Region | Embd
«Mein Leben auf der Yakfarm»
21 Jahre. So lange betreibt Daniel Wismer (50) eine Yakfarm oberhalb von Embd. Eine Arbeit, die immer wieder grosse Herausforderungen darstellt.
«Meine allergrösste Angst am Anfang war, dass die Yaks die Zäune nicht respektieren und auf einmal abhauen», sagt Daniel Wismer. Damals – im Jahr 1995 – startete er auf der «Roten Flüo» oberhalb von Embd mit einer Yakfarm. Tierbestand: zwei Yaks. Später kaufte er immer neue hinzu, bis er 22 Tiere hatte. Erst dann begann der Quereinsteiger mit dem Züchten von weiteren Tieren. Mittlerweile besitzt Wismer 40 Yaks.
Die langen Winter auf der Farm
In all den Jahren erlebte Wismer viele schöne Momente, es gab jedoch auch Situationen, in denen er alles hinschmeissen wollte. «Ich arbeite hier oben mit einer 500-jährigen Infrastruktur, das ist im Jahr 2015 nicht einfach.» Erschwert werde die Arbeit auch wegen der fehlenden Erschliessung zu seiner Farm und dem zusätzlichen Aufwand, der dadurch entstehe. «Früher habe ich die Nachteile des Standorts durch viel positive Energie und einen grossen Enthusiasmus wettgemacht, doch heute hinterfrage ich mich manchmal, ob das Ganze nochmals 21 Jahre lang anhalten soll.» Welche Rolle spielen der Winter und der Schnee? «Je älter ich werde, desto schlimmer finde ich den Schnee», sagt Wismer und lacht. Er erklärt: «In der vergangenen Woche sollte ich mit mehreren Tieren zu einem Metzgermeister aus der Region fahren, doch ich konnte die Tiere im Schnee nicht einfangen.» Yaks haben keine Probleme mit niedrigen Temperaturen. Dank ihrer dicken Lederhaut können sie Temperaturdifferenzen von bis zu 50 Grad aushalten. Wismer hingegen muss einen Grossteil seiner Arbeit im Sommer verrichten. Dann, wenn die Wege schneefrei sind, wenn vermehrt Gäste einen Besuch auf der Yakfarm planen und wenn Heuen seinen Tagesplan durchquert. «Will ich einmal etwas betonieren oder Schläuche legen, so muss ich das zwingend im Sommer vornehmen», sagt der Bauer, der jedes Jahr hofft, dass der Wintereinbruch mit den ersten Schneeflocken lange auf sich warten lässt. Heuer hat sich der Winter bereits ein erstes Mal angekündigt. Vor einem Jahr jedoch konnte Wismer seine Tiere bis am 24. Dezember draussen lassen. «Das Wetter beeinflusst die Wirtschaftlichkeit der Farm», weiss er. Sind die Tiere draussen, so spart der Bauer Futtervorräte, Energie sowie Einstreue.
Schwerer Gang zum Schlachthof
Die Idee, Yaks in der Schweiz zu züchten, fiel Wismer im Ausland ein. Dass die Zucht jedoch genau im Oberwallis aufgebaut wurde, ist ein Zufall. Wismer kehrte von einem Auslandsaufenthalt im Himalaja zurück, wo er seine erste Begegnung mit Yaks hatte. Für ihn war klar: «Eine Yakzucht in der Schweiz ist mein Traum.» Prompt stiess er in einer Landwirtschaftszeitung auf eine Anzeige, in der ein Käufer für den Hof oberhalb von Embd gesucht wurde. «Das Gesamtpaket im Oberwallis passte sofort, deshalb war für mich klar, dass ich genau diese Farm wollte.» Heute – 21 Jahre später – kennt Wismer den «Standortnachteil» seiner Farm oberhalb eines Bergdorfes im Oberwallis nur allzu gut. «Mehrere Male konnte ich gute Geschäfte nicht abschliessen, weil die Interessenten mit dem Auto nicht bis zur Farm fahren konnten.» Das sei frustrierend, sagt er. Was hat er für einen Bezug zu seinen Tieren? «Für mich ist wichtig, dass ich keine gefährlichen Tiere auf meiner Farm habe. Unabhängig davon, ob ein Yak halbjährig oder bereits vier bis fünf Jahre alt ist, eliminiere ich ihn, wenn ich sehe, dass er andere zu stark oder gar Menschen gefährdet.» Andersrum sei das Metzgen nicht sein Ding, betont er. «Manchmal schaue ich den Tieren beim Grasen zu, wissend, dass ich sie tags drauf auf den Schlachthof bringe, das fällt mir schwer.» Trotzdem weiss er nach all den Jahren nur zu gut, wie wichtig der Verkauf von Yaksfleisch – eine teure aber durchaus beliebte Fleischsorte – für den Erhalt seines Betriebes ist. Abschliessend dazu sagt er: «Der Mensch schuldet dem Tier ein art- und tiergerechtes Leben – darauf lege ich grossen Wert.»
Bald mit einem Yakmuseum
Darauf angesprochen, ob er weitere 21 Jahre die Yakfarm oberhalb von Embd betreiben wolle, stockt Wismer. «Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust», sagt er. Einerseits würde er die Herausforderung aufgrund des Lebens in der Natur weiter annehmen, andererseits sei es wirtschaftlich zu unattraktiv. Er nennt ein Beispiel: «In jüngster Vergangenheit habe ich mehr Yaks im EU-Raum verkauft als in der Schweiz.» Auch hier spiele der Standort eine zentrale Rolle. Eine erfolgsversprechende Form für die Zukunft könnte jedoch ein idyllisch gelegener Bauernhof sein. «Vermutlich werde ich künftig mehr darauf setzen.» Gerade die Touristen kommen primär, um Fotos zu knipsen und staunen über die Tiere. Nicht immer sei es dabei einfach, die Yaks rund um die Farm zu halten, wenn Besucher in der Nähe seien. Denn im Sommer liegen sie gerne unter Sträuchern und Bäumen. Wismer ist dann stets bemüht, mindestens eine Yakgruppe in der Nähe der Leute zu halten. Nebenbei arbeitet der Innerschweizer daran, ein Yakmuseum – mit Archiv – zu eröffnen. «Deren gibt es ein einziges weltweit», sagt er. Bald soll ein zweites die Türen öffnen. Im Oberwallis. Oberhalb des Bergdorfes Embd im Mattertal.
Simon Kalbermatten
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