Kolumne | Diese Woche zum Thema:
Windenergie - Jackpot für Eischoll
Der ehemalige SP-Schweiz-Präsident und Hotelier Peter Bodenmann und Alt-Staatsrat und Schriftsteller Oskar Freysinger im Wortgefecht.
Peter Bodenmann, ehemaliger SP-Schweiz-Präsident und Hotelier
Wind: Grüner Jackpot für Eischoll
Die Gemeinde Eischoll will drei Windräder bauen. Diese sollen pro Jahr 20 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. Davon mehr als die Hälfte im Winter. Kosten des Projekts: 20 Millionen Franken. Mit im Boot wird – wenn die Anlage realisiert werden sollte – ein strategischer Partner sitzen. Der Bau der Windanlagen verspricht eine Cash-Maschine zu werden. Dies, weil der Wind auf der Senggkuppe pfeift.
Vorteil 1: Die Schweiz hat in Sachen Strom ein Winterloch. Windkraft produziert im Winter mehr Strom als im Sommer. Dies im Gegensatz zu Kleinwasserkraftwerken, die fast nur Sommerstrom produzieren. Von dem wir mehr als genug haben.
Vorteil 2: Windkraftwerke werden immer effizienter und billiger. Vielleicht wird die Anlage Senggkuppe am Schluss der Übung weniger kosten als heute budgetiert. Vielleicht will der strategische Partner auch etwas gar viel Marge für seine Leistungen. Aber Erfahrung ist ein unbestreitbarer Vorteil: Die ehemaligen Schweizerischen Überlandwerke produzieren heute im Ausland 7 Milliarden Kilowattstunden Windstrom. Gut so, denn für die CO2-Konzentration in der Luft spielt es keine Rolle, wo der Ausstoss reduziert wird.
Vorteil 3: Im Gegensatz zum Standort Nufenenpass scheint der Wind bei der Senggkuppe bedeutend stärker zu blasen. Mehr Wind bedeutet mehr Kilowattstunden. Und mehr Kilowattstunden bedeuten mehr Geld von Pronovo. Wenn alles klappt, bekommt Eischoll während 15 Jahren mehr als 20 Rappen pro Kilowattstunde. Macht 60 Millionen Einnahmen aus bei einer Investition von 20 Millionen. Sehr viel Sommaruga-Zucker. Aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.
Ärger 1: Kanton und Bund müssten Gemeinden, die etwas bewegen wollen, verfahrensseitig schnell und unbürokratisch unter die Arme greifen. In Tat und Wahrheit wird – wie Eischoll erfahren musste – alles verschleppt und verschlampt. Die Dossiers wandern von einer Schublade in die andere.
Ärger 2: Unsere Walliser Elektrizitätsgesellschaft ist kein strategischer Partner für Eischoll. Sie will mit neuen, erneuerbaren Energien nichts zu tun haben. Obwohl diesen die Zukunft gehört. Warum stellt kein Journalist, warum stellt keine Journalistin Jean-Michel Cina kritische Fragen? Schlicht und einfach, weil sie offenbar Angst vor dem SRG-Präsidenten haben.
Da alle anderen Parteien schlafen, muss die Linke Roberto Schmidt aus dem Busch klopfen. Bosch wird 2020 klimaneutral sein. Das Wallis, wie wir im Amtsblatt lesen, erst 2060. 20 Jahre nach den Österreichern. Roberto Schmidt ist beim ökologischen Umbau so schnell unterwegs wie Jacques Melly in Sachen Autobahn und Umfahrung Stalden. Gute Nacht…
Oskar Freysinger, ehemaliger SVP-Staatsrat und Schriftsteller
Jackpot oder nur Wind?
Macht ein Windpark in Eischoll Sinn?
Nun, ersten Messungen zufolge bläst der Wind auf der Senggalp durchschnittlich mit 5 m/s. Bei einem ähnlichen Windpotenzial wurden die geplanten Windparks Chall, Liesberg und Schleifenberg (4,6, 4,5 und 5,0 m/s Windpotenzial) sistiert, weil trotz der hohen Subventionen Millionenverluste zu erwarten waren. Appenzell Innerrhoden und Glarus haben weit fortgeschrittene Projekte gestoppt. Auf der Chrischona wurde bei einem mittleren Windpotenzial von 5,6 m/s auf 150 m über Grund auf einen Windpark verzichtet.
Moderne Grossanlagen sind erst ab 8,5 m/s einigermassen sinnvoll, weil sie dann wenigstens 50% ihrer vollen Bruttokapazität erbringen.
Während deutsche Offshore-Anlagen durchschnittlich zwischen 45 und 60 % Auslastung aufweisen und die dortigen Binnenanlagen immerhin 24,5 %, liegt der Schweizer Durchschnitt bei 18 %. Ohne die drei Turbinen im Unterwallis (Martigny 28,7 %, Collonges 27,8 %, Charrat 25,5 %), die wegen der Talverengung von einem einmaligen Turboeffekt profitieren, läge sie gar bei 15,1 %. Die unrentable Windanlage Gries weist eine Auslastung von 6 % und die von Feldmoos/Rengg gar eine von nur 5,5 % aus.
Die hohe KEV (21,5 Rp./kWh, Höhenbonus ab 1700 m von 2,5 Rp./kWh) ändert nichts am Umstand, dass aufgrund der Transport-, Speicher- und betriebstechnischen Kosten nur 60 % des subventionierten Windstroms beim Verbraucher ankommen. Die effektive Subvention beläuft sich also auf 36 Rp./kWh! Sollte der Bund sein unrealistisches Projekt wahr machen und schweizweit 800 Windmühlen errichten lassen, ergäbe das – theoretisch – zwischen Lausanne und Zürich alle 200 m eine Anlage. Eine Verschandelung der Landschaft für nur 4 % des globalen Stromverbrauchs! Und das für eine unbeständige Stromquelle, die durch Bandenstrom ergänzt werden muss und fünfmal teurer ist als die Energie der Grosswasserkraftwerke, die Investitionen bitter nötig hätten.
Heute produzieren die 37 Windanlagen der Schweiz 0,2 des totalen Stromverbrauchs (also weniger als die Kehrichtverbrennungsanlage Renergia in Luzern). Das realistisch ausschöpfbare Potenzial liegt bei weniger als 2 %.
In vergleichbaren Gegenden wie im Vorarlberg, in Südtirol, Tirol und Salzburg gibt es keine Windkraftanlagen und in Deutschland sind inzwischen zwei Drittel aller Anlagen trotz EEG-Zuschuss unrentabel. Dort ist der Windstrommarkt in den letzten zwei Jahren regelrecht zusammengebrochen. Lärmwertgrenze, Tourismus sowie Landschafts- und Tierschutz lassen grüssen.
Dies alles sollte zu denken geben.
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Kommentare
Hermann Brunner, Eischoll - ↑4↓2
Allmählich beginnen die Herren Bodenmann und Freysinger zu begreifen, dass es in ihren Kolumnen um doch eher sachliche, wenn auch persönlich und politisch gefärbte, Stellungnahmen ginge und nicht um persönliche Attacken. OK - Herr Bodenmann kann es doch noch nicht ganz lassen (J.M.Cina und R.Schmid). Der Wind in der Eischler Senggalpe bläst nicht nur ökologisch, sondern auch politisch beruhigend ...
Hermann Brunner
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