Region | Heftige Kritik aus der Deutschschweiz
Die meisten arbeitslosen Knechte wohnen im Wallis
57 Prozent aller arbeitslosen landwirtschaftlichen Gehilfen sind im Wallis registriert. Für Bauernverbandspräsident Markus Ritter müssen 25 Kantone nun ausbaden, was in einem einzigen Kanton schief läuft.
Seit dem 1. Juli gilt für einzelne Berufsarten eine Stellenmeldepflicht. Demzufolge müssen Arbeitgeber von Berufsarten mit einer Mindestarbeitslosenquote von 8 Prozent alle offenen Stellen erst den öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen RAV melden, bevor sie fünf Arbeitstage ausschreiben dürfen. Auch landwirtschaftliche Gehilfen, die heute gebräuchliche, moderne Bezeichnung für einen Knecht, fallen darunter, weil diese schweizweit eine Arbeitslosenquote von 9 Prozent aufweisen.
Wallis treibt die Quote hoch
Da aber der Kanton Wallis diese Quote massgeblich in die Höhe treibt, stösst das dem Präsidenten des Schweizerischen Bauernverbands (SBV), Markus Ritter, sauer auf. «Es kann nicht sein, dass Bauern in 25 Kantonen ausbaden müssen, was in einem einzigen Kanton schief läuft», betont er. «In Zahlen ausgedrückt: 57 Prozent aller arbeitslosen Gehilfen unseres Landes sind im Wallis registriert. In allen übrigen
25 Schweizer Kantonen würde die Quote im Durchschnitt bei gerade mal 4,7 Prozent liegen.» Zum Vergleich: Im Kanton Bern hatten 2016 nur 29 Bauernhelfer keine Arbeit, im Wallis dagegen 294.
Inländervorrang
Beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und bei der Dienststelle für Industrie, Handel und Arbeit (DIHA) in Sitten bestätigt man die genannten Zahlen. Das SECO ergänzt allerdings, dass auch in den Kantonen Neuenburg, Schaffhausen, Tessin und Waadt diese 8-Prozent-Hürde überschritten wird. DIHA-Chef Peter Kalbermatten spricht zudem von einem «Inländervorrang superlight» und fragt rhetorisch: «Wie kann man von Ausbaden sprechen, wenn der Gesetzgeber lediglich einen zeitlichen Informationsvorsprung von fünf Tagen einräumen will, bevor Bauern Angestellte vom ausländischen Arbeitsmarkt rekrutieren?» Ausserdem verweist Kalbermatten darauf, dass sich die höheren Arbeitslosenzahlen im Wallis dadurch erklären lassen, dass für eine sehr kurze Zeitspanne, etwa zum Schneiden von Reben, für die Ernte oder für die Weinlese, massiv auf Arbeitskräfte zurückgegriffen werden müsse. Kommt hinzu, dass sich im Wallis vielerorts keine Maschinen einsetzen lassen und deshalb Arbeitskräfte benötigt werden.
Keine Stellenmeldepflicht
«Wenn die Praxis des Kantons Wallis rechtens ist, kritisiere ich diese Haltung nicht», kontert Ritter. Er will aber, dass das System des Inländervorrangs grundsätzlich geändert wird. «Wir wollen Regionalität auch bei der Stellenmeldepflicht.» So könnten Bauern in der Zentral- und Ostschweiz mit wenig Arbeitslosen ohne den bürokratischen Mehraufwand einer Stellenmeldepflicht landwirtschaftliche Gehilfen einstellen, während das Wallis der vielleicht einzige Kanton bliebe mit einer Meldepflicht. Von dieser Idee hält man jedoch beim SECO nichts. Mediensprecher Fabian Maienfisch antwortet: «Stellensuchende Personen sind gehalten, auch Stellen ausserhalb ihres Wohnkantons zu suchen und anzutreten. Eine kantonale oder regionale Einschränkung der Meldepflicht würde den Informationsvorsprung für viele Stellensuchende aber einschränken und dem Willen des Gesetzgebers widersprechen.
Christian Zufferey
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