Meinung | Zu den eidgenössischen Wahlen
Die Kritik an Eggers Abwahl offenbart die Zerrissenheit im Wallis
Die Abwahl von CSPO-Mann Thomas Egger wird vielerorts als Rückschlag für die Interessenvertretung des Oberwallis und der Berggebiete in Bern gesehen. Dabei geht vergessen, dass alle Nationalräte aus dem Wallis Vertreter des Berggebiets sind. Eine Einschätzung.
Geknickt war er und enttäuscht. Nach zweieinhalb Jahren im Nationalrat ist Thomas Eggers Abenteuer in Bern vorbei. Noch am Sonntagabend erklärte der Kandidat der CSPO auch seine politische Karriere als beendet, das Amt als Gemeinde- oder Grossrat komme für ihn nicht infrage, so der Visper. Egger liess es sich aber nicht nehmen, seine Abwahl in einen grösseren Kontext zu stellen. «Die Enttäuschung ist riesig», sagte er gegenüber rro. «Verlierer bin nicht ich, sondern das Oberwallis. Es kann nicht sein, dass wir nur zwei von acht Sitzen haben.» Daher, so der Direktor der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB), brauche das Oberwallis jetzt einen Ständeratssitz zugesichert.
Noch gut bedient
Eggers Wort sind indes Wasser auf die Mühlen vieler Wählerinnen und Wähler im oberen Kantonsteil. In den sozialen Medien schlossen sich viele Kommentatoren Eggers Einschätzung, seine Abwahl sei ein Rückschlag für das Oberwallis, an. Doch sprechen die Zahlen eine andere Sprache. Der Bevölkerungsanteil des Oberwallis an der Gesamt-bevölkerung des Kantons beträgt in etwa 28 Prozent, Tendenz sinkend. Bei acht Sitzen im Nationalrat hätte das Oberwallis demnach Anspruch auf 2,24 Sitze in der grossen Kam-mer. Bekanntlich kann man aber Nationalrätinnen und Nationalräte nicht in Teile schneiden, und so sind zwei Sitze für das Oberwallis absolut in Ordnung. Um Anspruch auf drei Sitze zu haben, müsste das Oberwallis nämlich einen Bevölkerungsanteil von 37 Prozent aufweisen, was wohl in naher Zukunft kaum jemals wieder der Fall sein wird. Mit zwei Vertretungen im Nationalrat ist der deutschsprachige Kantonsteil also gut bedient.
Alles im Wallis ist Berggebiet
Auch die zweite Einschätzung, Eggers Abwahl schwäche die Interessenvertretung des Berggebiets in Bern, ist nur bedingt gültig. Zwar verliert das Berggebiet mit dem SAB-Direktor tatsächlich einen engagierten Lobbyisten in Bundesbern. Doch der Verlust ist nicht so gravierend wie es auf den ersten Blick scheint. Denn faktisch ist es egal, welcher Walliser Nationalrat in Bern Politik macht. Denn im nationalen Kontext ist alles, was aus dem Wallis kommt, Rand- und Berggebietspolitik. Selbst ein Nationalrat aus Sitten vertritt die Anliegen einer kleinen Welt – die Kantonshauptstadt liegt nämlich lediglich auf Platz 20 der grössten Schweizer Städte. Wer daher glaubt, im Wallis gebe es einen Stadt-Land-Graben, irrt und heizt lediglich die innerkantonale Zerrissenheit an. So offenbaren die Einschätzungen zur Abwahl von Thomas Egger lediglich, wie uneins man im Wallis ist und dass man von einem Zusammengehörigkeitsgefühl meilenweit entfernt ist. Will das Wallis allerdings in Bern Politik in seinem Sinne machen, so muss es mit einer Stimme auftreten, egal ob diese Französisch oder Deutsch spricht.
Martin Meul
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