Raserdelikte | Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis soll weg
Ständerat Rieder kämpft gegen Mindeststrafe bei Raserdelikten
Ständerat Beat Rieder will, dass Raserdelikte nicht mehr zwangsläufig mit mindestens einem Jahr Gefängnis bestraft werden. Die Richter sollen mehr Ermessensspielraum erhalten.
Wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen, dem drohen nach der aktuellen Gesetzeslage bis zu vier Jahre Gefängnis. Mindestens jedoch ein Jahr.
Kein Ermessensspielraum
An dieser Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis bedingt stört sich Ständerat Beat Rieder. Er verlangt mittels einer parlamentarischen Initiative, dass die Mindeststrafe für Raserdelikte gestrichen wird. «Diese Mindeststrafe schränkt das Ermessen der Gerichte massiv ein», erklärt Rieder. «Es spielt nach der derzeitigen Gesetzeslage keine Rolle, ob man ein illegales Strassenrennen fährt, oder mit überhöhter Geschwindigkeit ein paar Lastwagen am Simplon überholt. In jedem Fall erhält man eine Mindestrafe von einem Jahr Gefängnis bedingt.» Dies führe dazu, dass Leute durch Bagatellfälle massiv kriminalisiert würden, so der Ständerat. «Das Überholen mit erhöhter Geschwindigkeit kann so das Leben des Betroffenen vollkommen auf den Kopf stellen, beispielsweise den Arbeitsplatz gefährden», erklärt Rieder. «Zudem kennen wir solche Mindeststrafen nur bei Kapitaldelikten, wie zum Beispiel Mord oder vorsätzliche Tötung.» Die Richter bräuchten deshalb mehr Ermessungsspielraum, damit Raserdelikte besser nach der Schwere des Vergehens beurteilt werden könnten, erklärt Rieder weiter.
Keine Aufweichung
«Dabei geht es nicht darum, die Strafen für Raser aufzuweichen», hält der Ständerat weiter fest. «Auch mit der Anpassung würde das Gesetz weiterhin Gefängnisstrafen vorsehen.» Allerding könnten diese dann auch ein paar Wochen oder Monate betragen. «Es handelt sich nicht um eine Aufweichung», so Rieder. «Die Delikte können von den Richtern lediglich mit besserem Ermessen beurteilt werden.» Zudem würden bei Raserdelikten mit Todesfolgen sowieso andere Tatbestände des Strafrechtes zum Tragen kommen mit weit härterem Strafrahmen, erklärt Beat Rieder.
RoadCross wäre enttäuscht
Die Stiftung RoadCross Schweiz, die damals die sogenannte Raser-Initiative lanciert hatte, auf die die harten Strafen für Raserdelikte hauptsächlich zurückgehen, wäre derweil enttäuscht, sollte die Politik die Mindeststrafe von einem Jahr kippen. «Das Strafmass ist gerechtfertigt, bedenkt man, dass ein Raser das Risiko eines schweren Unfalls mit Toten oder Schwerverletzten in Kauf nimmt», sagt Stefan Krähenbühl, Mediensprecher von RoadCross. «Wir stellen aber fest, dass die zuständigen Behörden heute stärker für die Risiken sensibilisiert sind, die von Rasern ausgehen.» Das habe sich in den letzten Jahren auch daran gezeigt, dass bei Delikten, bei denen es nicht zu einem schweren Unfall gekommen sei, viele Richter mehr als die Mindeststrafe von einem Jahr bedingt verhängt hätten, so Krähenbühl weiter. «Raserdelikte werden heute nicht mehr als Kavaliersdelikte bewertet, woran auch eine Aufhebung der Mindeststrafe nichts ändern wird. Das ist ein grosser Erfolg.» Krähenbühl verweist in der Angelegenheit auch auf die Bedeutung der Strafen für die Opfer und deren Angehörigen. «Für die Bewältigung eines Ereignisses ist es zentral, dass gerechte Strafen ausgesprochen werden», erklärt der Mediensprecher der Stiftung RoadCross, die sich auch um die Hinterbliebenen von Verkehrsopfern kümmert und sie in der Trauerarbeit unterstützt. «Die Strafen müssen nicht drakonisch sein, sie dürfen aber auch nicht zum Hohn für Opfer und Angehörige werden.»
Martin Meul
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