Gampel | Yves Tscherry sammelt Geld für wohltätige Institutionen
Mit der Gitarre Gutes tun
Ein Gampjer unterwegs als Strassenmusiker in Skandinavien und Spanien. Oder die Geschichte, wie Yves Tscherry die Welt ein klein wenig besser machen will.
Eigentlich ist er eher still. Vielleicht sogar schüchtern. Trotzdem reist er alleine von Stadt zu Stadt, spielt auf den Plätzen, auf den Strassen und in den Gassen der Metropolen. Die Gitarre als treuer Begleiter, das Instrument mit den sechs Saiten, die die verschiedenen Seiten des Yves Tscherry offenbaren.
Richtung Norden
Der 36-jährige Gampjer arbeitet als Webentwickler bei einer europaweit tätigen Digitalagentur. Der Job ist anspruchsvoll und intensiv, die Freizeit knapp, der Wunsch, in den Ferien etwas «anderes» zu erleben gross. Paris, Patagonien oder Polen – viele Ideen stehen im Raum und noch mehr Gedanken. «Ich wollte mit meinen Ferien etwas anfangen, das nicht – wie gewohnt – vorwiegend ichbezogen ist und fragte mich: Wie wäre es, wenn ich die Zeit nutzen könnte, um anderen Menschen zu helfen», so Tscherry – und er gab sich die Antwort gleich selbst: «Busking Europe 2019». Während fünf Wochen will der Sänger und Gitarrist verschiedene Städte in Europa besuchen und als Strassenmusiker Geld für wohltätige Institutionen sammeln. Der Plan reift, die Abklärungen laufen, die Zeit rückt. Am 19. September macht sich Tscherry auf den Weg Richtung Norden. Nach 27 Stunden Zugfahrt kommt er in Oslo an, der ersten Station seiner Tour.
Die bargeldlose Stadt
Yves Tscherry ist ein passionierter Musiker. Früh schon hat er angefangen, in der 2. Klasse, Klavier und Trompete seine ersten Instrumente. Als 15-Jähriger entdeckt er die Gitarre und Jimmy Hendrix. Er gründet eine erste Band, «Experience», später folgt die zweite, «feerglas». Sein Gitarrenspiel ist stark von Hendrix beeinflusst, mit viel Rhythmus, Groove und Drive. Die Stimme charismatisch, der Stil nur schwer einzuordnen. Hendrix begleitet ihn bis nach Oslo, «Hey Joe» spielt er rauf und runter, aber auch Stücke von den Foo Fighters, Oasis oder Johnny Cash. Vier Stunden musiziert er am ersten Tag in Norwegens Hauptstadt. Und verdient dabei umgerechnet 10 Franken. Ähnlich viel am zweiten. «Ich realisierte erst später, das Oslo eine praktisch bargeldlose Stadt ist», lacht Tscherry. Die Reise führt ihn weiter nach Kopenhagen (18 Fr.), Hamburg (86 Fr.), Eindhoven (68 Fr.) und Lyon (122 Fr). Durch Spenden von Kolleginnen und Kollegen sowie Facebook-Aktionen summierte sich der Erlös auf rund 1000 Franken, die Tscherry an ein Armenhaus in Oslo, ein Kinderhospiz in Hamburg sowie an die Organisation «The End Fund» spendete.
Richtung Süden
Die Erlebnisse in den Städten waren zahlreich. Und unterschiedlich. Da waren lachende Kinder, die Geld spendeten, Polizisten, die ihn freundlich oder auch mal forsch wegwiesen, Bettler, die ihr Geld in seinen Gitarrenkoffer warfen oder Obdachlose, die um ihn tanzten. «Es sind diese Erlebnisse, die für mich zählen», sagt der in Bern wohnhafte Gampjer. So sehr, dass er eine zweite Tour anhängt, diesmal Richtung Süden, Richtung Spanien. Jedoch nicht mehr mehrere Städte, sondern nur noch eine: Valencia. Tscherry spielt oft und spendet das Geld wiederum an eine wohltätige lokale Institution. Yves Tscherry’s Gewinn: Er schaute während den beiden Tourneen kein einziges Mal in seine Agenda.
Armin Bregy
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar