Leuk | Schriftsteller mischt Politik auf
Rolf Hermann stellt SVP-Politiker zur Rede
Der Leuker Schriftsteller Rolf Hermann forderte auf Facebook, dass sich Oberwalliser SVP-Politiker zur Causa Freysinger äussern. Nur Nationalrat Franz Ruppen nahm Stellung.
Schriftsteller Rolf Hermann, unter anderem Gewinner des Walliser Kulturförderpreises und Gewinner des Literaturpreises des Kantons Bern, ist schockiert. Schockiert über die Aussagen des «Überlebensexperten» Piero San Giorgio, den Staatsrat Oskar Freysinger zwischenzeitlich in die Arbeitsgruppe für Risikoanalyse des Kantons berufen hatte. San Giorgio hatte erst neulich behauptet, Kranke und behinderte Menschen verdienten es nicht zu leben.
«Das ist unerträglich»
«Ich habe zwei wunderbare Neffen, die gut zwei Monate zu früh auf die Welt gekommen sind», sagt Schriftsteller Rolf Hermann. «Wäre es nach Freysingers ehemaligem Experten gegangen, hätte man die zwei Buben kurz nach der Geburt getötet. Und das gleiche Schicksal, das meine Neffen hätten erleiden müssen, würde auch allen Kranken und Behinderten bevorstehen. Sie würden getötet und entsorgt.» Dass Oskar Freysinger mit einem Mann, der ein solches Gedankengut vertritt, zusammenarbeiten wollte, findet Hermann «unerträglich». «Oskar Freysinger wollte mit jemandem kooperieren, der 1929 wohl seine helle Freude am Reichsparteitag in Nürnberg gehabt hätte, als Hitler erklärte, dass es für die Kräftesteigerung der Nation eine gute Sache sei, von einer Million Neugeborener die schwächsten 700 000 bis 800 000 Kinder umzubringen», sagt der Schriftsteller aus Leuk.
Auf Facebook Erklärung gefordert
Hermann fand die Angelegenheit dermassen skandalös, dass er beschloss, sich öffentlich einzumischen. Auf Facebook schrieb er Nachrichten an verschiedene Exponenten der SVP im Oberwallis mit einer klaren Aufforderung – die Parteikollegen von Staatsrat Oskar Freysinger sollten sich zu dessen jüngsten Eskapaden rund um den rechtsextremen Berater Piero San Giorgio äussern. Der Inhalt der Nachricht war jeweils der gleiche, lediglich die Anrede änderte sich. So schrieb Hermann beispielsweise an Michael Graber, Grossrat und Fraktionschef der SVP-Oberwallis: «Du hast bislang zu den menschenverachtenden Aussagen, die Freysingers zeitweiliger Sicherheitsexperte Piero San Giorgio in Bezug auf behinderte und kranke Menschen gemacht hat, geschwiegen. Gehe ich deshalb richtig in der Annahme, dass auch du davon überzeugt bist, dass Behinderte und Kranke unsere Zivilisation zerstören? Michael Graber, bitte erkläre dich!»
Das grosse Schweigen
Insgesamt verlangte der Schriftsteller von rund 25 SVP-Politikerinnen und -Politikern eine Stellungnahme. Allerdings waren die Rückmeldungen äusserst spärlich. «Bis heute hat sich einzig Franz Ruppen gemeldet», sagt Rolf Hermann. «Alle anderen ziehen es vor zu schweigen, was in mir den Verdacht nährt, dass die Politiker und die Politikerinnen der SVP Oberwallis das menschenverachtende Verhalten von Freysinger nicht nur tolerieren, sondern sogar gutheissen.» Allerdings habe er von der Oberwalliser SVP fast nichts anderes erwartet, so Hermann. «Unterläuft dem Boss wieder einmal eine Panne, verdrücken sich die Angestellten und sind selber scheinbar nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen.»
«Wo bleibt die Distanzierung?»
Verschlimmernd kommt für den Walliser Kulturpreisträger hinzu, dass viele der von ihm angeschriebenen Personen in sozialen Berufen tätig sind. «Unter den Oberwalliser SVP-Politikern gibt es einen Arzt, einen Rechtsanwalt, einen Advokaten und Notar, einen Sozialarbeiter, eine Personalberaterin, eine Fachfrau Betreuung, eine Musiklehrerin, einen Primarschullehrer», zählt Hermann auf. «Also Menschen, die tagtäglich mit anderen Menschen zu tun haben, möglicherweise auch mit Behinderten und Kranken. Und trotzdem finden sie alle es nicht nötig, das Wort zu ergreifen und sich zu distanzieren von der menschenverachtenden Ideologie ihres Parteikollegen Oskar Freysinger.»
Ruppens und Grabers Antwort
Der Einzige, der zu Hermanns Aufruf auf Facebook eine Stellungnahme abgab, war SVP-Nationalrat und künftiger Natischer Gemeindepräsident Franz Ruppen. «Ich distanziere mich natürlich klar von den Aussagen dieses Piero San Giorgio in Bezug auf behinderte und kranke Menschen», schrieb der Nationalrat. «Solche Aussagen entsprechen in keiner Weise meinem Denken und Handeln. Wer mich kennt, der weiss das.» Die RZ kontaktierte auch den Fraktionschef der SVPO im Grossen Rat, Michael Graber. «Was dieser Piero San Giorgio von sich gegeben hat, ist absoluter Blödsinn, geradezu skandalös, und ich distanziere mich klar von diesen Aussagen», sagt er. «Behinderte Menschen sind eine grosse Bereicherung für die Gesellschaft. Das ist in der SVP zu 100 Prozent unbestritten. Ein Beispiel: Der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner hat einen behinderten Bruder, der ihn bekanntermassen oft begleitet.» Der Aktion von Rolf Hermann auf Facebook kann Graber indes wenig abgewinnen. «Es ist billig, einen politisch motivierten Text nach dem Copy-Paste-Verfahren auf Facebook dutzendfach an SVP-Politiker zu verschicken. Von einem Schriftsteller könnte man mehr erwarten.»
