Gspon / Staldenried | Katharina Abgottspon

«In ‹Finilu› fühle ich mich einfach wohl»

Katharina Abgottspon vor ihrer Alphütte.
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Katharina Abgottspon vor ihrer Alphütte.
Foto: RZ

«Jetzt habe ich endlich Ferien», sagt Katharina Abgottspon.
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«Jetzt habe ich endlich Ferien», sagt Katharina Abgottspon.
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Katharina Abgottspon (93) hat ein bewegtes Leben hinter sich. Als Elfjährige verliert sie die Mutter, steht fortan für ihre sechs Geschwister am Herd und versorgt das Vieh auf der Alp.

Ein strahlender Spätsommertag. Die Seilbahn bringt die Besucher von Staldenried nach Gspon. Von hier geht es in einem rund einstündigen Spaziergang nach «Finilu», einem kleinen Weiler auf rund 2000 m ü. M. Hier oben verbringt die 93-jährige Katharina Abgottspon ihren Sommer. Jedes Jahr. «Ich mag gar nicht dran denken, wenn ich einmal unten im Tal bleiben muss», sagt die betagte Frau nachdenklich.

Plötzlicher Tod der Mutter

«Finilu». Für Katharina Abgottspon mehr als ein kleiner Weiler mit ein paar Hütten, Kühen und Schafen. «Finilu» verbindet Abgottspon mit schönen Erinnerungen, aber auch traurigen Momenten. Schon als kleines Mädchen kommt sie mit ihrer Mutter auf die Alp. Später, im Winter 1940, nimmt sie als 14-Jährige den schweren Gang von Staldenried auf die höher gelegene Alp in Angriff. Im Schlepptau ihre zwei jüngsten Geschwister. «Damals habe ich hier oben zum ersten Mal alleine gehirtet», sagt Abgottspon. Drei Jahre vorher, im November 1937, stirbt ihre Mutter am Kindbettfieber. «Als meine jüngeren Geschwister und ich von der Sonntagsvesper heimgekommen sind, war die Mutter tot», erinnert sie sich an den bangen Moment. Ihre Mutter war während der Sonntagsmesse nach kurzer Krankheit gestorben.

«Eine harte Zeit»

Nur ungern spricht Abgottspon über die ersten Tage und Wochen nach der Beerdigung der Mutter. «Mein Vater war mit sieben Kindern allein. Es war eine harte Zeit. Auch wenn uns viele unterstützt und geholfen haben.» Vom guten Vater spricht sie, «der viel gearbeitet hat», und vom «Wintermanut» 1940, als sie das Vieh in «Finilu» versorgen und auf ihre zwei jüngsten Geschwister aufpassen musste. Allein in der kleinen Hütte habe sie sich gefürchtet und habe auch mal «lengi Ziit» gehabt – nach der Mutter und ihrem Zuhause in Stalden. «Isch het allä schüdärli gfirchtut, so siwär äm Abund alli zglichum ins Bett und äm Morgund alli zglichum üfgschtannu. Das sind lengi Nächt gsi», sagt Abgottspon. Aber Katharina steht ihre Frau, bevor sie sich nach Wintereinbruch wieder auf den Weg ins Tal macht, um die Wäsche zu machen und ihren Geschwistern bei den Hausaufgaben zu helfen.

Raclette zur Hochzeit

Das Leben von Katharina Abgottspon ist hart und arbeitsreich. Die Familie zieht mit ihren Tieren von einer Alp auf die andere. «Als ich ­älter war, konnte ich in Stalden die Sennerei übernehmen und habe gekäst. Das war eine strenge Zeit. Morgens und abends musste ich das Vieh versorgen, bevor ich in die Sennerei gegangen bin. Es war mein erster Verdienst», erinnert sie sich. Bei der ganzen Arbeit bleibt kaum Zeit zum Abschalten. «Z Tanz» sei sie nie gegangen, winkt Abgottspon ab. Aber ab und zu «an den ­Abusitz im Riedji». Hier hätten sie «gitroggud» (ein Jassspiel, Anm. d. Red.), gelacht und «ghängärtut». Katharina Abgottspon schwelgt in Erinnerungen. In «Finilu» lernt sie auch ihren späteren Ehemann kennen. 1953 heiraten die beiden – im Gemeindehaus, wie damals so üblich. Das Hochzeitsmahl fällt karg aus. «Es gab Raclette und einen Schluck Wein», sagt Abgottspon. «Finilu» ist der feste Wohnsitz der Familie. Im Sommer ist ihr Mann im «Riädär Geisssäntum» tätig. Ein Jahr nach der Hochzeit kommt das erste Kind zur Welt. «Als mein Mann eine Anstellung als Wärter gefunden hat, sind wir dann ins sogenannte Wasserschloss oberhalb von Staldenried gezogen, wo wir 25 Jahre gelebt haben», so Abgottspon.

Endlich Ferien

Vier Mädchen und zwei Buben ziehen Katharina Abgottspon und ihr Mann gross. Jeden Tag nehmen die Kinder die weite Strecke bis zur Schule nach Staldenried in Angriff. «Damals gab es noch keine Strassenverbindung ins Tal. Wir mussten alles zu Fuss laufen. Einzig ein Transportbähnli für das Material stand uns zur Verfügung», sagt Abgottspon. Nachdem die Kinder ausgezogen sind, widmen sich Katharina Abgottspon und ihr Mann einer kleinen Landwirtschaft. «Als mein Mann 2001 gestorben ist, habe ich die Kühe verkauft.» Trotzdem verbringt sie noch jeden Sommer in «Finilu». «Das ist mein Ein und Alles. Ich geniesse die wunderbare Aussicht, die gute Luft und die Stille hier oben.» Früher habe sie viel gearbeitet, «jetzt habe ich endlich Ferien», sagt Katharina Abgottspon und lacht.

Walter Bellwald

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