Region | Wallis
Erstes Babyfenster im Wallis
Im Spital Sitten soll diesen Herbst das erste Babyfenster der Romandie eingerichtet werden. Verzweifelte Mütter können dort anonym ihr Neugeborenes abgeben. Unbestritten sind Babyfenster jedoch nicht.
Im November 2012 sprach sich der Grosse Rat mit grosser Mehrheit für die Einrichtung eines Babyfensters im Kanton Wallis aus. Er entsprach damit einer Motion der Grossräte Michael Kreuzer (Suppl.), Pascal Nigro und Eric Jacquod. Jetzt hat der Staatsrat das Spital Wallis beauftragt, das erste Babyfenster in der Romandie zu planen und einzurichten. Laut Spitaldirektor Eric Bonvin soll dieses im Herbst 2015 eröffnet werden.
Schon seit dem Mittelalter
Babyklappen existieren seit dem Mittelalter. Eine der ersten sogenannten Drehladen wurde 1198 auf Geheiss von Papst Innozenz III. im Spital des Heiligen Geistes in Rom eingerichtet. Fast tausend Jahre später werden in verschiedenen Ländern moderne Babyklappen beziehungsweise Babyfenster betrieben mit dem Ziel, die Aussetzung oder das Töten von Neugeborenen zu verhindern.
Seit 2001 in der Schweiz
In der Schweiz wurde erstmals 2001 im Spital Einsiedeln ein Babyfenster eingerichtet. Seither sind weitere im Spital «San Giovanni», Bellinzona, im Lindenhofspital Bern, im Spital Davos, im Kantonsspital Olten und im Spital Zollikerberg dazugekommen. Initiiert wurden hierzulande die Babyfenster von der Schweizerischen Hilfe für Mutter und Kind (SHMK). Eine Stiftung, hinter der entschiedene Abtreibungsgegner stehen. Mit Ausnahme vom Standort Zollikerberg betreiben die Spitäler die Babyfenster in Zusammenarbeit mit der SHMK. Diese übernimmt die Investition, den Unterhalt sowie sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Abgabe und Pflege eines Kindes.
15 Babys abgegeben
In einem Babyfenster kann ein Neugeborenes unbehelligt vom Spitalpersonal oder Überwachungskameras anonym abgegeben werden. Das Baby wird durch eine Klappe in ein Wärmebett gelegt. Sobald die Klappe geschlossen ist, wird nach drei Minuten automatisch ein Alarm ausgelöst, sodass das Spitalpersonal das Kind versorgen kann. Seit der Einrichtung der ersten Babyklappe 2001 wurden laut SHMK in der Schweiz insgesamt 15 Babys abgegeben.
Nicht unbestritten
Babyklappen stehen allerdings auch in der Kritik. Eine entschiedene Gegnerin von Babyfenstern ist Anne-Marie Rey, Vorkämpferin für einen straflosen Schwangerschaftsabbruch: «Die extremen Abtreibungsgegner der
SHMK wollen sich mit ihrer Babyklappen-Aktion in Szene setzen. Dabei nützen Babyklappen nichts. Studien in Deutschland haben bewiesen, dass dort trotz Babyklappen weder die Zahl der Kindstötungen noch Lebendaussetzungen zurückgegangen sind.» Auch der Deutsche Ethikrat, ein unabhängiger Sachverständigenrat, empfiehlt, alle existierenden Babyfenster zu schliessen. Ebenfalls sehr kritisch zum Thema äussert sich auf seiner deutschen Homepage das Kinderhilfswerk Terre des Hommes: «Das Konzept von Babyklappen darf als gescheitert angesehen werden.» Weit vorsichtiger formuliert es Fouzia Rossier vom Schweizer Ableger von Terre des Hommes: «Es wäre kurzsichtig, Babyklappen pauschal zu verurteilen, weil sie manchmal Leben retten. Wir sollten aber nicht vergessen, dass jedes Kind das Recht hat, die eigene Herkunft zu kennen. Daher ist es wichtig, so viel wie möglich zu tun, um Mütter zu ermutigen, die entsprechenden Informationen mitzuteilen.» Die Kantone Baselland und Thurgau haben sich gegen das Einrichten von Babyfenstern entschieden. In Basel will man auf die «Diskrete Geburt» setzen. Dabei hat das Kind, wie auch bei Adoptionen, mit 18 Jahren das Recht, die Personalien seiner Eltern zu verlangen. Im Gegensatz zu Babyklappen bleibt so das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung gewahrt.
