Meinung | Zum Ärztenotstand im Oberwallis
Im Kampf gegen den Ärztenotstand helfen Ärztehäuser kaum
Vergangene Woche rief die Walliser Ärztegesellschaft den Ärztenotstand aus und es dürfte noch schlimmer werden. Doch Ärztehäuser helfen nur bedingt. Eine Einschätzung.
Es ist kein gutes Bild, welches das Oberwalliser Gesundheitswesen ausserhalb der Spitalstrukturen derzeit abgibt. So schlecht ist dieses Bild gar, dass sich die Walliser Ärztegesellschaft um Präsidentin Monique Lehky Hagen vergangene Woche dazu veranlasst sah, den Notstand zu erklären. «Das Bild ist beängstigend», sagte die Ärztepräsidentin denn auch.
Nur noch mit Beziehung
In der Tat fällt es immer schwerer, einen neuen Hausarzt zu finden, wenn ein solcher benötigt wird. Viele niedergelassene Mediziner haben einen Patientenstopp verfügt, Zugang zu einer Praxis gibt es nur über Beziehungen. Ganz ähnlich präsentiert sich das Bild bei den Kinderärzten, auch hier herrscht Mangel. Verschärft wird das Problem dadurch, dass die Ärzteschaft im Oberwallis überaltert ist, Pensionierungen stehen an, viele würden gerne etwas kürzertreten. Gleichzeitig gelingt es nicht, junge Mediziner, die sich zwar im Oberwallis versuchen möchten, auch langfristig zu halten. Sieben haben in den letzten Jahren dem Oberwallis wieder den Rücken gekehrt.
Es geht ums Geld
Doch warum ist das so? Des Pudels Kern liegt wie so oft im Geld. Das Wallis ist für junge Mediziner ausserhalb der Spitalstrukturen, was Entlöhnung betrifft, schlicht zu unattraktiv. In anderen Kantonen kann mit der gleichen Tätigkeit deutlich mehr verdient werden, warum sich also in einer Randregion niederlassen? Die Ärztegesellschaft streitet sich mit den Krankenkassen daher um eine Erhöhung des sogenannten Taxpunktwerts. Mit diesem sollen auch die Löhne der Ärzte steigen. Um Geld geht es aber auch noch anderweitig. Will eine Ärztin oder ein Arzt eine Praxis übernehmen, so ist dies ein teurer Spass. Nicht nur, dass die Räumlichkeiten und Apparate abgegolten werden müssen, auch für die Patientenakten muss bezahlt werden. Im Oberwallis müssen mehrere 10 000 Franken hingeblättert werden, damit man die «Kunden» übernehmen «darf». In Kombination mit den vergleichsweise geringen Verdienstmöglichkeiten eine schlechte Kombination. Das Problem der teurer Praxisübernahme versuchen zwar einige Gemeinden mit der Etablierung von Gesundheitszentren zu entschärfen, doch der Erfolg ist mässig. Eine Umfrage unter der Oberwalliser Ärzteschaft zeigt denn auch, dass die Etablierung von Gemeinschaftspraxen oder Ärztehäusern am Mangel an qualifiziertem Personal, sprich jungen Medizinern, scheitert.
Regierung gefordert
Alles in allem lässt sich der Mangel an Ärztinnen und Ärzten im Oberwallis nur auf eine Art lösen: Die Löhne müssen steigen. Da sich die Krankenkassen dagegen aber wenig verwunderlich sträuben, ist es an der Politik, ein Machtwort zu sprechen. Doch dazu muss erst einmal eingestanden werden, dass überhaupt ein Problem vorliegt. Wenn Gesundheitsministerin Esther Waeber-Kalbermatten als Reaktion auf die Erklärung des Notstandes jedoch sagt, «allgemein sei das Gesundheitswesen in einem guten Zustand», so hilft das wenig und ist auch ein riskantes Spiel. Denn beim Thema Gesundheit hört der Spass schnell einmal auf.
Martin Meul
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