Birgisch | Hélène Zbinden gibt die Suche nach ihrem leiblichen Vater nicht auf
«Ich suche meinen Vater»
Hélène Zbinden sucht verzweifelt nach ihrem leiblichen Vater. Trotz verschiedenen Medienberichten blieb die Suche bisher erfolglos. Doch aufgeben will sie nicht.
Das Kerzenatelier von Hélène Zbinden ist eine bunte Welt aus Wachs und Farben. Verschiedene Formen und Motive sind erkennbar und ein Smiley-Motiv lacht von einer Kerze. Ein Lachen, das Hélène Zbinden in ihrem Leben oft verwehrt geblieben ist. Die heute 51-Jährige erlebte eine schwere Kindheit und sucht immer noch nach ihrem Vater. Doch der Reihe nach.
Körperliches und seelisches Leid
Heitenried, eine 1000-Seelen-Gemeinde im Sensebezirk des Kantons Freiburg. Eine intakte, gepflegte Landschaft, waldige Hügel, schöne Weiler und freundliche Menschen. Hier verbringt Hélène Zbinden die ersten fünf Jahre ihres Lebens bei ihrer Grossmutter. Dann zügelt sie zu ihrer Mutter und dem Stiefvater ins 14 Kilometer entfernte Plaffeien. Zusammen mit ihrem Halbbruder wächst sie hier im beschaulichen Senseoberland auf. Doch der Schein trügt. Hélène geht durch die Hölle. «In der Schule wurde ich dauernd gehänselt, weil ich meinen leiblichen Vater nicht kannte, und daheim setzte es regelmässig eine Tracht Prügel ab», erinnert sie sich. Aber nicht die körperlichen Schläge sind es, die das Mädchen schmerzen, vielmehr sind es die seelischen Wunden, die Hélène zu schaffen machen. Denn: Sie kennt ihren leiblichen Vater nicht.
Ein Welschlandjahr mit Folgen
Als Hélène eines Tages ihren ganzen Mut zusammennimmt und ihre Mutter darauf anspricht, wird sie barsch abgewiesen. «Sie sagte mir lediglich, dass mein Vater ein Italiener sei und als Gastarbeiter in der Schweiz gearbeitet habe. Damit war das Thema für sie erledigt, nicht aber für mich.» Obwohl viele Fragen unbeantwortet bleiben und sie sich niemandem anvertrauen kann, ist Hélène in Gedanken viel bei ihrem Vater. Erst später erfährt sie, dass ihre Mutter Margrit, die 1964 einen Welschlandaufenthalt in Marly macht, eine kurze Liaison mit einem italienischen Gastarbeiter hatte, der damals für die Firma Losinger beim Bau des Ciba-Geigy-Gebäudes in Marly arbeitet. Als Margrit Kurzo dem Mann mitteilt, dass sie schwanger ist, lässt er sie mit dem ungeborenen Kind allein zurück und fährt in seine Heimat nach Italien.
«Fühlte mich unverstanden»
«Für meine Mutter brach eine Welt zusammen. Sie war zeit ihres Lebens verbittert und hat sich wohl nie damit abgefunden, dass sie der Mann einfach so sitzen liess», sagt Hélène Zbinden, die mit 15 Jahren dem elterlichen Heim den Rücken kehrt. Nachdem sie zwei Kinder als alleinerziehende Mutter acht Jahre lang grosszieht, heiratet sie 1993 ihre vermeintlich grosse Liebe. Doch auch nach der Heirat kommt sie nicht zur Ruhe. «Mein Mann wusste zwar, dass mir die Suche nach meinem leiblichen Vater sehr wichtig ist. Aber er sagte immer zu mir, ich solle die Geschichte ruhen lassen. Ich fühlte mich unverstanden und hilflos. Und irgendwann habe ich dann mit niemandem mehr darüber geredet», sagt Hélène Zbinden. Die einstige Kämpfernatur leidet innerlich und zieht sich immer mehr zurück.
Erfolglose Suche
2005 kommt es zum grossen Knall. Bei Hélène Zbinden wird ein Burn-out diagnostiziert und sie muss in therapeutische Behandlung. «In dieser Zeit habe ich meine ganze Vergangenheit aufgearbeitet. Erst da wurde mir richtig bewusst, wie sehr ich darunter leide, dass ich meinen leiblichen Vater nicht kenne», sagt sie rückblickend. Über Nacht beschliesst sie, das Heft selbst in die Hand zu nehmen und die Suche nach ihrem Vater aufzunehmen. «Nachdem ich meine Mutter abermals mit dem Thema konfrontiert habe, hat sie mir schliesslich ein Foto gegeben und den Namen meines Vaters verraten.» Das Bild zeigt einen jungen Mann in legerer Kleidung, der verträumt in die Ferne blickt. Sein Name: Giovanni Corsico. Hélène Zbinden wendet sich erstmals an die Öffentlichkeit und macht ihre Suche im Facebook publik. Die Reaktionen lassen nicht lange auf sich warten. «Viele Leute haben mich angeschrieben und mir ihre Unterstützung zugesichert.» Auch eine private Fernsehstation und verschiedene Zeitungen nehmen die Geschichte auf und werden bei Hélène Zbinden vorstellig. Sogar bei der Real-Life-Doku «Vermisst» von RTL und bei Kai Pflaumes Sendung «Wo bist du?» hat sie sich gemeldet. Doch trotz dieser breit angelegten Kampagne bleibt die Suche nach ihrem Vater erfolglos. «Es ist ernüchternd und frustrierend zugleich», zieht sie Bilanz.
Hoffnung nicht verloren
Trotzdem gibt sich Hélène Zbinden kämpferisch. «Irgendjemand muss meinen Vater doch kennen», sagt sie fast trotzig. Ihre Hoffnung: «Hier im Wallis gibt es viele italienische Gastarbeiter, die mir vielleicht einen Hinweis geben können», so die gebürtige Freiburgerin, die jetzt in Birgisch wohnt. Auch bei den italienischen Behörden will sie vorstellig werden. Ihr einziger Anhaltspunkt: der Name Corsico, der vor allem in Kampanien nördlich von Neapel und in der Nähe von Pescara vorkommt. In ihren Träumen malt sich Hélène oftmals aus, wie es wäre, ihren Vater endlich kennenzulernen. «Ich habe zwar ein bisschen Respekt vor dieser Begegnung», sagt sie unverblümt. «Aber die Sehnsucht danach ist stärker als die aufkeimende Angst.»
Walter Bellwald
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Kommentare
Kuonen - ↑8↓0
Habe meinen Grossvater bzw. meiner Mutter ihren Vater in Italien durch das Rote Kreuz gefunden. Ist weltweit tätig. Viel Glück.
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Walter - ↑6↓0
Gute Abend
Versuchen Sie es über die AHV
Wenn er hier gearbeitet hatte, hat er auch eine Versicherungsnummer
Viel Glück
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Erwin - ↑14↓2
Geschätzte Frau Zbinden
Wenden Sie sich an die televisione swizzera italiana und an die televisione italiana.
Es soll Ihnen jemand Ihr Problem auf Italienisch übersetzen und dann mit dem Bild Ihres Vaters an die Redaktion des Tessiner Fernsehens oder italienischen TV senden
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Stefanie - ↑20↓4
Wende dich an Julia Leschik von Sat 1 wünsche dir viel Glück
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