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Kommentare
Diko - ↑3↓2
Ich glaube, es ist eine der schwersten Entscheidungen im Leben einer Frau ein Kind abzutreiben oder ein Neugeborenes, was man über Monate im Körper gespürt hat, wegzugeben. Ich halte es für sehr verantwortungsbewusst, wenn eine Frau oder eine Familie zugibt, nicht angemessen für ein Kind Sorgen zu können und danach solche Möglichkeiten nutzt. Es ist allen geholfen, wenn das Baby danach die Möglichkeit hat in einer liebevollen und fürsorglichen Umgebung aufzuwachsen, auch wenn es nicht bei den leiblichen Eltern ist.
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ArtH - ↑2↓3
Nein lieber Herr Julian Albrecht
beides trifft nicht zu, ich rede nur deutsch. Die ganze Problematik hinkt genau dort und nirgendwo anders. Die wichtigsten Werte gelten nichts mehr, ja, sie werden verachtet. Es findet eine Art Olympiade statt, wer mehr und öfter.......
Und die Behörden setzen alles dran, um dies noch mit allen Mitteln zu fördern. Die Entwicklung geht genau in diese schreckliche Richtung. In Kürze werden wohl in den Kindergärten hinter Vorhängen einige Mattratzen liegen, damit die Kleinen ihre ersten Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht sammeln können.
Dann wird es noch mehr "Fenster" brauchen. Wohin soll das noch führen?
Julian Albrecht - ↑5↓1
Lieber ArtH, deine Wortwahl ist wie deine Argumente: völlig unangemessen.
ArtH - ↑1↓4
Aber hallo Diko
es gibt keine Entscheidung, ein Kind abzutreiben oder wegzuwerfen. Ein Kind ist kein Wegwerfartikel! Wer mit jedem/jeder Partner/in ins Bett hüpft soll auch die Konsequenzen tragen. Kann er/sie das nicht, so lässt man das Spielchen oder verhütet zumindest wirkungsvoll. Alles andere ist - was es ist schreibe ich hier nicht sonst wird es nicht veröffentlicht - kann amn sich aber demzufolge gut vorstellen.
Es geht nicht um die Entscheidung ein Baby - ja oder nein. Es geht um die Entscheidung, muss ich mit jedem/jeder in die Kiste?
Boris Smutov - ↑13↓7
Das scheint mir eine wirklich heikle Angelegenheit zu sein. Wer kann garantieren, dass hier nicht auch kranke Kinder oder gar illegal im Land befindliche Kinder eingeschleust werden?
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Petsch - ↑19↓1
Verantwortung? Man wälzt heute alles ab frag mal bei Lehrer in der Primar oder Sek nach. Es gibt sehr viele Konservative Mitmenschen auch hier im Oberwallis die Sex und Verhütung Tabuisieren. Das soll aber keine Ausrede sein, gerade als Mann sollte man schon ein bisschen den Teller Rand denken können - Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
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ArtH - ↑20↓6
"Rumjodeln" wie verrückt und wenns dann einschlägt, Baby einfach in ein "Babyfenster" schmeissen, oder zum Balkon runterwerfen, oder.. oder.. oder... Hauptsache, dieser Klotz am Bein ist weg! Das Schlimme an diesem Graus ist, dass es von Gesetz, Behörden und "öffentlicher Meinung" noch gefördert wird.
Wann lernt Mensch endlich mal Verantwortung zu übernehmen???
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