Sitten | Staatsratswahlen 2017

Der Kampf um die freien Plätze im Walliser Staatsrat

Schafft die amtierende SP-Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten die Wiederwahl?
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Schafft die amtierende SP-Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten die Wiederwahl?
Foto: RZ

Stéphane Rossini will in die Walliser Regierung einziehen.
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Stéphane Rossini will in die Walliser Regierung einziehen.
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FDP-Nobody Frédéric Favre hat gute Aussenseiterchancen.
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FDP-Nobody Frédéric Favre hat gute Aussenseiterchancen.
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SVP-Staatsrat Oskar Freysinger steht mit dem Rücken zur Wand.
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SVP-Staatsrat Oskar Freysinger steht mit dem Rücken zur Wand.
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Quelle: RZ 1

Die Ausgangslage könnte spannender nicht sein: Neben den drei C-Vertretern Christophe Darbellay (CVP), Jacques Melly (CVP) und Roberto Schmidt (CSP), die dem zweiten Wahlgang entspannt entgegenblicken können, kämpfen Esther Waeber-Kalbermatten und Stéphane Rossini (beide SP), Oskar Freysinger (SVP) und Frédéric Favre (FDP) um die verbleibenden zwei Plätze in der Walliser Regierung. Wir haben den vier Kandidaten auf den Zahn gefühlt.

Esther Waeber-Kalbermatten, SP, Bezirk Brig

Esther Waeber-Kalbermatten, wie haben Sie die vergangenen Tage seit dem ersten Wahlgang erlebt?
Zuallererst bin ich sehr dankbar für die grosse Unterstützung, dank derer ich in diesem schwierigen Wahlkampf prozentual gegenüber 2013 zulegen konnte. Im Departement ging die Arbeit normal weiter und abends war ich viel an politischen Veranstaltungen und Mediendebatten.

Die SP steigt mit zwei Kandidaten in den zweiten Wahlgang, mit dem Risiko, dass Sie als amtierende Staatsrätin abgewählt werden. Ein Spiel mit dem Feuer?
Die Dynamik des zweiten Wahlgangs ist nicht zu unterschätzen. Um gewählt zu werden, bin ich wiederum auf eine breite Unterstützung von möglichst vielen Walliserinnen und Wallisern angewiesen. Die grosse Frauensolidarität aus allen politischen Lagern weiss ich sehr zu schätzen.

Das Oberwallis steht, zumindest nach aussen hin, geschlossen hinter Ihrer Kandidatur, während Ihr Parteikollege Stéphane Rossini im Unterwallis das drittbeste Resultat eingefahren hat. Wird die Wahl letztlich zu einer Zerreissprobe für den Kanton?
Dem ist nicht so. Meinerseits habe ich von Beginn an auf Fairplay innerhalb der Partei gesetzt. Auch im welschen Kantonsteil habe ich ein gutes Resultat erreicht und als Anerkennung für meine Arbeit auch von anderen Parteien Unterstützung erhalten. Das zeigt, dass auch das Welschwallis eine Oberwalliser Zweiervertretung anerkennt, diesmal mit Roberto Schmidt und mir. Mit der Unterstützung möglichst vieler kann dies gelingen.

Mit Oskar Freysinger ist der amtierende SVP-Staatsrat trotz Wahlschlappe im ersten Durchgang weiterhin ein heisser Kandidat. Spielt ihm das SP-Zweierticket im zweiten Wahlgang in die Karten?
Das glaube ich nicht. Meinerseits kam meine klare Botschaft für ein starkes und offenes Wallis bereits im ersten Wahlgang gut an. Ich stehe ein für eine glaubhafte und kohärente Politik in der Regierung.

Wer ist für Sie der grössere Gegenspieler: Oskar Freysinger oder Ihr Parteikollege Stéphane Rossini?
Mein Ziel ist es, wieder ein gutes Resultat zu erreichen und schlussendlich gewählt zu werden. Meine Partei, wie auch die PSVR im Welschwallis, stehen hinter mir und dazu viele Frauen und Männer aus anderen Parteien.

Wie beurteilen Sie Ihre Wahlchancen?
Mit meiner bisherigen geradlinigen Politik will ich mich weiterhin für ein starkes Wallis einsetzen. Ich bitte alle Wählerinnen und Wähler nochmals wählen zu gehen. Ihre Stimme für mich würde mich sehr freuen. Dann bin ich recht zuversichtlich.

Stéphane Rossini, SP, Bezirk Conthey

Stéphane Rossini, Sie greifen den Oberwalliser Sitz Ihrer Partei­kollegin Esther Waeber Kalbermatten an. Ist das sozial?
Das stimmt so nicht. Roberto Schmidt und Esther Waeber-Kalbermatten sind praktisch gewählt. Die beiden Sitze für das Oberwallis sind für mich aufgrund der Resultate im ersten Wahlgang gesichert. Es gibt kein Risiko mehr für das Oberwallis. Die einzige Frage, die sich jetzt noch stellt, ist, wollen wir eine Regierung mit oder ohne Oskar Freysinger?

