Dorf ABC | Übernamen in der Gemeinde Obergoms
«Die Oberwaldner waren nicht immer die treusten Seelen»
Am 1. Januar 2009 fusionierten die damaligen Gemeinden Oberwald, Obergesteln und Ulrichen zur Gemeinde Obergoms. Seitdem gehen die drei Dorfschaften ihren Weg gemeinsam, ihre Übernamen haben sie allerdings behalten.
So werden die Menschen, die in Oberwald zu Hause sind, «Schwinggini» gerufen. Nicht gerade der schmeichelhafteste Übername im Oberwallis. Doch nur auf den ersten Blick. So erzählt man sich, dass einst eine grosse Persönlichkeit über die Grimsel gekommen sei und beim Anblick der Schönheit von Oberwald gesagt haben soll: «Die Leute, die hier wohnen, haben schon Schwein.» Die «Schwinggini» aus Oberwald sind also Glücksschweine. «Diese Erklärung für unseren Übernamen gibt es tatsächlich», sagt Agnes Schaffner-Kreuzer, die in Oberwald Dorfführungen anbietet und sich mit der Geschichte des Dorfs auskennt. «Es ist allerdings nicht die einzige Erklärung für unseren Übernamen.» Die zweite Erklärvariante ist dagegen deutlich weniger schmeichelhaft, als jene mit den Glücksschweinen. «Es heisst: Die Oberwaldner waren nicht immer die treusten Seelen, haben gerne einem unter dem Trog hindurch gefressen», sagt Schaffner-Kreuzer und lacht. «Darum wurden wir die ‹Schwinggini› genannt. Später wurde daraus ‹Gaschini›. Das ein etwas humanerer Ausdruck.» Etwas weiter das Goms hinunter werden die Ulricher derweil die «Lischechnäter» gerufen. «Das Gebiet von Ulrichen war früher sehr sumpfig», erklärt ein Ulricher. «Entsprechend oft mussten sich die Leute hier mit der ‹Lische› herumschlagen, daher unser Übername.» Die Leute aus Obergesteln werden im Goms «d Judä» gerufen, genau wie die Leute aus Visperterminen. «Die Obergestler sind clever und wissen, wie man Geld macht», sagt Agnes Schaffner-Kreuzer. «Man erzählt sich, dass die Obergestler ihr Territorium vergrössert haben, indem sie einfach die Alp im Gehretal annektiert haben.» Zuerst hätten die Oberwaldner, denen die Alp ursprünglich gehörte, die Obergestler diese benützen lassen. «Eines Tages sagten die ‹Judä› dann, dass ihnen die Alp gehört. Clevere Leute eben», sagt Agnes Schaffner-Kreuzer.
Martin Meul
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