Dorfserie | «Chrottä» Agarn
«Früher gab es hier viele Kröten»
Die Agarnerinnen und Agarner werden «Chrottä» oder «Schattuschlicker» gerufen.
Während der Wintermonate fristet das 800-Seelen-Dorf Agarn ein Schattendasein. Und das im wörtlichen Sinne. Vom November bis im Februar lässt sich die Sonne hier nicht blicken. «Genau 80 Tage», wie Fernando Grand (59) anführt. Der gebürtige Sustner hat sich mittlerweile an das Schattendasein gewöhnt. «Es ist zwar eine lange Bewährungsprobe, aber die kalten Temperaturen härten ab.» Auch Lea Lötscher (43) hat keine Probleme damit, dass Agarn drei Monate im Schatten liegt. «Ich bin damit aufgewachsen und geniesse diese Zeit, die Kälte und das Schattendasein.»
Lautes Gequake
Noch geläufiger als «Schattuschlicker» ist den Einheimischen der Übername «Chrottä». Der Grund dafür scheint auf der Hand beziehungsweise im sumpfigen Terrain zu liegen, das früher im Rhonetal vorherrschte. «Damals war der Lauf des Rottens praktisch vor unserem Dorf», sagt Gemeindepräsident Thomas Matter (51). «Die Folge davon war, dass hier viele Frösche und Kröten gelaicht haben. Dadurch war das Gequake weiterhin zu hören. Von daher kommt wohl unser Übername.» Auch Anita Lagger (71) kennt die überlieferte Geschichte. «Unser Rufname ‹Chrottä› ist bekannt, aber ich kann gut damit leben.» Genauso wie Romana Bregy, die im Konsum in Agarn arbeitet, aber in Turtmann wohnt. «Ob ‹Hopschla› oder ‹Chrottä›, das ist eigentlich egal», nimmt es die 53-Jährige mit Humor. Auch Lothar Zen-Ruffinen (46) ist der Übername geläufig. Dass es vor den Toren Agarns früher viele Frösche und Kröten gegeben hat, ist auch ihm bekannt. «Ich habe kein Problem damit, wenn mich ein Auswärtiger als ‹Chrotta› bezeichnet. Daran habe ich mich gewöhnt.» An lauen Frühlingsabenden soll noch heute das Gequake der Kröten im Dorf zu hören sein.
Walter Bellwald
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