Russland/Sitten Der FC Sitten feiert Premiere. Gegen Rubin Kasan spielt Sitten heute sein erstes Gruppenspiel in der Europa League. Wer sind diese Russen?

Es ist November im Jahr 2008. Die Polizei eskortiert den Mannschaftsbus von Rubin Kasan in der Dunkelheit bis aufs Rollfeld der Chartermaschine. An Bord klappen die Spieler die Sitze nach vorn, um die Beine auszustrecken. Kein Check-in, keine Kontrollen, keine Sicherheitshinweise. Das Team von Rubin Kasan ist zwei Stunden zuvor erstmals russischer Fussballmeister geworden. Drei Spieltage vor Schluss durch einen 2:1-Sieg bei Saturn Moskau. Noch auf dem Rasen ziehen die Helden aus der Hauptstadt der Teilrepublik Tatarstan landestypische Kappen auf, goldene Tjubetejkas. In der Mannschaftskabine wird Champagner getrunken. Später – im Flugzeug – ist die Party erstmal vorbei. Der Trainer erklärt, warum im Flieger kein Alkohol serviert wird: Der Präsident erwarte sie daheim in Kasan. Präsident ist Mintimer Schaimijew, der Verwaltungschef Tatarstans. Er wird in der Millionenstadt am Zusammenfluss von Wolga und Kasanka verehrt, in vielen Büros und auch im Trainerzimmer bei Rubin hängt sein gerahmtes Porträt. Kurz nach dem damaligen ersten Meistertitel in der Vereins­geschichte startet Rubin Kasan auch ­internationl durch. Mit Erfolg.

Sieg gegen den FC Barcelona
Rubin Kasan spielt seit 2003 in der höchsten russischen Spielklasse (Premjer Liga) und wird nach 2008 auch 2009 russischer Meister. Auch in der Champions League qualifiziert sich Kasan für die Gruppenphase. Der bislang spektakulärste Sieg gelingt den Tatarstanen, als man in der Gruppenphase dem grossen FC Barcelona im Nou Camp eine empfindliche 2:1-Heimniederlage zufügt. Die vergangene Saison schliesst Kasan auf dem 5. Tabellenplatz ab. Dieser berechtigt nicht für die Teilnahme an der Europa League. Dass Kasan dennoch dabei ist, hat einen Hintergrund: Ursprünglich hätte Dynamo Moskau durch den vierten Tabellenplatz 2014/15 an der dritten Qualifikationsrunde zur UEFA Europa League 2015/16 teilnehmen dürfen, wurde jedoch von der UEFA wegen Verstössen gegen das Financial Fairplay ausgeschlossen und durch Rubin ersetzt. In den beiden Qualifikationsrunden konnte die Mannschaft sich gegen den österreichischen Klub SK Sturm Graz und später Rabotnički Skopje durchsetzen und die Gruppenphase erreichen. Dort landete man dank den erfolgreichen Auftritten auf europäischer Bühne und dem damit verbundenen hohen Koeffizienten in Lostopf 1. Die Gegner: der FC Liverpool, Girondins Bordeaux und der FC Sitten. Kasan – mit knapp 1,2 Millionen Einwohnern die achtgrösste Stadt in Russland – ist ein bedeutender Kultur-, Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort und Verkehrsknotenpunkt. Eine Reise dorthin ist von der Schweiz aus lang: Von Genf (mit Zwischenstopp in Moskau) dauert der kürzeste Flug achteinhalb Stunden. Die Stadt liegt rund 800 Kilometer von der russischen Hauptstadt entfernt.

Wettbüro glaubt an Sittens Heimstärke
Heute Abend gastiert Rubin Kasan im Wallis. Der Verein hat laut transfermarkt.de einen Wert von schätzungsweise 50 Millionen Franken. Und tritt im Tourbillon als Favorit auf. Das Wettbüro Interwetten.com – eines der renommiertesten – rechnet jedoch mit einem heimstarken FC Sitten und schüttet für einen Walliser Sieg 2.40 Franken aus, während es mit einem Vollerfolg der Russen aus Kasan (2.75 Franken) nur ungleich mehr zu holen gibt. Die zweite Partie in der Gruppe findet in Bordeaux statt, wo die Gastgeber Liverpool empfangen (19.00 Uhr).