Sie erwarten einen Dreikampf zwischen Oskar Freysinger, Frédéric Favre und Ihnen um einen verbleibenden Sitz?
Genau. Die drei C-Kandidaten sind für mich ebenso gewählt wie Frau Waeber-Kalbermatten. SP, SVP und FDP streiten sich am Sonntag um einen Sitz. Für die Bevölkerung gilt es, sich die Frage zu stellen: Wollen wir ein offenes und modernes Wallis mit einer Mitte-links-Regierung, wie sie der Kanton Waadt bereits hat, oder wollen wir eine konservative Revolution in unserem Kanton?

SP-alt-Staatsrat Peter Bodenmann spricht von möglichen zwei SP-Sitzen im Staatsrat. Ist das realistisch?
Ich weiss nicht, wie realistisch das ist. Fakt ist, dass diese Chance besteht. Die Bevölkerung hat ein klares Signal gegeben, dass sie sich eine neu zusammengestellte Regierung wünscht. Peter Bodenmann ist bekannt dafür, dass er viele Visionen hat (lacht). Aber von mir aus sind es nicht die zwei SP-Sitze, die im Vordergrund des zweiten Wahlgangs stehen.

Sondern?
Die Bevölkerung wählt Personen, sie hat sich im ersten Wahlgang klar auf die Köpfe, losgelöst von der Partei jedes einzelnen Kandidaten, fokussiert. Und nun geht es darum, die SVP aus dem Staatsrat zu kippen.

Und Sie sollen anstelle von Freysinger in die Kantonsregierung einziehen?
Ja. Die Resultate aus dem ersten Wahlgang zeigen klar auf, dass die Bevölkerung mit der Arbeit des amtierenden Staatsrates Oskar Freysinger nicht zufrieden war. Zu Favre gilt zu sagen, dass er keine politische Erfahrung hat. Diese ist zwingend nötig im Staatsrat. Als ehemaliger Grossrat und langjähriger Nationalrat bringe ich genügend Erfahrung mit.

Wie beurteilen Sie Ihre Wahlchancen?
Es wird schwierig für mich. Einerseits habe ich im Unterwallis das drittbeste Resultat sämtlicher Kandidaten erzielt, damit bin ich sehr zufrieden. Doch ich weiss, wenn ich gewählt werden will, muss ich diese 29 531 Stimmen aus dem Unterwallis nochmals toppen. Und: Aufgrund der Bezirksklausel muss ich vor Favre liegen.

Oskar Freysinger, im ersten Wahlgang mussten Sie eine herbe Schlappe
einstecken. Sind Ihre politischen Eskapaden für die Niederlage ausschlaggebend oder die Dissidentenkandidatur von Nicolas Voide?
Wohl beides. Die Strategie konnte nicht aufgehen, weil ich die Stärke der involvierten politischen Kräfte falsch eingeschätzt habe. Und mein politischer Aktivismus neben meiner Rolle als Staatsrat scheint bei den Wählern ebenfalls schlecht angekommen zu sein.

Oskar Freysinger, SVP, Bezirk Sitten

Und nun? Welche Strategie zaubert Oskar Freysinger aus dem Hut?
Ich appelliere an die Wähler, indem ich sie bitte, zu berücksichtigen, dass sie an mir einen aufrechten, Klartext redenden, intellektuell ehrlichen, unbescholtenen, entscheidungsstarken und von keiner Interessengruppe gekauften Staatsrat haben. Hinzu kommen die grosse politische Erfahrung, die kollegiale Haltung in der Regierung und der dezidierte Einsatz für unsere Sicherheit, unsere Identität und unsere Werte sowie ein humanistisches und zugleich anspruchsvolles Bildungssystem.

Sie wählen die Flucht nach vorne und betonen, dass Sie eigentlich ein Oberwalliser Staatsrat sind. Ist diese Aussage politisches Kalkül?
Das ist keine Flucht nach vorne, sondern Realität. Ich bin Burger von Guttet-Feschel, bin immer nur in die deutsche Schule gegangen, habe mütterlicherseits meine Wurzeln in Embd, im Goms und in Gampel. Ohne meine Anwesenheit im Staatsrat wäre für verschiedene Oberwalliser Anliegen nie eine Mehrheit zustande gekommen (Höhere Fachschule in Visp, Verbleib der Physiotherapie in Leukerbad, differenzierte Ferienpläne für die Oberwalliser Schulen usw.).

