Unterbäch | Dorfserie
Unterbäch - «Schwiischwänz»
Unterbäch ist das Rütli der Schweizer Frau. 1957 gingen hier erstmals Schweizer Frauen an die Urne – gegen den Willen von Kanton, Bundesbern und vieler Dorfbewohner. Erst 1971, vierzehn Jahre später, wurde das Frauenstimmrecht auf eidgenössischer Ebene angenommen.
Bis das Frauenstimmrecht in allen Kantonen durchgesetzt war, dauerte es allerdings noch weitere zwanzig Jahre. Appenzell Innerrhoden führte das Frauenstimmrecht erst 1990 nach einem Bundesgerichtsentscheid ein. Seit dem historischen Urnengang 1957 gilt Unterbäch als Rütli der Schweizer Frau. Die erste Bundesrätin der Schweiz, Elisabeth Kopp, wurde 1985 zur Ehrenburgerin ernannt. Wie der amtierende Gemeindepräsident Bernhard Wyss erklärt, ist Unterbäch durch die Historie weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt und rühmt sich auch heute noch, die Anliegen der Frauen ernst zu nehmen und für die Gleichberechtigung einzustehen. Neben der politischen Vergangenheit steht das 400-Seelen-Dorf heute für den Sommer- und Wintertourismus und gilt als familienfreundliche Destination. Unterbäch liegt in den Schattenbergen zwischen Bürchen und Eischoll. «Unser Dorf ist gut erreichbar und von hier aus ist man wiederum schnell in den grösseren Agglomerationen im Ober- und Unterwallis», betont Wyss. Wie alle Oberwalliser Dorfschaften haben auch die Bewohner von Unterbäch einen Übernamen. «Schwiischwänz» werden sie gerufen. Woher stammt dieser nicht eben rühmliche Rufname? Gemeindepräsident Bernhard Wyss hat eine Erklärung: «Vor vielen Jahren soll ein einheimischer Landwirt auf der Alpe Ginals ein Schwein, das ihm nicht gehorchen wollte, statt bei den Ohren am Schwanz gepackt haben, um es zur Vernunft zu bringen. Dieses Schauspiel hätten auch ein paar Touristen beobachtet, die sich in der Nähe befanden. Daraufhin seien sie ins Dorf gekommen und hätten die leidige Geschichte erzählt.» Fortan wurden die Unterbächner «Schwiischwänz» gerufen.
Kurzinterview mit Germaine Zenhäusern, Präsidentin des Vereins Zukunft Frau
«Meine Mutter hat nur ihre Pflicht getan»
Germaine Zenhäusern, Ihre Mutter war die erste Frau in der Schweiz, die abgestimmt hat. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Meine Mutter war eine zurückhaltende, pflichtbewusste Frau. Mein Vater war 1957 Gemeindepräsident und hat sie ermuntert, ihre Stimme abzugeben. Er war ein grosser Verfechter des Frauenstimmrechts. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass damals ein grosser Medienrummel in unserem Haus herrschte. Alle wollten Auskunft darüber, warum Unterbäch als erste Schweizer Gemeinde das Frauenstimmrecht einführt.
Sie haben sich später selber für die Anliegen der Frauen eingesetzt und engagieren sich auch heute noch dafür. Wo stehen die Frauen heute, knapp 60 Jahre nach der Weichenstellung zur Gleichberechtigung?
Es hat sich vieles zum Besseren gewendet, aber es ist noch vieles im Argen. Die Vorreiterrolle der Frauen in Unterbäch 1957 war sehr wichtig, damit das Frauenstimmrecht auf eidgenössischer Ebene eingeführt wurde. Nach wie vor aktuell sind das Rentenalter und die Lohngleichheit. Es bleibt noch viel zu tun.
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