Region | Raron
«Mein Kampf zurück ins Leben»
Raron | Mario Dadic (26) überlebt vor zweieinhalb Jahren einen Autounfall nur knapp. Heute steht der gebürtige Kroate trotz Folgeschäden wieder mit beiden Beinen im Leben.
«Ich weiss nicht, was genau passiert ist», sagt Mario Dadic und lächelt gequält. Nur ungern erinnert er sich an jenen Tag, der sein ganzes Leben verändern sollte. Bei einem Autounfall in Novi Vinodolski (Kroatien) wird Dadic als Beifahrer schwer verletzt und liegt vier Tage im Koma. Nur den Ärzten und seiner Familie ist es zu verdanken, dass er heute noch am Leben ist.
«Erinnere mich jeden Tag»
Mario Dadic grinst übers ganze Gesicht. Mit einem charmanten Lächeln begrüsst er den Besucher und führt ihn durch die Lagerhalle seines Betriebs. Auf den ersten Blick erinnert nichts an den schrecklichen Unfall vor zweieinhalb Jahren. Dadic wirkt selbstbewusst, aufgestellt, fröhlich. Ein junger Mann der weiss, was er will. Erst beim späteren Gespräch unter vier Augen wird der Jungunternehmer nachdenklich. «Der Blick in den Spiegel erinnert mich jeden Morgen an meinen Unfall», meint er gedankenverloren und zeigt auf die Narben im Gesicht. Neben dem sichtbaren Aderlass quälen Dadic heute noch starke Kopfschmerzen, die nur medikamentös auszuhalten sind. «Das zwingt mich in meinem Berufsalltag, ein bisschen kürzer zu treten», sagt er wie selbstverständlich. Der Junggeselle, der aktiver Fussballer ist, die Berufsmatura erfolgreich abschliesst, ein Sprachstudium in Amerika absolviert und später Betriebsökonomie studieren will, wird jäh aus seinen Träumen gerissen. «Der Unfall veränderte mein Leben von einer Sekunde auf die andere», so Dadic.
Verhängnisvoller Entscheid
Juli 2012. Mario Dadic will mit sechs Kollegen aus Amerika und einem Kollegen aus der Region nach Kroatien fahren, um dort ein paar schöne Ferientage zu verbringen. «Während meines halbjährigen Sprachaufenthalts in Los Angeles habe ich viele nette Menschen kennengelernt. Darum wollte ich ihnen meine Heimat zeigen», erklärt Dadic. Weil aber nach und nach niemand Zeit findet, um nach Europa zu fliegen, beschliesst Dadic, nur mit seinem einheimischen Kollegen nach Kroatien zu fahren. «Eigentlich wollten wir zwei Autos mitnehmen, da ich früher zurückreisen wollte als mein Kollege. Schliesslich liess ich mich aber dazu überreden, mit ihm zu fahren», erklärt Dadic. Ein folgenschwerer Entscheid.
Fürchterlicher Unfall
Am 27. Juli 2012 gehts los. «Wir sind am späteren Nachmittag losgefahren», erinnert sich Dadic. In Crikvenica, einer Stadt an der kroatischen Adriaküste, beschliessen die Beiden, eine Pause zu machen und die Stadt zu erkunden. «Anderntags sind wir frühmorgens zum Auto zurückgekehrt mit der Absicht, ein bisschen zu schlafen und gegen Mittag weiter zu fahren.» Während Dadic in einen unruhigen Schlaf fällt, überlegt es sich sein Kollege kurzerhand anders und fährt los. Ein verhängnisvoller Entschluss. Keine zwanzig Minuten später verursacht er einen schrecklichen Unfall. Der Wagen rast in eine Steinmauer und wird zurück auf die Strasse katapultiert. Während der Fahrer praktisch unverletzt aus dem Wrack klettert, wird Dadic durch die Windschutzscheibe auf die Strasse geschleudert. Die herbeigerufenen Helfer müssen noch auf der Unfallstelle den leblosen Körper von Mario Dadic reanimieren und ihn auf die Intensivstation überführen. Erst hier wird das ganze Ausmass der Schäden ersichtlich: Schädel-/Hirntrauma, Schädigung der linken Hirnhälfte und des Kleinhirns, Jochbeinbruch, Wangenknochen zertrümmert und Kreuzbandriss. Dazu ist die rechte Körperhälfte halb gelähmt. Die Folgen: Mario Dadic liegt vier Tage lang im Koma. Dann wird er mit dem Helikopter ins Inselspital nach Bern geflogen.
Der Kampf zurück ins Leben
«Meine Eltern haben darauf bestanden, dass ich in der Schweiz behandelt werde», sagt Dadic. Hier erlangt er eine Wochen nach dem schrecklichen Unfall wieder das Bewusstsein. «Als ich aufwachte, konnte ich mich an gar nichts erinnern und wusste nicht genau, wo ich bin», sagt Dadic. Erst nach und nach kommt die Erinnerung bruchstückhaft zurück. Zwei Wochen muss er im Spital bleiben. Dann steht eine viermonatige Reha auf dem Programm. Mario Dadic kämpft sich zurück ins Leben und nimmt im September 2013 an der HES-SO in Siders das Studium der Betriebsökonomie auf. «Weil ich ständig Kopfscherzen hatte, musste ich das Studium aber leider abbrechen», meint er konsterniert. Inzwischen ist er in die Fussstapfen seines Vaters getreten und hat die Gartenbau-Unternehmung «Green Garden Mario GmbH» in Raron übernommen. «Jetzt habe ich wieder ein Ziel vor Augen», sagt Dadic. Auch wenn er täglich mit den Folgeschäden des Unfalls zu kämpfen hat – «ich habe ständig Kopfschmerzen und werde schnell müde» – hadern will der Jungunternehmer mit seinem Schicksal nicht. «Ich bin ein sehr gläubiger Mensch und überzeugt, dass alles seinen Sinn hat. Auch mein Unfall. Darum versuche ich das Bestmögliche, auch wenn es nicht immer einfach ist.»
Walter Bellwald
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