Region | Brig
«Märchen sind nicht nur unterhaltsam»
Jasmine Bayard und Bernadette Carlen haben an der Schule für Märchen und Erzählkultur «Mutabor» die Grundlagenausbildung zur Märchenerzählerin absolviert.
«Märchen haben mich den Lebtag lang begleitet. Schon als Kind habe ich immer gerne Märchen gehört und heute erzähle ich sie meinen Enkeln weiter», sagt Bernadette Carlen, und Jasmine Bayard ergänzt: «Märchen haben nicht nur einen unterhaltsamen Wert, sonden auch einen erzieherischen und unterhaltsamen Charakter.»
Erzählkultur fördern
Jasmine Bayard unterrichtet im Teilpensum als Primarlehrerin und ist auch als Heilpraktikerin tätig. «Märchen sind nicht nur unterhaltsam, sondern können auch bewusst als Heilmethode eingesetzt werden.» So gebe es Märchen für verschiedene Gruppen und Bedürfnisse. «Je nach Anlass und Publikum werden die Märchen explizit dafür ausgesucht», erklärt Bernadette Carlen. «Dabei haben wir in verschiedenen Seminaren von der Auswahl der Märchen über die atmosphärische Gestaltung bis zum freien Erzählen alle Facetten der Erzählkultur kennengelernt.» Insgesamt wurden bisher an der Mutabor Märchenstiftung (Mutabor – «Ich verwandle mich») an die 400 Märchenerzählerinnen und -erzähler schweizweit ausgebildet. Die männlichen Erzähler sind dabei in der Unterzahl. «Denn das Märchenerzählen war seit jeher meist Frauensache», bestätigt Carlen.
Weisheiten und Fabeln
«Der Märchenschatz ist sehr gross», schwärmen die beiden Erzählerinnen, die zusammen mit ihren Kolleginnen am 5. September einen Erzählabend für Erwachsene und Jugendliche in der Buchhandlung Wegenerplatz in Brig gestalten. «Märchen überliefern Geschichten auf eine spannende, lustige und manchmal auch ernste Weise», sagt Bayard. Es gebe Märchen, die mit Humor eine kleine Weisheit erzählen, aber auch Parabeln und Lehrgeschichten, Fabeln von Tieren und die klassischen Zaubermärchen. Bayard weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Märchen die Seele berühren, weil sie archetypische Bilder übermitteln und intuitiv von allen verstanden werden. Denn: «Jedes Märchen beinhaltet die Transformation eines Problems und zeigt einen Lösungsweg auf.» Wichtig ist für die Märchenfrauen, dass die Märchen im Dialekt vorgetragen und frei erzählt werden. «Ein Märchen sollte in der Regel nicht länger als sechs bis acht Minuten dauern. Dabei wird auf eine passende Ausdrucksweise geachtet und Modewörter vermieden», so Bayard. Die beiden Frauen sind überzeugt, dass Märchen eine ganz besondere Atmosphäre schaffen und sowohl junge wie ältere Menschen ansprechen. Eine Märchenerzählerin kann sowohl für ein Familienfest, einen Vereinsanlass, im Spital, Heim, aber auch für die Schule oder den Kindergarten engagiert werden.
Walter Bellwald
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar