Bergbahnengesetz | Kein Fonds für Rückbauten vorgesehen

Grossratskommission ignoriert den «Worst Case»

Die Frage, wer für den Rückbau von Anlagen im Falle eines Konkurses bezahlen muss, wird durch das neue Gesetz nicht geklärt.
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Die Frage, wer für den Rückbau von Anlagen im Falle eines Konkurses bezahlen muss, wird durch das neue Gesetz nicht geklärt.
Foto: Symbolbild Bürchen Tourismus

Quelle: RZ 1

Die vorberatende Kommission will in das neue Bergbahnengesetz keine Fonds für den Rückbau von Anlagen im Falle eines Konkurses integrieren. Eine verpasste Chance, findet der WWF.

In der kommenden Session des Grossen Rates geht es für die Bergbahnen um die sprichwörtliche Wurst. Das Parlament befindet dann nämlich über das Gesetz zur Förderung der Bergbahnen. Hauptsächlich geht es darum, welche Bahnen wie viele Fördermittel unter welchen Bedingungen erhalten sollen.

Keine Chance in der Kommission

Während der Beratung des Gesetzes in der Kommission versuchte SPO-Grossrätin Doris Schmidhalter-Näfen jedoch auch, das Gesetz mit einem Nachhaltigkeitsaspekt auszustatten. Schmidhalter-Näfen wollte, dass Bahnen die Finanzhilfen aufgrund des neuen Gesetzes erhalten, finanzielle Mittel für den Rückbau von Anlagen zurücklegen müssen, sollte es zum Konkursfall und somit zur Stilllegung der Bahn kommen. Doch die Kommission für Landwirtschaft, Tourismus und Umwelt (LTU) wollte davon nichts wissen und wies den Antrag der SPO-Grossrätin wuchtig mit 10 zu 1 Stimme ab. Als «bedauerlich» bezeichnet Schmidhalter-Näfen, deren Fraktion das Bergbahnengesetz insgesamt bekämpft, ihre Niederlage. «Die Kommission hat es verpasst, dem Gesetz wenigstens einen gewissen Sinn zu geben, da die Finanzhilfen nur das ‹Sterben› hinauszögern.»

Noch nicht vom Tisch

Trotz der Absage der LTU betreffend die Idee, einen Fonds für den Rückbau von stillgelegten Bergbahnen zu schaffen, ist für die SPO-Grossrätin die Angelegenheit noch nicht gegessen. «Selbst wenn das Gesetz angenommen wird, bedeutet dies noch lange nicht die Rettung für die kleinen Bergbahnen im Kanton», sagt Schmidhalter-Näfen. «Schlussendlich hängt vieles auch vom Schneefall ab, worauf das Gesetz keinen Einfluss hat.» Darum sei es sehr wahrscheinlich, dass auch mit Gesetz viele kleine Bergbahnen über kurz oder lang verschwinden würden. «Da also das Problem von Bauruinen in der Landschaft nach dem Konkurs einer Bahn auch mit Bergbahnengesetz bestehen bleibt, will ich vom Staatsrat wissen, wie er über den etwaigen Rückbau von stillgelegten Anlagen denkt und wie dieser finanziert werden soll», sagt die Präsidentin der SPO.

WWF sieht verpasste Chance

Der Entscheid der LTU ist auch für Laura Schmid, Geschäftsführerin des WWF Oberwallis, in erster Linie bedauerlich. «Es ist schade, dass die Kommission offenbar nicht an einem nachhaltigen Gesetz interessiert ist», sagt sie und wirft den Kommissionsmitgliedern Kurzsichtigkeit vor. «Die Mitglieder sehen im Moment nur das Geld, welches das Gesetz in die Kassen der lokalen Bergbahnbetriebe und indirekt auch in die Gemeindekassen spülen könnte.» Diese Argumentation gelte jedoch nur so lange, wie die Bahn tatsächlich in Betrieb sei, so die Geschäftsführerin des WWF Oberwallis. «Dass Interessen von Bahn und Gemeinde deckungsgleich sind, ändert sich jedoch abrupt, wenn die Bahn in Konkurs gehen muss», sagt Schmid. «Dann muss sich nämlich die Gemeinde mit der Frage befassen, wie der Rückbau der Anlagen finanziert werden soll, von der insolventen Bahn wird es schliesslich kein Geld für den Rückbau mehr geben.» Auf Hilfe des Kantons könnten Bahnen und Gemeinde nach der jetzigen Gesetzeslage nicht hoffen. Das Bundesgesetz über die Bergbahnen besagt nämlich, dass die Anlagen auf Kosten des Eigentümers zu entfernen sind. Da viele Gemeinden Hauptaktionärinnen ihrer Bahnen sind, stünden die Kommunen also in der Pflicht, für den Rückbau der Anlagen aufzukommen. «Solche Rückbauten sind nicht gerade billig», sagt Schmid. «Entsprechend hoch wäre die Belastung für die Gemeindekasse.» Als negatives Beispiel nennt die WWF-Geschäftsführerin das Gebiet Super-Saint-Bernard. «Die aufgegebenen Anlagen stehen in der Landschaft herum und es ist unklar, wer für den Rückbau bezahlen soll», sagt Schmid.

Keine Aussicht auf sanften Tourismus

Doch Schmid gibt nicht nur die allfälligen direkten Kosten für die Gemeinden zu bedenken. «Wenn eine Bergbahn aufgegeben werden muss, so besteht immer noch die Möglichkeit, ein bisschen Wintertourismus in Form von Winterwandern oder Schneeschuhlaufen für die Destination zu erhalten», sagt sie. «Leute, die so eine Art von ‹sanftem› Tourismus suchen, kommen allerdings nur, wenn sie eine intakte Landschaft vorfinden. was sicher nicht der Fall ist, wenn die Überreste einer Bergbahn herumstehen.» Auch darum müssten die Gemeinden daran interessiert sein, dass der Rückbau der Anlagen im Falle einer Stilllegung einer Bergbahn finanziell gesichert ist. «Schafft es eine Destination nicht, neue Angebote nach dem Niedergang einer Bergbahn zu schaffen, ist der finanzielle Schaden für die Destination und die Gemeinde doppelt gross», erklärt die Geschäftsführerin des WWF Oberwallis. «Daher ist es für mich kurzsichtig, wenn Politiker in der jetzigen Situation nur darauf bedacht sind, möglichst viel Geld aus den Finanztöpfen des Kantons für ‹ihre› Bergbahn herauszuholen.

Es droht ein neuer Fall «Sportgesetz»

Derweil ist nicht klar, ob das Bergbahnengesetz in nächster Zeit, sollte das Parlament dem Gesetz zustimmen, überhaupt zur Anwendung kommt. Die für die Förderungen der Bergbahnen in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen vorgesehenen rund 160 Millionen Franken dürften die Macher des Kantonsbudgets vor erhebliche Probleme stellen. In seiner Botschaft zum Gesetzesentwurf hält der Staatsrat denn auch fest: «Aufgrund der schwierigen Lage der Staatsfinanzen und der eingeleiteten Sparprogramme dürfte es ohne entsprechende Mehreinnahmen nicht möglich sein, die erwarteten 27 Mio. Franken pro Jahr in Form von A-fonds-perdu-Beiträgen im ordentlichen Haushalt des Kantons zu finden.» Dem Bergbahnengesetz könnte es also ergehen wie dem Sportgesetz. Auch hier hatte der Grosse Rat ein Gesetz verabschiedet, welches die Sportinfrastruktur mit 150 Millionen Franken hätte unterstützen sollen. In Kraft gesetzt wurde das Sportgesetz allerdings bis heute nicht. Der Grund: kein Geld.

Martin Meul

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Kurzinterview mit Rainer Studer, CVPO-Grossratssuppleant

Grossratssuppleant und Gemeindepräsident von Visperterminen, Rainer Studer, war in der Kommission gegen einen Fonds für den Rückbau von Liftanlagen. 

Rainer Studer, weshalb waren Sie in der Kommission gegen einen Rückbaufonds?
Die Überlegung der SP, Gelder für den etwaigen Rückbau einer Anlage zurückzustellen, kommt zu früh. Noch ist es ja nicht so, dass wir im grossen Stil mit dieser Problematik konfrontiert sind. Deshalb haben wir von der CVPO entschieden, dass wir gegen solche Rückstellungen sind, damit nicht Gelder für den Ausbau und die Unterstützung von Bergbahnen unnötig blockiert werden. Im jetzigen Moment müssen wir unterstützen, wo es möglich ist, ansonsten wird der Tourismus noch mehr in Mitleidenschaft gezogen werden.

Dennoch stellt sich die Frage, wer für den Rückbau von Anlagen aufkommen muss, sollte eine Bahn in Konkurs gehen.
Es ist klar, dass sich im Falle eines Konkurses die Frage nach der Finanzierung des Rückbaus stellen wird. Von der Bahn, die ja in Konkurs gegangen ist, wird sicher kein Geld dafür zu holen sein. Folglich wird sich sicher die Frage stellen, ob die Standortgemeinde für die Instandsetzung der Landschaft bezahlen muss. Aber wie gesagt, derzeit stellen sich diese Fragen nicht.

Die C-Parteien haben sich auch dafür eingesetzt, dass die Zwei-Millionen-Hürde aus dem Gesetz gestrichen wird, damit auch kleinere Bahnen von Unterstützung profitieren können. Ist es überhaupt realistisch, dass Projekte von kleinen Bahnen sich gegen solche von grossen Playern durchsetzen?
Wenn der Businessplan stimmt, können auch kleinere Bahnen profitieren. Im Oberwallis wären acht Bahnen von dieser Hürde betroffen. Für die CVPO ist es wichtig, dass zumindest technisch auch die kleineren Akteure die Chance haben, dass gute Projekte durch das Gesetz unterstützt werden. Wir wollten nicht, dass die kleineren Bahnen a priori keine Chance haben, an Gelder zu kommen. Es wäre schwer, eine solche Hürde den Bahnen und ihren Standortgemeinden zu erklären.

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Kommentare

  • Andrew Walther - 74

    Erstaunt nicht, dass gerade der Gemeindepräsident von Visperterminen zum Nachhaltigkeitsthema herangezogen wird. Da sind die Millionenbeträge, die die Gemeinde und auch die Bevölkerung die letzten Jahre in die Bergbahninfrastruktur investiert haben als absolut nachhaltiger Businessplan vorzuweisen. Einerseits butterte die Gemeinde und Burgergemeinde einen Millionenbetrag in die Renovation bzw. Luxusausbau des Bergrestaurants andrerseits katapultiert die Bevölkerung das Aktienkapital der Bergbahn in die Höhe damit man neuerdings Schnee per Helikopter transportiert. Und jetzt spekuliert man noch auf "Subventionen".

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