Kolumne | Diese Woche zum Thema: «Unsere Gletscher sterben - was nun?»
Schlagabtausch zwischen Peter Bodenmann und Oskar Freysinger
Der ehemalige SP-Schweiz-Präsident und Hotelier Peter Bodenmann und Alt-Staatsrat und Schriftsteller Oskar Freysinger duellieren sich jeden Donnerstag in der RZ Oberwallis. Diese Woche zum Thema: «Unsere Gletscher sterben - was nun?»
Peter Bodenmann, ehemaliger SP-Schweiz-Präsident und Hotelier
Cina: Kernkompetenz Inkompetenz
Im letzten Winter fiel überdurchschnittlich viel Schnee. Trotzdem verloren unsere Gletscher in diesem Sommer 2,5 Prozent ihres Volumens. Bald einmal sind die kleinen und mittleren Walliser Gletscher mausetot. Im Gegensatz zum Waldsterben ist das Gletschersterben real.
Bedroht ist vorab und vor allem die Gemeinde Naters. Der Grund: Der Grosse Aletschgletscher kann die Hänge nicht mehr stabilisieren. Sie rutschen früher oder später in neu entstehende Gletscherseen. Naters drohen zerstörerische Alpen-Tsunamis. Der Natischer SVP-Gemeindepräsident hat dies noch nicht begriffen und immer noch mehr Angst vor Wölfen.
Nichts wäre spannender als ein World-Nature-Forum, das die Alpen-Tsunamis in Szene setzen würde. So wie es das kantonale Museum im alten Gefängnis von Sitten mit den Lawinen macht. Ein Besuch lohnt sich. In Sitten.
Derweil langweilen uns die WNF-Verwaltungsräte Franz Ruppen und Diego Wellig mit nicht funktionierenden Sanierungsplänen.
«Wissenschaftler beweisen: Naters drohen Alpen-Tsunamis»
Leider haben Moritz Leuenberger und Doris Leuthard in Sachen Klimawandel versagt. Die Schweiz kann und muss den Rückstand aufholen.
Baustein 1: Häuser verbrauchen zu viel Energie. Wir müssten die Ölheizung schwergewichtig durch effiziente Luft-Wasser-Wärmepumpen ersetzen. Diese werden laufend leiser, effizienter und billiger. Stattdessen investiert die Stadtgemeinde Brig-Glis in ein absurd teures Anergienetz. Eine SVP-Guginade.
Baustein 2: Das Elektroauto wird sich durchsetzen. Das hat inzwischen selbst Porsche begriffen. Leider macht der Kanton hier zu wenig, um diesen Prozess zu beschleunigen.
Baustein 3: Die Lonza soll nach CEO Ridinger zu einer Null-Emission-Fabrik werden. Gut so. Das muss auch für den Energieverbrauch gelten.
Wer Wohnungen mit Wärmepumpen heizt, wer Elektroautos will, wer auf eine emissionsfreie Lonza setzt, muss mehr Strom mit neuen, erneuerbaren Energie produzieren. Das Wallis hat die besten Voraussetzungen dazu. Auf über 2000 Metern kann man mit bifazialen Solarzellen im Winter mehr Strom produzieren als im Sommer. Und dies zu Kosten von weniger als 5 Rappen pro Kilowattstunde. Die Zürcher Hochschulen machen erfolgreiche Tests in Graubünden.
Wir müssen aufhören, weiter Bäche zu verbauen. Weil diese fast nur Sommerstrom produzieren und diesen pro Kilowattstunde noch doppelt so teuer als bifaziale Solarzellen.
Wir haben im Wallis zu viele SVP-Klimaleugner. Und zu viele energiepolitische Nichtschwimmer: Unter alt Staatsrat Cina hat die Forces Motrices Valaisannes entschieden, die Solarenergie links liegen zu lassen. Cina und Co. wollen sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren. Genauer auf ihre energiepolitische Inkompetenz. Wir haben es nicht einfach.
Oskar Freysinger, ehemaliger SVP-Staatsrat und Schriftsteller
«‹Kommt nicht bald die globale Erwärmung?›, fragt der Erfrierende in der Gletscherspalte»
(Autor unbekannt)
Wenn ich allmächtig wäre oder ein Öko-Fundi, wüsste ich sofort, wie auf den Gletscherschwund zu reagieren ist. Ich würde beantragen, dass jede Kuh, die einen Furz herauslässt, sofort standrechtlich erschossen wird. Dass Vulkanausbrüche ab sofort zu verbieten sind und der Mensch von seinen PS herunter- und wieder aufs Pferd steigen soll. Weiter würde ich Alois Grichting damit beauftragen, den Riesen-Atlas zu einer Verschiebung der Erdachse anzuregen, damit das Klima wieder ins Lot gebracht wird. Zusätzlich sollten die Fenster der Treibhäuser eingeschlagen werden, um den Treibhauseffekt zu verringern. Falls dies nichts hülfe, wäre Herbert Volken gefordert, um via Papst beim Herrgott zu intervenieren, damit dieser die Sonnenflecken Mores lehrt. Den Deutschen würde ich ans Herz legen, wieder Atomstrom zu produzieren und ihre zehn Braunkohlewerke zu schliessen, die dem Wind- und Solarstrom bei Windstille und verhängtem Himmel unter die Arme greifen müssen. Das Wallis und andere Randregionen sollten zu Wäldern umdisponiert werden, damit mehr CO2 pflanzlich gebunden wird, und schliesslich wäre den Chinesen das Schnaufen zu verbieten.
Nun bin ich aber weder allmächtig noch Öko-Fundi und beschränke mich auf das Naheliegende: das Wischen vor der eigenen Tür, was zwar auch seine Grenzen hat, aber wenigstens in meinem Entscheidungsbereich liegt. Da eine letzte Woche publizierte Studie des Paul-Scherrer-Instituts zudem aufweist, dass der Gletscherschwund lange vor dem Beginn der Industrialisierung einsetzte, scheint der menschliche Einfluss auf die Erderwärmung sowieso nur einer von vielen dafür verantwortlichen Faktoren zu sein.
Insofern bleibt uns nichts anderes übrig, als aus den gegebenen Umständen das Beste zu machen. Und siehe da, es eröffnen sich just im richtigen Moment dank des E-Bikes ungeahnte Möglichkeiten im Tourismusbereich. Statt alles auf den Wintersport und Beschneiungsanlagen zu setzen, wären Wirtschaft und Politik im Wallis gut beraten, das Mountainbike-Netz massiv auszubauen. Denn E-Mountainbikes sind für 80 Prozent der Bevölkerung physisch zugänglich. Ihr Verkauf steigt rasant: um 15 Prozent pro Jahr. Zudem ist auch die Vermietung ein vielversprechendes Wirtschaftssegment. Im letzten Jahr wurden in der Schweiz 9000 E-Mountainbikes gekauft, deren Besitzer darauf erpicht sind, mit ihren 600-Watt-Batterien 1000 bis 1500 Meter Höhenunterschied zu meistern. Eine Art Sommer-Ski auf Rädern, der es uns eines Tages – wie in vergangenen Wärmeperioden – ermöglichen könnte, trockenen Fusses oder Rades nach Italien zu gelangen.
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