Region | Oberwallis
«Ein Desaster für die Berggebiete»
Der Nationalrat stimmt dem Kompromiss zur Zweitwohnungsinitiative zu, den SVP, FDP und Vera Weber gefunden haben. Auf das Wallis kommen schwierige Zeiten zu.
«Das ist ein Desaster für die Berggebiete», sagt Bruno Ruppen, Vorsitzender des Netzwerkes der Oberwalliser Berggemeinden. Der Gemeindepräsident von Saas-Grund spricht die im Nationalrat beschlossene Vereinbarung über die Zweitwohnungsinitiative an. Um die Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative nicht weiter zu verzögern und ein angedrohtes Referendum zu verhindern, machten SVP und FDP den Initianten wichtige Zugeständnisse und ebneten damit den Weg für einen Kompromiss. So will eine Mehrheit im Nationalrat, dass künftig nur noch «ortsbildprägende» und nicht wie bisher vorgesehen «erhaltenswerte» Bauten für Zweitwohnungen umgenutzt werden können. Dies habe schwerwiegende Konsequenzen fürs Oberwallis, sagt Bruno Ruppen: «Die Bemühungen von zahlreichen Oberwalliser Gemeinden, ihre alten Dorfkerne wiederzubeleben und dabei ungenutzte Ökonomiegebäude umzunutzen und so vor dem Verfall zu bewahren, wird deutlich erschwert.»
Viele offene Fragen
Auch der Anwalt und Notar Aron Pfammatter findet die im Nationalrat beschlossene Regelung fragwürdig: «Betrachtet man die ‹Weber-Initiative› primär als Landschaftsschutzinitiative, stellt sich die Frage, weshalb man nicht sämtliche vorbestandenen Gebäude, also nicht nur die bereits bewohnten, zu den altrechtlichen zählt und eine freie Umnutzung zulässt. Der Bodenverbrauch bliebe nämlich derselbe. Und an Bauruinen besteht kein Interesse.» Doch genau diese Gefahr besteht: Viele Maiensässgebiete und Weiler fallen nicht unter den Status «ortsbildprägend». Auch das Argument, dass endlich Rechtssicherheit hergestellt werde, lässt Pfammatter nicht gelten: «Rechtssicherheit ja, aber mir wäre lieber, noch ein wenig zu warten und dafür ein besseres Gesetz zu erhalten. Ausserdem werden auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zahlreiche Fragen offen bleiben.» Ein weiterer Aspekt wirft Bruno Ruppen ein: «Zahlreiche Oberwalliser Dörfer kämpfen gegen die Abwanderung und sind um jede Familie froh, die im Ort sesshaft wird. Doch jeder junge Familienvater wird sich jetzt zweimal überlegen, in einer kleinen Gemeinde ein Einfamilienhaus zu bauen oder eine Wohnung zu kaufen. Muss er, etwa berufshalber, wegziehen, wird es sehr schwer werden, die Immobilie wieder zu verkaufen. Denn eine Erstwohnung darf nicht als Zweitwohnung verkauft werden.»
Umnutzung von Hotels erschwert
Ein weiterer Punkt in der Kompromissvereinbarung ist, dass touristisch bewirtschaftete Wohnungen in Zukunft nicht mehr von der Initiative ausgenommen werden. Dazu sollen unrentable Hotels nur noch maximal zu 50 Prozent in Zweitwohnungen umgenutzt werden dürfen. «Ein kleines, nicht mehr rentables Hotel mit vielleicht 20 Zimmern kann man nicht halbieren», gibt Ruppen zu bedenken und befürchtet: «In Zukunft müssen noch mehr Betriebe stillgelegt werden.»
Frank O. Salzgeber
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Kommentare
Siggi - ↑5↓3
Der Wind bläßt uns ins Gesicht. Dummerweise ist dieses Problem hausgemacht. Ob die Wähler absehen, was sie anrichten, oder ob sie emotionalisiert gegen eigene Interessen stimmen?
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