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SPO-Kritik an Tourismusfonds

«Der Tourismusfonds zögert das Sterben kleinerer Destinationen nur hinaus», sagt die SPO. Im Bild: Der sanierungsbedürftige Sessellift in Eischoll.
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«Der Tourismusfonds zögert das Sterben kleinerer Destinationen nur hinaus», sagt die SPO. Im Bild: Der sanierungsbedürftige Sessellift in Eischoll.
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Die SPO übt scharfe Kritik am kantonalen Tourismusfonds und fordert neue Finanzierungsmodelle für Infrastrukturprojekte.

«Was derzeit passiert, ist ein Sterben auf Raten», sagt SPO-Präsidentin Doris Schmidhalter-Näfen ernüchtert. «Die Walliser Bergbahnen brauchen rund eine Milliarde für die Erneuerung ihrer Infrastruktur, wir stellen ihnen 50 Millionen zur Verfügung.» Für die SPO-Frau ist damit klar, dass der kantonale Tourismusfonds, den das Parlament im Dezember 2014 mit 50 Millionen Franken aus dem Infrastrukturfonds gespeist hat, das Sterben kleinerer Destinationen nur unnötig hinauszögert. «Es sei denn, wir gehen bei der Finanzierung der touristischen Infrastruktur ganz neue Wege», sagt Doris Schmidhalter-Näfen. «Denn mit den jetzigen Mitteln könnten nur zwei bis drei Projekte realisiert werden, die meisten Destinationen blieben auf der Strecke.»

Modell der Bündner prüfen

Die angesprochenen neuen Wege findet die SPO-Präsidentin bei der Konkurrenz, namentlich den Bündnern. Das Bündner Wirtschaftsforum hat im Juni ein Strategiepapier mit Lösungsansätzen für die Krise im Tourismus präsentiert. Ein Punkt dieses Strategiepapiers ist die künftige Ausrichtung der Bündner Tourismuspolitik und deren Umgang mit Finanzierungsproblemen. Besonderen Wert legt die Studie dabei auf die Rolle der Zweitwohnungen. Diese würden stark dazu beitragen, dass vielerorts die touristischen Angebote nicht rentabel betrieben werden könnten. Der Grund dafür sei, dass die touristischen Angebote auf die Gästenachfrage während der Spitzenzeiten zugeschnitten seien, die Zweitwohnungen jedoch nur während sehr kurzer Zeit wirklich die notwendige Anzahl Gäste beherbergen würden, damit die Anlagen rentieren würden. Trotz dieser Tatsache komme aber ein Abbau der touristischen Infrastruktur nicht infrage, da sonst die Gefahr bestünde, dass viele Gäste der Destination den Rücken kehren würden. Aus diesem Grund halten die Bündner Tourismusexperten drei Möglichkeiten fest, wie man die Finanzierung der Infrastruktur, allen voran die der Skigebiete, sicherstellen könnte.

Tourismus wie Golfclub finanzieren

Das Strategiepapier hält drei Möglichkeiten fest, wie die touristische Infrastruktur finanziert werden könnte. Einerseits, so die Experten, würde eine Vergrösserung der Beherbungskapazität die finanzielle Lage verbessern, andererseits könnten touristische Angebote abgebaut oder ganz stillgelegt werden. Eine dritte Möglichkeit sehen die Bündner Tourismusexperten darin, die touristische Infrastruktur, vor allem jene in Destinationen mit einem grossen Zweitwohnungsanteil, ähnlich wie einen Golfclub zu finanzieren. Dabei würden sämtliche Kosten, die durch den Betrieb und die Investitionen in eine Bahn anfallen, in Form einer Steuer auf die Einheimischen und Zweitwohnungsbesitzer abgewälzt. «Wenn die jährlich zu deckenden Kosten für den Betrieb eines mittleren Skigebiets bei 6 Millionen Franken liegen und der Tourismusort, in welchem das entsprechende Skigebiet steht, über 3000 Haushalte verfügt, müsste pro Haushalt eine jährliche Tourismussteuer von 2000 Franken erhoben werden», schreiben die Bündner Tourismusfachleute. «Auf den ersten Blick mag dies viel Geld sein. Da als Gegenleistung für diesen Betrag künftig aber alle Mitglieder der zahlenden Haushalte und ihre Freunde gratis Ski fahren dürften, könnte eine konsequente Umsetzung des Modells durchaus attraktiv sein.»

Alternatives Modell durchrechnen

SPO-Grossrätin Schmidhalter-Näfen, Mitglied der grossrätlichen Kommission für Landwirtschaft, Tourismus und Umwelt LTU, verlangt nun mittels Vorstoss, dass ein solches Modell auch für Walliser Destinationen durchgerechnet wird. «Keine Möglichkeit darf tabu sein, sonst gehen viele Stationen einfach ein. Der Tourismusfonds reicht in keiner Weise, um den kränkelnden Wirtschaftszweig zu stabilisieren», so die SPO-Frau. «Zudem wollen wir anstossen, dass die LTU die Bündner Experten einlädt, um sich ihre Ideen anzuhören.» CSPO-Grossrätin Liliane Brigger sieht die Vorschläge der SPO derweil etwas kritisch. «Das ist nicht das Ei des Kolumbus», sagt die Grossrätin und ebenfalls Mitglied der LTU. «Mit der Zweitwohnungsabgabe besteht bereits ein ähnliches Instrument. Wenn man sich anschaut, zu welchen Diskussionen dies bereits führt, halte ich es für utopisch, dass man Einheimische und Zweitwohnungsbesitzer noch stärker zur Kasse bitten kann.» Brigger verweist auch darauf, dass ein «Gesundschrumpfen» des Tourismus wohl unumgänglich ist. «Wenn man sich die Meldungen der letzten Zeit ansieht, so scheint es so gut wie sicher, dass man, egal mit welchen Mitteln, nicht alle Stationen retten kann.» Gleichzeitig wirft sie der SPO eine gewisse Doppelmoral vor. «Es scheint doch befremdlich, dass eine Partei, die den Tourismusfonds bekämpft hat, und immer von den ‹Bahnbaronen› spricht, diese nun mit einer neuen Tourismussteuer zu retten versucht», sagt die CSPO-Grossrätin.

Martin Meul

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