Susten | René Volken war klinisch tot
«Eine Nahtod-Erfahrung hat mein Leben verändert»
Nach einem Herzstillstand schwebt René Volken in Lebensgefahr. Während der Reanimation macht er eine Nahtod-Erfahrung, die sein ganzes Leben auf den Kopf stellt.
René Volken lacht. Der 44-jährige Berufschauffeur strotzt vor Lebensenergie. Dabei hing sein Leben vor erst anderthalb Jahren an einem seidenen Faden. Nach einem Herzinfarkt erleidet Volken einen Herzstillstand. Noch während er reanimiert wird, macht er eine Nahtod-Erfahrung – mit Folgen.
Kampf um Leben und Tod
Es ist Freitag, der 24. Juni 2016. René Volken und sein Sohn Joel (18) beschliessen, an die Schulabschlussfeier von Joana (16), der jüngsten Tochter der Volkens, zu fahren. Die Stimmung ist getrübt. Der Grund: Erst vor zwei Tagen wurde Denise, die Frau von René Volken, zu Grabe getragen. «Meine Frau kämpfte zwei Jahre lang gegen einen Hirntumor, dem sie schliesslich erlag.» Nach der Schulmessfeier fahren René und die zwei Kinder zum Mittagessen zu seiner Mutter nach Turtmann. «Da ich seit längerer Zeit Magenbrennen hatte und die Schmerzen an diesem Tag besonders gross waren, habe ich nichts gegessen», sagt Volken. Auf Drängen seiner Mutter fährt Volkens Sohn Joel den Vater in die Notaufnahme ins Visper Spital. Kaum dort angekommen, verliert René Volken das Bewusstsein. Der Verdacht: Herzinfarkt. Volken wird mit Blaulicht ins Spital nach Sitten gefahren. Hier kommt es noch schlimmer. «Wie ich später erfahren habe, hat mein Herz neuneinhalb Minuten ausgesetzt», sagt Volken.
Rätselhafte Begebenheit
Während die Ärzte und Schwestern um sein Leben kämpfen und er mit einem Defibrillator reanimiert wird, macht Volken die Erfahrung seines Lebens. «Auf einmal wurde ich von einem starken Licht geblendet. Ich habe so etwas noch nie gesehen», erinnert er sich. «Plötzlich stand meine tote Frau neben mir und hat mich in den Arm genommen. Auf meine Frage, wie es ihr gehe, antwortete sie, es gehe ihr gut. Sie küsste mich und hat zu mir gesagt, ich solle zu den Kindern schauen und nicht lange alleine bleiben.» Volken wischt sich eine Träne aus den Augen. «Dieses Momentum war sehr intensiv. Viel mehr als ein Traum. Während ihrer Anwesenheit spürte ich ein unglaubliches Glücksgefühl und hatte den sehnlichen Wunsch, für immer bei ihr zu bleiben.» Ein starker Stromstoss holt Volken jedoch jäh in die Realität zurück. «Auf einmal spürte ich einen starken körperlichen Schmerz. Ich wusste nicht, wo ich war, und es tat fürchterlich weh.» Volken schreit vor Schmerz. Erst später erfährt er, dass er reanimiert wurde und nur knapp dem Tod entronnen ist. Zwei Tage nach dem Vorfall kommt er wieder vollends zu Bewusstsein. «Als ich aufwachte, sah ich eine Uhr an der Wand – es war 12.30 Uhr. Zugleich spürte ich, wie mir eine Frau die Hand auf die Stirn legte.» Obwohl Volken die Anwesenheit dieser Frau realitätsnah wahrnimmt, ist sie Sekunden später wieder verschwunden. Nur die Krankenschwester steht im Raum. «Ich konnte mir überhaupt keinen Reim darauf machen, wer diese Frau gewesen war und was sie von mir wollte. Nicht zuletzt deshalb, weil ich sie nur flüchtig kannte.» Erst Wochen später erfährt René Volken, was es mit der unbekannten Frau auf sich hat.
Zufall oder Schicksal?
Sechs Tage später wird Volken aus dem Spital entlassen. Trotz der guten Genesung nimmt er viele Fragen mit nach Hause. «Wieso habe ich diese Nahtod-Erfahrung gemacht? War die Frau bei mir im Zimmer? Und was will mir diese Begebenheit sagen?», fragt er sich immer wieder. Nach einigem Hin und Her schreibt er seine Erlebnisse in einem Heft nieder und beginnt damit, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Sein Nahtod-Erlebnis behält er vorerst für sich. «Schliesslich machte ich mich auf den Weg, um die Frau zu finden, die mir am Spitalbett die Hand auf die Stirn gelegt hatte.» Volken weiss zu diesem Zeitpunkt einzig, dass diese Frau in einem Restaurant in Gampel arbeitet. «Fortan fuhr ich regelmässig in das besagte Restaurant, um etwas zu trinken.» Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiss, ist, dass die besagte Person, Evelyne Anthamatten (49), ebenfalls eine skurrile Begegnung hatte. «Als René am besagten Sonntag im Spital wieder zu Bewusstsein kam, war ich zeitgleich um 12.30 Uhr am Flughafen Antalya in der Türkei und wartete im Flughafengebäude auf meinen Koffer. Plötzlich berührte mich jemand an der Schulter, und als ich mich umdrehte, stand René, den ich damals nur flüchtig kannte, hinter mir. Zugleich flüsterte eine Frauenstimme zu mir: ‹Er ist angekommen.›.» Noch ehe sie sich versieht, ist der Spuk auch schon vorbei. Evelyne Anthamatten kann sich keinen Reim darauf machen und fliegt nach den Ferien mit vielen offenen Fragen wieder nach Hause. Als sie René Volken zum ersten Mal im Restaurant sieht, fällt es ihr wie Schuppen von den Augen. Schliesslich offenbaren die beiden einander ihre unglaubliche Geschichte. «Wir haben einander nur angeschaut und geweint», sagt Anthamatten. Schliesslich verlieben sich René Volken und Evelyne Anthamatten ineinander. «Dass ich mich so kurz nach dem Tod meiner Frau verliebe, hätte ich fast nicht für möglich gehalten. Aber die Gefühle kann man nicht steuern», sagt Volken, der überzeugt ist, dass seine verstorbene Frau hier ihre Finger im Spiel hatte. «Denise wäre es wichtig gewesen, dass ich wieder glücklich werde.»
Walter Bellwald
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Kommentare
Carmen Walpen, Ferenbalm - ↑3↓0
Wunderschöne und spannende Erfahrungen. Alles Gute euch beiden...
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