Region | Oberwallis
Mit dem Auto durch die Grimsel?
Das Wallis soll künftig durch die Grimsel einen neuen Bahntunnel erhalten. Die Planungen laufen. Jetzt aber keimt aus verschiedenen Kreisen die Idee eines Strassentunnels auf.
Seit einiger Zeit existiert die Idee für den Bau einer Bahnverbindung durch die Grimsel. Mit dieser würden die beidseits des Passes gelegenen Ortschaften Innertkirchen/BE und Oberwald mit der «Grimselbahn» verbunden. Wie auf «grimseltunnel.ch» zu erfahren ist, würde damit die Lücke zwischen den beiden existierenden Schmalspurbahnnetzen der Matterhorn Gotthard Bahn sowie der Zentralbahn geschlossen. Zudem würde sie die Montreux Oberland Bahn mit der Rhätischen Bahn verbinden. Die Vision basiert auf einem Projekt der Swissgrid. Diese will aufgrund des steigenden Stromkonsums die bestehenden Leitungen in der Grimselregion modernisieren und neu anlegen. Dabei spielt die nationale Netzgesellschaft unter anderem auch mit dem Gedanken einer Erdverlegung – sprich Verlegung durch einen Tunnel. Gleichzeitig würde dieser dann zu einem Bahntunnel ausgebaut. Mit der Folge, dass die Gesamtkosten von 580 Millionen Franken aufgeteilt würden. «Wie genau, ist dann Gegenstand von Verhandlungen mit den Behörden», erklärt der Verwaltungsratspräsident der Grimselbahn AG, Peter Teuscher.
Unterirdische Variante
Nach heutigem Stand der Dinge würde die 22 Kilometer lange Bahnstrecke zwischen Oberwald und Innertkirchen als komplette Tunnelvariante mit Inbetriebnahme 2025 zu stehen kommen. «Von der ursprünglich ebenfalls im Gespräch gewesenen zweiten Variante mit kürzerem Tunnel und mehr «freier Strecke» haben wir uns in der Zwischenzeit aus Gründen der Umwelt und der Kosten verabschiedet», erklärt Teuscher. Vom Projekt versprechen sich die Initianten viel: So besagt eine Studie der Uni St. Gallen, dass in der Region mit einer Wertschöpfung von bis zu 5,5 Millionen Franken gerechnet werden kann. Es sei mit 35 Vollzeitstellen zu rechnen und es könnten jährlich bis zu 400 000 Passagiere befördert werden. In der Zwischenzeit wurden auf «1815.ch» aber Stimmen laut mit der Frage, was für Passagiere denn damit gemeint seien. So schreibt einer: «Gebaut wird der Tunnel einzig für Asiaten, um diese zwischen Luzern, Zermatt und St. Moritz hin und her zufahren.» Steige einer von denen jemals im Goms aus oder übernachte in einer anderen Oberwalliser Destination als Zermatt? Die kaufkräftigen Gäste aus einem der potenziellsten europäischen Wirtschaftsräume, namentlich Zug und Zürich, würden vor dem Haus ins Auto steigen und nach Osten – sprich nicht ins Wallis fahren. Und in Anbetracht des darbenden Tourismus mit ständig sinkenden Preisen stelle sich ernsthaft die Frage des volkswirtschaftlichen Nutzens für das Oberwallis. Denn wie aus Hotelierkreisen zu vernehmen ist, generieren asiatische Gäste tiefe Übernachtungspreise, da deren Produkte über mehrere Zwischenhändler laufen. Somit bleibt für die Hotels vor Ort wenig übrig. Hinzu kommt die meist kurze Aufenthaltsdauer.
Interlaken für Bahntunnel
Diese These stützt allenfalls die Aussage des Direktors von Interlaken Tourismus, Stefan Otz. Dieser sagte unlängst im «Berner Oberländer»: Gerade bei attraktiven Individualgästen aus dem aisatischen Fernmarkt könnte das «Bahn-El-Dorado» sehr beliebt sein.» Gibt es denn zur Bahnstrecke überhaupt Alternativen?