Mit der amtierenden Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten und Stéphane Rossini kommen Ihre direkten Widersacher aus dem linken Lager, während die FDP mit Frédéric Favre einen Nobody nominiert. Von welcher Seite droht Ihnen die grössere Gefahr?
Die grösste Gefahr liegt darin, dass eine 13,5%-Partei wie die SP fortan über zwei Sitze im Staatsrat verfügen könnte, was das gesamte politische Gleichgewicht im Wallis aus den Angeln heben würde. Die zweitgrösste darin, dass ein Kandidat, der erst vor einem Jahr Mitglied einer Partei geworden ist und nicht über die geringste politische Erfahrung verfügt, in einer schwierigen Zeit in die Regierung katapultiert wird. Das wäre eine völlige Abwertung des staatsrätlichen Status.

Wie beurteilen Sie Ihre Wahlchancen?
Entweder wollte mich das Volk im ersten Wahlgang nur in die Schranken weisen und wird mir im zweiten sein Vertrauen wieder aussprechen, oder aber die Wähler finden, dass ich der Sache genug gedient habe. Keine Ahnung, was obsiegen wird.

Frédéric Favre, FDP, Bezirk Conthey

Frédéric Favre, Sie haben einen Rückstand von rund 10 000 Stimmen auf Stéphane Rossini, den fünften des ersten Wahlgangs. Weshalb treten Sie im zweiten Wahlgang nochmals an?
Der Rückstand auf Rossini beträgt weniger als 10 000 Stimmen. Er hat viele Stimmen von ausserhalb seiner Partei erhalten, die er beim zweiten Wahlgang nicht mehr erhalten wird. Aufgrund der offenen Liste habe ich nicht alle FDP-Stimmen für mich holen können, das ändert sich beim zweiten Wahlgang. Ich gehe in die zweite Runde, um der Walliser Bevölkerung eine Alternative zu bieten. Die SP hat etwas mehr als 14 Prozent der Sitze im Grossrat, es ist normal, dass sie von der amtierenden Staatsrätin Esther Waeber-Kalbermatten vertreten ist, aber zwei von fünf Sitzen zu beanspruchen, ist viel zu viel und gäbe ein komplettes Ungleichgewicht. Viele Walliser haben auch gezeigt, dass sie Oskar Freysinger nicht mehr in der Regierung haben wollen. Ein Mitte-rechts-Kandidat ist die beste Antwort.

Im ersten Wahlgang erhielten Sie aus dem Oberwallis nur gerade 1026 Stimmen. Wie gedenken Sie, dort mehr Stimmen zu gewinnen?
Da ich aus dem gleichen Bezirk wie Herr Rossini komme, beschütze ich (indirekt) Frau Waeber-Kalbermatten. Das begreift man im Oberwallis sicher auch.

Wie sieht die ideale parteipolitische Zusammensetzung im Staatsrat aus?
In Anbetracht der Resultate des ersten Wahlgangs wäre eine Regierung mit Frau Waeber-Kalbermatten und den Herren Schmidt, Darbellay, Melly und Favre eine Zusammenstellung, welche die Walliserinnen und Walliser repräsentiert, und die kollegial zusammenarbeiten könnte.

Im Gegensatz zu Ihren Konkurrenten haben Sie wenig politische Erfahrung. Warum soll man trotzdem Frédéric Favre wählen?
Wir sprechen von einer Exekutive, und da habe ich viel Erfahrung. Ich bin Verwaltungsmitglied des zweitgrössten Arbeitgebers im Kanton, und ich arbeite im ganzen Kanton (Ober- und Unterwallis). Als verheirateter Vater von drei Kindern im Schulalter kenne ich die Sorgen der Familien heutzutage. Als Mitglied des kantonalen Sportfonds-Kommission bin ich bestens in der Welt des Walliser Sports verankert.

Was würde sich ändern, mit Frédéric Favre als Walliser Staatsrat?
Ein zusätzlicher Blickwinkel aus der Welt der Privatwirtschaft, um Arbeitsplätze und Lehrstellen im Wallis zu behalten. Mehr Kollegialität zwischen den Vertretern des Staatsrates.

Wie beurteilen Sie Ihre Wahlchancen?
Fifty-fifty.

Frank O. Salzgeber
Simon Kalbermatten
Walter Bellwald

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Kommentare

  • Markus Imseng, Wiler (Lötschen) - 3019

    Mit einer Vertretung seitens der SP-Ecke könnte ich noch gerade so leben. Wenn diese aus dem Oberwallis kommt um so besser. 2 Vertreter der SP sind definitiv zu viel.
    Wie man sich dann noch politisch mit dem ärgsten Widersacher ins gleiche Boot setzen kann und dabei gute Miene zum schlechten Spiel machen kann, bleibt mir schleierhaft!

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