Sitten/Bellinzona | Rebkrankheit auf dem Vormarsch
Walliser Winzer alarmiert
Was im Tessin zu einer Beinahe-Katastrophe geführt hätte, nähert sich auch dem Wallis. Die Zikaden, welche die Krankheit übertragen, kommen auch hier vor.
Die Blätter werden je nach Rebsorte rot oder gelb und rollen sich ein, die Triebe reifen nicht und bleiben wie Gummi, und die Trauben welken. Genau genommen sind es zwei Krankheiten mit denselben Überträgern und denselben Symptomen. Nur mittels einer DNA-Untersuchung lässt sich feststellen, ob es sich um die Schwarzholzkrankheit oder um die Goldgelbe Vergilbung handelt. Letztere ist weit gefürchteter und gilt in Rebbergen als meldepflichtige Quarantäne-Krankheit, weil sie sich rasch und unkontrolliert ausbreiten kann. Würde man sie nicht rigoros bekämpfen, wäre es im Tessiner Weinbau beinahe zu einer Katastrophe gekommen.
Bisher nur im Tessin
Bis zum letzten Jahr kannte man die Krankheit nur im Tessin. Vor rund zehn Jahren trat sie zum ersten Mal in der südlichsten Gemeinde Chiasso (Pedrinate) auf, breitete sich dann aber rasch bis Lugano und schliesslich auch nördlich des Ceneri aus. Letztes Jahr wurden auch in der Leventina und im Bleniotal (bei Biasca) kranke Reben gefunden – und zum ersten Mal auch auf der Alpennordseite: im Lavaux, unweit der Grenze zum Kanton Wallis. Dementsprechend alarmiert sind Walliser Winzer. Die Krankheit wird nämlich durch Zikaden übertragen, die auch im Wallis vorkommen. «Wenn diese Insekten – auch schon die Larven – eine infizierte Pflanze stechen, werden sie fortan lebenslänglich zu Überträgern der Krankheit», erklärt Luigi Colombi, der beim Tessiner Servizio fitosanitario in Bellinzona für die Bekämpfung der Krankheit verantwortlich ist. Dies sogar dann, wenn eine Pflanze bereits infiziert ist, aber noch keinerlei Symptome sichtbar sind. Zu den wichtigsten Massnahmen, die Verbreitung dieser gefürchtetsten aller Rebkrankheiten einzudämmen, gehört daher die Bekämpfung der Zikaden. Letzte Woche wurde daher in Tessiner Rebbergen gespritzt. Es handelt sich um einen Wirkstoff, der die Chitin-Bildung bei Insekten verhindert, sodass die Zikaden und deren Larven nicht mehr wachsen und sich demnach auch nicht mehr fortpflanzen können. «Fünfmal schon mussten sogar ganze Parzellen eliminiert werden», erinnert sich Luigi Colombi.
Walliser Winzer alarmiert
Sowohl die Zikade als auch die weniger gefährliche Schwarzholzkrankheit kommen auch im Wallis vor. Stéphane Kellenberger aus Susten, Präsident der Vereinigung Walliser Winzer für integrierte Produktion (Vitival), zeigt sich gegenwärtig zwar noch gelassen, zumal erste Symptome frühestens ab Ende Juli sichtbar würden. Trotzdem sagt er: «Wir erwarten von den Waadtländer Weinbauern, dass sie alle obligatorischen Spritzungen machen, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.» Gleichwohl werde, wenn in einem Rebberg vergilbte Blätter gefunden werden, die betroffene Pflanze sofort ausgerissen und in ein Labor geschickt, um festzustellen, ob es sich um die Goldgelbe Vergilbung handelt.
Christian Zufferey
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar