, sondern Bezugspersonen, die Grenzen setzen, innerhalb deren man sich bewegen kann. Der Ausdruck, die Jugend sei heute schlechter, ist aber in jedem Fall falsch. Was sich aber geändert hat – früher war der Lehrer Chef, heute hat man gegenseitig Respekt.
Noch ein Wort zum Gutsbetrieb. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, ein Kompetenzzentrum für Schafe und Ziegen zu werden. Haben Sie dieses Ziel erreicht?
Unsere Bekanntheit als Kompetenzzentrum muss schweizweit gesehen sicher noch besser werden. Speziell bei der Forschung im Bereich der Tiergesundheit haben wir aber schon viel erreicht. Wir sind auch im Bereich der Schafhirten-Ausbildung, wo wir mit der landwirtschaftlichen Schule in Graubünden zusammenarbeiten, auf gutem Weg. Unser Handicap ist aber unsere Lage. Wenn im Kanton Bern Kurse angeboten werden, haben es die meisten viel näher dorthin als zu uns ins Wallis. Auch finanziell sind andere Schulen sicher bessergestellt.
Nun haben Sie dieses Jahr ein Jubiläum. Was für Aktivitäten sind geplant?
Die erste Veranstaltung findet schon am nächsten Samstag statt, wenn der Verein ehemaliger landwirtschaftlicher Schüler seine GV abhält. Im März gibt es einen kulturellen Anlass und im Mai einen Tag der offenen Tür. Im September planen wir eine Bauernolympiade und im November findet eine internationale Fachtagung für kleine Wiederkäuer statt, in deren Rahmen der erste europäische Rangierungswettbewerb für Schafe und Ziegen.
Christian Zufferey
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar