Susten | Behindertensport

Im Dienst für die Behinderten

Felix Mathieu aus Susten fährt seit 33 Jahren den Bus des Behindertensports Oberwallis.
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Felix Mathieu aus Susten fährt seit 33 Jahren den Bus des Behindertensports Oberwallis.
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Sein Leben wurde innerhalb von wenigen Sekunden auf den Kopf gestellt. Doch Felix Mathieu ist daran nicht zerbrochen. Im Gegenteil: «Ich bin heute glücklich», sagt er.

Es geschieht im Jahr 1978: Bei Reparaturarbeiten an einer Fräse erleidet der damalige Schlosser Felix Mathieu (76) im Alter von 38 Jahren einen folgenschweren Unfall an seinem Arbeitsplatz, der Alusuisse-Fabrik in Steg. Er verliert ein Bein. Sein Leben wird von einer Sekunde auf die andere auf den Kopf gestellt. Es ist ein Schicksalsschlag für den gebürtigen Agarner, der seit seiner Hochzeit in Susten wohnt. «Ohne die Unterstützung meiner Frau, meiner Kinder sowie zahlreicher Kollegen hätte ich das nicht geschafft», sagt er heute. Während eineinhalb Monaten liegt er in Visp im Spital. Nur an einem einzigen Tag sei er alleine gewesen, blickt er auf die damals grossartige Unterstützung seines nächsten Umfelds zurück. Deshalb ist für ihn klar: «Ohne mein familiäres Umfeld wäre ich heute nicht mehr hier.»

Schwimmen mit Prothese gelernt

Doch Mathieu akzeptiert sein Schicksal und nimmt sein Leben in die Hände. Während 17 Wochen weilt er später in der Rehaklinik von Bellikon. «Dort lernte ich wieder laufen», erinnert er sich. Sein Arbeitgeber beschäftigt ihn anschliessend weiter und schult ihn zum Betriebsschreiber um. Insgesamt bleibt er der Alusuisse während 34 Jahren treu. Nach dem Unfall kontaktiert ihn jemand vom Behindertensport Oberwallis (BSOW) und fragt an, ob er sportlich aktiv werden wolle. Mathieu sagt spontan zu und lässt sich dafür begeistern. Und: Er bleibt bis heute treues Mitglied des BSOW, den er zwischendurch auch präsidiert hat. «Meine erste Aktivität war ein Besuch im Hallenbad von Steg, bevor ich es wagte, in die Turnstunde nach Visp zu gehen», sagt er. Im Wasser fühlt er sich auch heute noch sehr wohl. Doch der Anfang war nicht leicht. «Ich wollte nicht ins Wasser, weil ich nicht schwimmen konnte, da wurde ich vor die Wahl gestellt: entweder schwimmen oder das Bad verlassen.» So lernte Mathieu mit einem Bein schwimmen und ist heute dankbar dafür. «Ich gehe zwischendurch immer wieder gerne ins Hallenbad und besuche die Lektionen.» Ebenfalls im Trend bei ihm: der Langlaufsport. Noch heute stehe er regelmässig auf den Langlaufskiern im «Langlauf-Mekka» Goms. Mit einer Portion Stolz führt er zudem an: «Ich habe auch nach dem Unfall zusammen mit meiner Frau zahlreiche Wanderungen unternommen.» Ein grosser persönlicher Erfolg sei im vergangenen Sommer der Gemmiweg gewesen. Dass Mathieu heute mit sich und seinem Leben im Reinen ist, hat damit zu tun, dass er den Schicksalsschlag akzeptiert und verarbeitet hat. So auch als Referent. Während der Zeit als Vorstandsmitglied wurde er zusammen mit einem Kollegen dreimal ins Kollegium in Brig eingeladen. «Ziel war es, den Behindertensport Oberwallis den Schülerinnen und Schülern näherzubringen und ihnen aus dem Alltag zu erzählen.» Dann schmunzelt Mathieu, als er sagt: «Einer von ihnen wollte wissen, wie sich eine Behinderung auf das Sexualleben auswirke.»

Die Begegnung mit einem Bundesrat

Erzählt hat er den Studenten auch von der Geschichte des Vereinsbusses. «Damals hatten wir einen uralten Bus. Die Türen öffneten sich fast, als der Chauffeur losfuhr.» In der Zeit, als Mathieu dem Vorstand beitritt, organisiert die damalige Vereinsspitze erstmals ein Lotto und kauft sich mit dem Gewinn einen neuen Bus. In dieser Zeit erklärt sich Mathieu bereit, als Chauffeur einzuspringen. «Gerade in unserer Region hatten wir zu wenig Chauffeure, weshalb ich mich bereit erklärte, zwischendurch einen Fahrdienst zu übernehmen.» Dabei erlebt der Vater dreier Kinder manch schönes Ereignis. «Was mich stets beeindruckt hat, ist die Dankbarkeit der geistig behinderten Menschen», sagt er und weiss: «Davon kann sich manch einer ein grosses Stück abschneiden.» Was für Mathieu zudem unvergessen bleibt, ist die Begegnung mit alt Bundesrat Samuel Schmid. «Ich sah ihn an einer Tagung in Magglingen und entschied mich dazu, ihm ein Glas Walliser Wein zu reichen.» Mit dem Bus fährt Mathieu nur noch selten. Viermal sei er im Herbst im Einsatz gewesen. Er sagt: «Ich muss auf die Gesundheit achten, deshalb bin ich nur noch als Ersatz-Chauffeur im Einsatz.» Doch missen wolle er die zahlreichen Einsätze während 33 Jahren (!) keineswegs und wünscht dem Behindertensport weiter engagierte Chauffeure. Wie so oft in Vereinen sucht auch der BSOW nach Leuten, die sich für einen Fahrdienst – zum Beispiel ins Hallenbad nach Steg oder in eine Turnhalle in Visp – bereit erklären. Für Mathieu ist klar, weshalb eine solche Verpflichtung reizvoll ist: «Wer Behinderte im Bus chauffiert, sieht sein Leben und im besten Fall seine Gesundheit fortan wieder mit anderen Augen, ich empfehle es jedem, der dafür Zeit findet.»

Simon Kalbermatten

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