Studie spricht klare Sprache
Wirft man einen Blick auf die vor Kurzem veröffentlichte Studie des Bundes «Verkehrsentwicklung bis 2040», fällt auf, dass die Strasse künftig sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr weiterhin der Hauptverkehrsträger bleibt. Gemäss «routenplaner.ch» dauert beispielsweise eine Autofahrt von der potenziellen Wirtschaftsregion Zug bis nach Innertkirchen 1 Stunde und 18 Minuten. Von dort sind es auf der bestehenden und gut ausgebauten Strasse Richtung Pass und einem neuen Tunnel durch die Grimsel 22 Kilometer bis nach Oberwald. Schenkt man der Prognose der Autoindustrie Glauben, wird Autofahren aufgrund der rasanten Entwicklung künftig bequemer und sparsamer. Für die Strassenvariante setzt sich auch der Hotelier Art Furrer ein: «Ich bin ganz klar dafür. Diese hat für das ganze Oberwallis den viel grösseren volkswirtschaftlichen Nutzen, weil uns diese weit mehr potenzielle Residenzgäste bringt.» Wie würde nun eine Strassenvariante aussehen?
«Technisch machbar»
Ein «1815.ch»-Leser schreibt: Von Oberwald würde ein 7,5 Kilometer langer Strassentunnel auf die Berner Seite bis zur Ortsbezeichnung «Kunzentännlein» führen und dort in die bestehende Strasse nach Guttannen/Innertkirchen Richtung A8 münden. Im Winter ist diese Strasse für den öffentlichen Verkehr auf Berner Seite nur bis Guttannen geöffnet, wird aber laut dem Betreiber der Kraftwerke Oberhasli, zwecks Unterhalt und Kontrolle der Infrastruktur für den Werkverkehr bis zum Orte «Handegg» geräumt und benutzt. Eine Ausnahme würde ganz grosse Lawinengefahr bilden. Die RZ konfrontiert Peter Teuscher damit: «Das ist ein guter Gedanke. Technisch ist das problemlos machbar. Der Fels für den Tunnel ist fest und die Strasse danach ist gut ausgebaut. Für eine absolute Wintersicherheit müsste diese jedoch wegen der Naturgefahren mit zusätzlichen Massnahmen gesichert werden.» Zudem sei der Bau eines Strassentunnels aufgrund der breiteren Röhre und der zusätzlichen Entlüftungsschächte kostenintensiver als ein einspuriger Schmalspur-Bahntunnel. Dem gilt aber entgegenzuhalten, dass der Strassentunnel zwei Drittel kürzer wäre als der Bahntunnel. Wurde demzufolge eine Kosten-Nutzen-Rechnung beider Varianten je gegenübergestellt? «Da eine Strassenvariante nie zur Debatte stand, bestehen auch keine Zahlen», so Teuscher. Was schliesslich realisiert werde, entscheide abschliessend die Politik.
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Kommentare
Echo vom Berg - ↑4↓2
@Viége, - Sie leiden und ärgern sich heute über das Ergebnis einer verplanten und verknorzten, 30-jährigen Strassen- und Autobahnpolitik. Beweis genug die Aufgaben ergebnisoffen anzugehen und zu evaluieren. Darum Strasse und Bahn am Grimsel prüfen und vergleichen, die Dörfer umfahren und nicht den öffentlichen Verkehr ständig mit Millionen überhäufen, (welcher letztendlich die verschiedenen Bedürfnisse nicht vollständig befriedigen kann) und kein Franken für den Unterhalt, vergiss Ausbau von Strassen. Darum nur Koexistenz zwischen ÖV und Individualverkehr.
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Echo vom Berg - ↑3↓2
@Viége: Lobbying ist völlig legal. Fritzli für das Auto, Sie für die Bahn. = kein Unterschied.
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Viége - ↑3↓4
Nein, bin kein Grüner und weder Pro und Contro Auto / Bahn. Mich nervt als Einwohner gerade hier in Visp die "Mobilität" sprich der Morgen und Abendverkehr. Gerade hier im Oberwallis hat das Auto immer noch einen (übertriebenen und teilweise lächerlichen) Stellenwert. Der ÖV kennen viele Mitmenschen nur von hören sagen oder noch von der Schule...
Baer - ↑6↓8
Das Geld für den Bahntunnel käme von Swissgrid und Bahninfrastruktur-Fonds (BIF).
Das Geld für einen Strassentunnel käme von der Swissgrid und ?????.
Swissgrid würde sich entsprechend der Länge des Tunnels zahlen. Somit würde der Anteil von ????? entsprechend ansteigen.
Die Schweiz hat dem Goms schon mal den Furkatunnel gesponsort. Daraus haben sie auch nichts gemacht. Die Rendite muss so oder so ausserhalb des Goms liegen oder es gibt keine Rendite.
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Viége - ↑3↓4
Ach das Internet und seine User Kommentare. Die Fahrzeug Lobby mit dem Fritzli ist mal wieder und erzählt Stammtisch Märchen Zitat : "Komischerweise blüht der Tourismus in den Regionen mit Automobilverkehr"
Bitte mal um Quellen und Zahlen.