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Kommentare
Petschi - ↑12↓25
Wo steht die SVP heute, leider keine Führung mehr die Ausschafungsinitiative verloren.
Den Volks willen nicht erfüllt. In der AHV depate klar gegen eine Erhöhung der Rente von 70 Fr. gegen die Pensionsalter und wenn möglich noch erhöhen auf 70.Denken Sie dass Ihre Wahl als Volksvetreter auch zu Ende geht. Schauen Sie mal in die Welt und dann erkenne Sie die Realität wirklich. Herr Blocher wirds schon Richten bei einer Bernerrösti !!!!!
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christian - ↑79↓30
das ist doch eine legitime frage... das die svp-ler sich von san giorgio distanzieren ist klar, interessant wäre zu erfahren was sie von ihrem staatsrat halten? seine kontakte zur extremen rechten, seine lügerei, seine führungsfehler, seine personalentscheide... das wäre doch auch mal ein thema für die rz, oder gibt es da probleme wenn man journalistisch arbeiten will und artikel mit substanz schreiben...? jede wortmeldung gegen unseren unseligen weg in den braunen sumpf ist wichtig!?
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Walliser - ↑79↓37
Gut setzt sich Herr Hermann für eine menschenwürdige Politik ein. Er beweist damit Zivilcourage. Persönlich finde ich, dass Herr Oskar Freysinger untragbar geworden ist: Sein Leistungsausweis, seine Personalentscheide und die Reisli zu den Extremisten Europas sprechen für sich. Es steht jedem SVP-Mitglied gut an, sich vom Freysingerschen Gedankengut zu distanzieren. Ansonsten wird der Eindruck erwekt, dass man menschenverachtendes Tun zumindest toleriert. Spielt Herr Freysinger den Ahnungslosen, so kaufe ich ihm das schon lange nicht mehr ab.
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Heidi - ↑70↓54
Tja werter Rolf, ich glaube alle walliser SVPler distanzieren sich von solchen Äußerungen, was Sie aber dadurch erreichen wollen mit subjektiver Beeinflussung à la "wenn du dich nicht rechtfertigst und Asche auf dein Haupt streust gehörst du dazu" ist für mich sehr fragwürdig! Eine solche Hetze gegen Leute zu betreiben die lediglich in der gleichen Partei sind, in der der zuständige Staatsrat dieser Sicherheitskommission ist , erinnert mich an "Sippenhaftung" ebenfalls aus einem dunklen Kapitel der Geschichte. Wie gehts weiter? Bekommen nächste Woche alle SPler Post ob sie das grobfahrlässige Töten von Patienten gutheissen? ( Dr. Betschart- Departement Esther Waeber-Kalbermatten)
Einfach nur traurig das unsere Medien ihnen auch noch eine Plattform bieten....
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Visper - ↑58↓48
@Heidi. Es ist dchon ein bisschen schizophren, was Sie da schreiben. Sie monieren dass eine Plattform geboten wird. Stände jemand aus Ihrer politischen Ecke im Fokus, wärs kein Problem nehme ich an. Auch dass Sie direkt mit dem Finger auf andere zeigen lässt doch tief blicken. Es geht um die Auseinandetsetzung mit diesem Skandal und ich finde es gut, dass sich ein kulturmensch zu diesem Thema ässsert. Die Kultur macht viel zu wenig mehr mit in der Gesellschaft.
fritz - ↑64↓67
Da will sich doch nur einer Profilieren und auf Sachen herumreiten.Ich habe von dem Apostel Rolf Hermann sonst noch nie was gehört.Alle SVP Leute pauschal jetzt in die gleiche Ecke drängen zu wollen ist schlicht nur falsch und könnte Konsequenzen haben.
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DaniMangisch - ↑68↓36
Nenei, Fritz - äh, wienomeh? Niemand stellt hier irgendjemanden in eine Ecke. Höchstens die Svpo-Exponenten sich selbst, die nicht rechtzeitig Fiddla gnüeg heint kä, sich von den menschenverachtenden Äusserungen des Experten ihres Staatsrats zu distanzieren und auch auf Nachfragen hin nix verlauten liessen.
Philip - ↑54↓74
Böse, wer denkt, dass dieser Schriftsteller verzweifelt versucht, ein bisschen Popularität zu erlangen, nachdem ihm das trotz zwei solcher weltweit höchst anerkannten Preisen nicht gelungen zu sein scheint. Billig und hinterhältig ist, Personen, welche die eigene politische Meinung nicht teilen, auf solche Weise in eine Ecke zu stellen, in die sie mit Sicherheit nicht hingehören.
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DaniMangisch - ↑72↓43
Nenei Philip - äh, wienomeh? Niemand stellt hier irgendjemanden in eine Ecke. Höchstens die Svpo-Exponaten sich selbst, die nicht rechtzeitig Fiddla gnüeg heint kä, sich von den menschenverachtenden Äusserungen des Experten ihres Staatsrats zu distanzieren und auch auf Nachfragen hin nix verlauten liessen.
DaniMangisch - ↑91↓58
@Michael Graber Was ist denn an copy paste billig? Das ist schlichtweg effizient. Billig ist nur Ihr Verhalten Herr Graber, sich erst von den menschenverachtenden Aussagen zu distanzieren, nachdem der Mist gekarrt wurde, sprich, nachdem San Giorgio und Freysinger zurückgepfiffen wurden.
Fröhliche Weihnachten
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