Sexualdelikte | Warum so wenig Verurteilungen?

Wenig Verurteilungen wegen Vergewaltigung

Die Aufklärungsrate bei Sexualstraftaten ist hoch, weil Täter und Opfer sich oft kennen.
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Die Aufklärungsrate bei Sexualstraftaten ist hoch, weil Täter und Opfer sich oft kennen.
Foto: M.E./pixelio.de

Quelle: RZ 0

Schweizweit muss jeder dritte verurteilte Vergewaltiger nicht ins Gefängnis. Im Wallis kommt es hingegen kaum zu Verurteilungen. Warum ist das so?

Im vergangenen Jahr wurden in der Schweiz 82 Vergewaltiger rechtskräftig verurteilt, davon kamen 26 Täter mit einer bedingten Strafe davon. Das heisst, dass fast jeder dritte rechtskräftig verurteilte Vergewaltiger auf freiem Fuss bleibt. Dies berichteten vorletzte Woche verschiedene Medien unter Berufung auf Zahlen des Bundesamts für Statistik.

Wenige Verurteilungen im Wallis

Statistisch relevante Aussagen über das Verhältnis von bedingten und unbedingten Freiheitsstrafen bei Verurteilungen wegen Vergewaltigung für das Wallis zu machen, ist schwer. Dafür gibt es schlicht zu wenig. Im Jahr 2014 waren es drei Verurteilungen, im Jahr 2015 wurden fünf Personen verurteilt. Allerdings lassen sich die Zahlen in Relation zu den von der Polizei aufgeklärten Vergewaltigungen setzen. Hier zeigt sich, dass es nur in den wenigsten Fällen überhaupt zu einer Verurteilung kommt. 13 Fälle von Vergewaltigung klärte die Kantonspolizei 2014 auf, verurteilt wurden nur drei Personen. Den fünf Verurteilungen im Jahr 2015 stehen 33 aufgeklärte Anzeigen wegen Vergewaltigungen gegenüber. Über die vergangenen Jahre hinweg betrachtet kommt es also nur bei etwas mehr als 20 Prozent der Fälle einer durch die Polizei aufgeklärten Vergewaltigung auch zu einem Urteilsspruch wegen Vergewaltigung, was aber noch lange nicht heisst, dass der Täter ins Gefängnis muss, wie die landesweiten Zahlen zeigen.

Warum so wenig Urteile im Wallis?

Warum ist die Urteilsquote im Wallis beim Delikt der Vergewaltigung also so niedrig? Oberstaatsanwalt Rinaldo Arnold hält fest, dass nicht jede durch die Polizei aufgeklärte Vergewaltigung auch tatsächlich den Tatbestand einer Vergewaltigung erfüllt. «Im Laufe der Ermittlungen durch die Polizei kann sich herausstellen, dass es sich entweder um eine andere Straftat, zum Beispiel um sexuelle Nötigung, handelt, oder dass die Anzeige auf einer Falschaussage des mutmasslichen Opfers beruht», sagt Arnold. «In solchen Fällen kommt es nicht zu einer Verurteilung beziehungsweise das Urteil taucht in einer anderen Statistik auf.»

Sexuelle Nötigung statt Vergewaltigung

In vielen Fällen handelt es sich anstatt um eine Vergewaltigung um sexuelle Nötigung. Eine Vergewaltigung liegt laut schweizerischem Sexualstrafrecht nämlich nur dann vor, wenn beim Übergriff ein Penis in eine Vagina eingedrungen ist. Ein erzwungener Oralverkehr oder eine anale Penetration, ob mit einem Penis oder Gegenstand, erfüllen nur den Straftatbestand der sexuellen Nötigung, und tauchen deshalb nicht in den Statistiken zu Vergewaltigungen auf. Im Jahr 2015 ermittelte die Kantonspolizei in 42 Fällen von sexueller Nötigung, elf Personen wurden gemäss Bundesamt für Statistik verurteilt. Rechnet man die fünf Urteile wegen Vergewaltigung mit jenen elf wegen sexueller Nötigung zusammen, so kommt man auf 16 Urteile, die 2015 gesamthaft 75 Ermittlungen wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung gegenüberstehen. «Viele Fälle werden mittels Strafbefehl, also ohne Gerichtsprozess, abgehandelt. Nicht immer tauchen solche Strafbefehle in den landesweiten Statistiken auf», so der Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Oberwallis, Rinaldo Arnold. «Das kann zu einer Verzerrung des durch die Statistik vermittelten Bildes bezüglich der Verurteilungen führen.»

Hohe Aufklärungsrate

Die Aufklärungsrate bei Sexualdelikten durch die Kantonspolizei ist derweil hoch. Im vergangenen Jahr wurden alle 33 Fälle aufgeklärt. Im Jahr 2014 blieb von den 14 Fällen nur einer nicht geklärt. Das liegt daran, dass die Täter in den meisten Fällen aus dem sozialen Umfeld der Oper stammen. «Natürlich gibt es Fälle, in denen das Opfer den Täter oder die Täter nicht kennt», sagt Markus Rieder, Mediensprecher der Kantonspolizei. «Meistens können die Opfer jedoch den Täter benennen, sprich die Täter stammen aus dem Umfeld der Opfer.» Auch bei Straftatbestand der sexuellen Nötigung kann die Kantonspolizei eine gute Aufklärungsquote vorweisen. Von den 42 gemeldeten Fällen klärte sie 41 auf.

Martin Meul

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