Ach nur so am Rande: Zermatt ist Autofrei! Andere Orte wie Visp werden das in 15-20 Jahren auch sein. Selbstfahrende Autos sei Dank!
Fritzli - ↑6↓6
Hallo lieber Baer, - die Swissgrid würde sicherlich auch Ihren Anteil bei einem Autotunnel übernehmen. Letztendlich ist es ja unwichtig, ob die Stromkabel durch einen Autotunnel oder Bahntunnel verlaufen. Strom ist Strom. Hingegen Ihre Aussage bezüglich dem "von der Schweiz gesponsorten Furkatunnel" ist ein wenig verwirrend. Die Gomer sind alle tüchtige Leute aber eine Bahn resp. ein Autoverlad (sehr beschränkte Kapazität) ist und bleibt trotz allem ein Hindernis für einen Automobilisten und ist auch nicht gerade gratis. Somit bleiben da wenige Steine um zu mauern. Und die Bahnfahrer steigen im Goms sowieso nicht aus, die wollen alle nach Zermatt. In der ganzen Schweiz werden fortlaufend Autotunnels gebaut. Die Strassen beider Seiten der Grimsel figurieren im Schweizerischen Hauptstrassennetz. (Nr. 19 Goms, Nr. 6 Haslital) Der Bund zahlt also 96% der Investitionen (resp. die Autofahrer über die ganzen verschiedenen Steuern).... Nur wenn wir Walliser keinen Tunnel fordern, so kommt auch keiner. Darum mindestens einmal eine Grobkostenermittlung für den Autotunnel vornehmen (mit wirtschaftlichem Nutzen für das Oberwallis) und dann entscheiden. Die RWO in Naters kann ja diese Arbeit einmal in die Hand nehmen. (Tel. Nr. 027 921 18 88) Oder der OVT Tel. Nr. 027 923 34 80. Komischerweise blüht der Tourismus in den Regionen mit Automobilverkehr besser als in unserem bahnverdrossenen Oberwallis. Uber beginnt heute seine Taxis fahrerlos anzubieten. Die grossen Autohersteller sind total wild auf das selbstfahrende Auto. Autoauguren bescheinigen jedem milliardenschweren Autokonzern innert 10 Jahren den Niedergang, falls es ein Konzern verpasst, das selbstfahrende Auto auf den Markt zu bringen. Wir sollten nach vorne blicken, um nicht neue Entwicklungen zu verpassen. Die Mobilitätsansprüche können in Zukunft nur aus einem Mix von Strasse und Bahn bedient werden. - Think global and act locally!!
Petsch - ↑8↓7
Typisch für das Oberwallis - kurzfristig und nicht über den Tellerrand denken. Der Individualverkehr verschwindet, statt Tunnel zu bauen sollte man hier in der Region lieber in Technologien der Zufunkt setzen!
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Fritzli - ↑8↓5
Lieber Petsch - Deine Aussage verstehe ich nicht, könntest Du diese ein wenig verdeutlichen?
Fritzli - ↑13↓9
Erstaunlich dass für ein Strassentunnel nicht einmal ein Kostenschätzung zum Vergleich mit dem Bahntunnel vorgenommen wurde. Was ein Grimseltunnel, zudem noch ohne Autoverlad bringt, sehen wir ja heute im Goms. Dieses stirbt einen stillen Tod. Der Furkatunnel mag den Niedergang gebremst haben aber verhindert diesen nicht. Wo bleibt eigentlich OVT = Oberwallis Tourismus und Verkehr mit seinem Präsidenten Pius Rieder. Funkstille? Wie wäre es den Strassentunnel mit 7.5 km Länge kostenmässig aufzudatieren und mit dem Bahntunnel mit 22 km Länge zu vergleichen? Dazu müsste denn auch der volkswirtschaftliche Nutzen verglichen werden. Hier schneiden die Autofahrer mit einem mehrfach höheren Faktor besser ab, als die Bahnfahrer. Eine interessante Aufgabe für die RWO in Naters. (Region Wirtschaft Oberwallis) Wann lernen wir OberwalliserInnen einmal für unsere Interessen zu schauen als bei fremden Herren anzubiedern?
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Manfred Julen - ↑16↓6
Bravo! Das wäre endlich mal ein Lichtblick für die Oberwalliser und den Tourismus. Eine Straßenverbindung ohne Zusatzkoste (Verladegebühren) und erst noch schneller und kürzer nach Luzern und Zürich als über Bern. Der Wirtschaftsraum Innerschweiz schnell und unkompliziert Erreichbar. Unbedingt umsetzen.
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