Region | Vergabe der Olympischen Winterspiele 2026 steht bevor
Olympia: Verpasste Chance?
Vor einem Jahr entschied das Walliser Volk mit Ablehnung des 100-Millionen-Kredits, dass die Winterolympiade 2026 nicht im Wallis stattfindet. Ist eine Kandidatur damit für immer vom Tisch?
«Mein erster Gedanke damals war: ‹Schade, dass wir diese Chance nicht nutzen›», sagt Benjamin Weger, der aktuell beste Schweizer Biathlet. Eine Olympiateilnahme mit nordischen Wettkämpfen im Goms wäre für ihn persönlich die ideale Plattform gewesen, um den Biathlonsport einem breiten Publikum bekannt zu machen und so neue Sponsoren zu finden. «Im Spitzensport sind viele Faktoren wichtig, um Erfolg zu haben: nebst Ansporn, Ehrgeiz und Gesundheit braucht es die finanzielle Unterstützung.» Trotzdem trauert er der verpassten Gelegenheit nicht nach. «Als Athlet konzentriere ich mich auf den Sport. Politiker und Funktionäre sollen sich um alles andere kümmern», verweist er auf die Verantwortlichen, um die Rahmenbedingungen für Grosswettkämpfe zu schaffen. Eine politische Protagonistin ist Brigitte Wolf, Präsidentin der Grünen Partei Oberwallis und einstige OL-Läuferin. «Als ehemalige Spitzensportlerin kann ich gut verstehen, dass sich Sportler an einem Event wie Olympia messen wollen.» Trotzdem sei es für sie nicht mehr zeitgemäss, wenn alle Sportarten an einem einzigen Wettkampfort stattfänden. «Olympische Spiele haben eine Dimension angenommen, die aus ökologischer und finanzieller Sicht nicht mehr tragbar sind und eine Verschwendung von Ressourcen bedeuten.»
Fehlende Energie für den Dialog
Während des Abstimmungskampfs standen Themen wie Infrastruktur, Sicherheit, Kosten und Korruption im Fokus. Seither ist es still geworden. Ist das Olympiafeuer im Wallis damit ein für alle mal erloschen? Der Staatsrat, zuständig ist der Sportminister und damalige Befürworter Frédéric Favre, äusserst sich diplomatisch: «Mit dem Inkrafttreten des Sportgesetzes können wir Kandidaturen für sportliche Grossanlässe wie Welt- und Europameisterschaften unterstützen, Olympische Spiele stehen dabei nicht im Fokus.» Aus dem Nein-Lager tönt es da schon klarer. «Die Olympischen Spiele haben in dieser Form keine Zukunft. Zwar wissen auch Vertreter des IOC, dass sie etwas ändern müssen, aber man hatte bisher nicht den Mut, grundsätzliche Änderungen vorzunehmen», sagt Wolf. Auch der Rückgang an Bewerbern sei ein klares Zeichen, dass demokratisch geführte Länder diesen «Gigantismus» nicht mehr wollen, so Wolf. Ein Kenner der Olympia-Szenerie ist Werner Augsburger, ehemaliger «Chef de Mission» für Olympische Spiele von Swiss Olympic und heutiger Geschäftsführer von Swiss Volley. «Als politisch stabiles Land, mit gut ausgebildeten Leuten und viel Sport-Know-how kann die Schweiz auf alle Fälle einen Anlass wie Olympische Winterspiele oder beispielsweise auch eine Expo durchführen», ist Augsburger überzeugt. Wichtig sei es, dass alle mit im Boot seien – der Bund, die 26 Kantone, die Wirtschaft, die Sport- und Interessenverbände sowie die Bevölkerung. Nicht zuletzt diese gelte es zu überzeugen, dass dank eines Grossanlasses gesellschaftsrelevante Themen wie Ehrenamtlichkeit oder familienfreundliche Arbeitsbedingungen vorangetrieben werden können. Doch: «Zurzeit spüre ich in der Schweiz wenig Energie, die Diskussion auf neue Beine zu stellen, die sich vom bisherigen, eher negativen Bild ‹Winterspiele in der Schweiz› lösen kann», sagt Augsburger.
Thomas Allet
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