Region | Glis

Mit Dynamit und flotten Sprüchen

Sprengmeister Claude Zuber: In der roten Kiste ist der Sprengstoff, in der grünen Kiste sind die Zünder.
1/1

Sprengmeister Claude Zuber: In der roten Kiste ist der Sprengstoff, in der grünen Kiste sind die Zünder.
Foto: RZ

Ein Koch, der gleichzeitig auch Sprengmeister ist – passt das zusammen? Aber sicher, wenn man auf dem Bettmerhorn gearbeitet hat und Claude Zuber heisst.

Sein Name ist Zuber, Claude Zuber. Und er hat die Lizenz zum Sprengen.Genauer gesagt die Sprengausbildung C. Damit darf er hierzulande so ziemlich alles sprengen, was sich in die Luft jagen lässt. Ursprünglich hatte der heute 56-Jährige eine Kochlehre im Hotel Bristol in Leukerbad absolviert. Anschliessend führte er lange Jahre das Restaurant Bettmerhorn. Dort kam er eher zufällig zum Sprengen. «Im Sommer müssen immer wieder Sprengarbeiten für den Pistenunterhalt erledigt werden. Sie haben wohl niemanden gefunden, der dies machen wollte oder konnte. So haben sie halt den Koch genommen», erzählt Zuber lachend. Als Patron auf dem Bettmerhorn erledigte er auch den Pistenschluss. Damit verbunden absolvierte er den Patrouilleur- und Lawinenkurs. «In den 1980er-Jahren mussten wir für Lawinensprengungen noch zu Fuss ins Gelände vom Bettmerhorn; mit 40 Kilogramm Sprengstoff auf dem Rücken und gesichert durch Fixseile», erzählt Zuber. Einmal war er zusammen mit einem Kollegen unterwegs. Zuber war schon durch, als sein Begleiter beim Queren des Hangs eine Lawine auslöste. «Als ich mich umdrehte, hing er in Socken im Seil.» Beim Aufstieg hatte sein Kollege bequemlichkeitshalber die Skischuhschnallen geöffnet. Als sich dann das Schneebrett löste, wurden Skier samt Skischuhe mitgerissen.

König fühlte sich bedroht
Bei Sprengarbeiten im Aletschgebiet irritierte Zuber sogar eine königliche Hoheit. Art Furrer musste den zusammen mit ihm Ski fahrenden König Juan Carlos von Spanien beruhigen, dass es bei dem Geknalle niemand auf ihn abgesehen habe. Auf dem Bettmerhorn war Zuber auch im Rettungsdienst engagiert. Einmal hatten sich draussen vor dem Restaurant die längste Zeit zwei junge deutsche Touristinnen barbusig gesonnt. Zubers Einwand, auf 2700 Höhenmeter sei die März-Sonne ziemlich aggressiv und sie sollten sich doch besser wieder anziehen oder zumindest eincremen, stiess auf wenig Gegenliebe. «Ich habe dann schon mal vorsorglich den Arzt informiert, weil mir das Ganze nicht geheuer war», erinnert er sich zurück. Abends waren besagte Hautstellen dann nicht mehr braun oder rot, sondern blau und die beiden Touristinnen mussten vom Arzt auf der Bettmeralp notfallmässig ins Spital eingeliefert werden, wo ein chirurgischer Eingriff vorgenommen werden musste.

Hohe Sicherheitsbestimmungen
Wie viele Tonnen Sprengstoff er jährlich verbraucht, will oder kann Zuber nicht genau sagen. Das hängt auch immer von den jeweiligen lokalen Gegebenheiten ab. Um einen Kubikmeter Fels in der Region Gampel-Steg zu sprengen, braucht es etwa 160 Gramm Sprengstoff. In Ulrichen sind es 350 Gramm und in Saas-Fee sogar 960 Gramm. Vor Sprengungen werden mit einem Horn immer Warnsignale ausgestossen. Diese gelten international. Fünfmal ein langes Signal heisst: Achtung, Beginn der Sprengung. Drei kurze Signale bedeuten: kurz vor der Sprengung. Dann sei es ganz wichtig, dass man bis zum langen Schlusssignal wartet. Das Zeichen, dass die Sprengung vorbei ist. Die Sicherheitsbestimmungen sind heute enorm. Ohne spe­­zielle Bewilligung kann kein Sprengstoff beschafft werden. Auf jeder Patrone, jedem Zünder steht ein Strichcode. Jeder zivile Sprengstoff enthält Markiersubstanz, damit nach einer Explosion die Herkunft des Sprengstoffs zurückverfolgt werden könnte. Im Gegensatz zu diesen Massnahmen konnte früher Sprengstoff in jedem Laden gekauft werden. Auch die Anwohner verhielten sich umkomplizierter. So erinnert sich Zuber, dass durch die Erschütterung nach einer recht heftigen Sprengung einem Anwohner alles Geschirr aus dem Regal herunterfiel. Seine Reaktion gegenüber dem Sprengteam: «Tassen habe ich zwar keine mehr, aber ich mache euch trotzdem einen Kaffee.»

Beichte auf dem Sterbebett
Ein anderes Mal wurde Zuber ins Spital ans Sterbebett eines älteren Mannes gerufen. Dieser berichtete ihm, er hätte in einem Keller noch ein Fass voller Schwarzpulver gelagert, von dem niemand wisse und welches dringend entsorgt werden müsse. Als Zuber anschliessend den Keller aufsuchte, hatte die Tochter diesen inzwischen in ein gemütliches Malatelier verwandelt. Auf dem Pulverfass stand eine flackernde Kerze und verbreitete ein heimeliges Ambiente. Im Gegensatz zum Schwarzpulver sind die heute verwendeten Sprengstoffe wie Tovex und Riodin aber harmlos. Gefährlich seien die Zünder, betont Zuber, der für alle Eventualitäten seine Vorkehrungen trifft: Nachdem er für ein Einfamilienhausprojekt in Ried-Mörel Sprengungen durchführen musste, fragte ihn der Bauherr, wieso denn da noch so Kabel herausschauen würden. Darauf Zuber: «Für säumige Zahler halte ich immer eine Ladung in der Hinterhand.» Bei einer anderen Sprengung kullerte ein Felsbrocken auf das Fundament eines Kruzifix. Danach hing das Kreuz leicht schräg, was ein Beo­bachter zur Bemerkung veranlasste: «Wenns Zubi sprengt, hät schich der Herrgott uf ds Zita.»

Frank O. Salzgeber

Artikel

Kommentare

Noch kein Kommentar

Kommentar

schreiben

Loggen Sie sich ein, um Kommentare schreiben zu können.

zum Login

Sitemap

Impressum

MENGIS GRUPPE

Pomonastrasse 12
3930 Visp
Tel. +41 (0)27 948 30 30
Fax. +41 (0)27 948 30 31