Sitten | Der FC Sitten beendet die Vorrunde auf dem dritten Rang.

Der FC Sitten ist wieder Kult

Jubelnde FC-Sitten-Spieler (im Bild Theofanis Gekas). Nach einem Fehlstart in die Meisterschaft  drehten die Walliser auf.
1/1

Jubelnde FC-Sitten-Spieler (im Bild Theofanis Gekas). Nach einem Fehlstart in die Meisterschaft drehten die Walliser auf.
Foto: FC Sitten/Facebook

Quelle: RZ 0

Halbzeit. Auf dem 3. Rang schliesst der FC Sitten die «Herbstmeisterschaft» ab und ist auf Kurs. Die RZ blickt auf die erste Meisterschaftshälfte zurück und nimmt eine Analyse vor.

Schluss. Aus. Vorbei. Der Schiri pfeift ab. Der FC Sitten siegt gegen Luzern mit 3:1 Toren. Ein Luzerner Journalist schreibt einen Tag später in der «Neuen Luzerner Zeitung»: «Luzern hätte 1:7 verlieren können.» Dass der FC Sitten einen Liga-Konkurrenten, der in der Tabelle auf Augenhöhe mit den Wallisern ist, spielerisch derart dominiert und später demontiert, ist ein Verdienst von Trainer Peter Zeidler. Seit er im August die Mannschaft übernommen hat, zeigt Sitten ein anderes Gesicht: Zeidler lässt mit Ausnahme vom 2:2-Remis im September in Luzern stets in einem 4-3-3-System spielen. Offensiv, mutig und mit viel Pressing agierend. Ganz anders als sein Vorgänger Didier Tholot. (Zu) oft setzt er auf eine defensive ängstliche und mutlose Taktik. Gleich mehrere Spieler haben das nie verstanden.

Der Irrtum von Reto Ziegler

Mittelfeld-Stratege Vero Salatic soll Trainer Tholot mehrmals aufgefordert haben, «offensiver spielen zu lassen». Erfolglos. «Tholot meinte, uns fehlen dazu die nötigen Spieler», so Salatic. Es gibt Spieler, die Tholot diese Worte geglaubt haben. Nach dem phänomenalen 3:0-Cupsieg gegen den FC Basel will die RZ von Reto Ziegler wissen, warum Sitten nicht immer derart mutig und offensiv auftreten kann. Seine Antwort damals: «Wir sind um unser Leben gelaufen, das geht langfristig nicht.» Seit Zeidler im Mittelwallis das Zepter übernommen hat, wissen Ziegler und Co., dass es möglich ist, Woche für Woche «um sein Leben zu rennen». Durch diese Laufbereitschaft setzt Sitten offensiv vermehrt Akzente und ist defensiv stabiler geworden (siehe Kasten links). Auffallend ist zudem, dass gleich mehrere Spieler unter Trainer Zeidler aufblühen. Chadrac Akolo (21) aus dem Kongo. Aber auch der einheimische Grégory Karlen (21) oder der Ostschweizer Nicolas Lüchinger (22). Und dann ist da noch Vincent Sierro (21). Der jüngste der drei Söhne von alt Staatsrat Serge Sierro. Erst scheint es, als ob Sierro zu den Verlierern des Trainerwechsels gehört. Doch Sierro, der im Frühling noch oft auf der Doppel-6 mit Salatic spielte, sichert sich auch im neu gebildeten 3er-Mittelfeld einen Platz und wird Stammspieler unter Zeidler. Dass er über ein grossartiges Ballgefühl verfügt, beweist Sierro schon als Achtjähriger bei Sittens Junioren: «Unser damaliger Trainer legte grossen Wert aufs Jonglieren. Er spendierte demjenigen, der am meisten Berührungen schaffte, jeweils einen Coupe. Und ich gewann eigentlich immer.» Sein Rekord: 2648 Mal!

Zeidler zeigt sich volksnah

Neben den jungen Wilden, zu denen auch Moussa Konaté (23) sowie Torhüter Anton Mitryushkin (20) gehören, bringen Ziegler (30), Salatic (30), Carlitos (34) und Zverotic (30) Routine in die Startelf der Sittener. Unter Zeidler hat Sitten bisher in jedem Spiel die Chance auf den Sieg. Manchmal fehlt das Quäntchen Glück. Doch Sitten begeistert seine Fans. Und lockt manch einen wieder ins Stadion. «10 000 Fans sollen an unsere Heimspiele kommen», fordert Zeidler noch im Herbst. Spielt er im Frühling ähnlich attraktiv wie seit Ende August, werden es (wohl) regelmässig mindestens 10 000 sein, die Sitten lautstark unterstützen. Zeidler zeigt sich jedoch auch neben dem Platz volksnah. Als im Herbst ein Juniorencamp – organisiert vom FC Sitten – stattfindet, fordert er die ganze Mannschaft auf, sich zum Mittagessen an einen Tisch mit den Kindern zu setzen. Einzige Regel: Keiner darf sein Handy herausholen. Ein Besucher zur RZ: «Unter Tholot kamen vor einem Jahr ein paar Spieler und setzten sich alle an denselben Tisch, um zu essen, Zeidler bringt gleich die ganze Mannschaft mit und die Spieler mischen sich unter die Kids.» Die Freude am Spiel des FC Sitten wirkt sich auch auf den Galaabend (4. Februar, die Red.) aus. Bis zum Ende der Vorrunde wurden 1000 Eintritte mehr verkauft als vor einem Jahr. Heisst: Das Sauerkrautfest wird mit höchster Wahrscheinlichkeit bis Ende Jahr ausverkauft sein. Dies deshalb, weil der FC Sitten für den Galaabend vor einem Jahr via Twitter Anfang Januar 2016 «Ausverkauft» gemeldet hat.

Marktwert steigt stetig an

Während der Galaabend bis zu einer Million Franken in die Vereinskasse spült, kann sich Präsident Christian Constantin spätestens Ende Saison vermutlich über weitere Transfererlöse freuen. Gleich mehrere Spieler haben seit Zeidlers Amtsantritt laut transfermarkt.ch ihren Marktwert massiv gesteigert. Wer sich Moussa Konaté (4,75 Millionen Franken), Jagne Pa Modou (1,25), Carlitos (1,25) oder Anton Mitryushkin (1,5) leisten will, muss bereits weit tiefer in die Tasche greifen, als dies Constantin bei deren Verpflichtung getan hat. Auch Chadrac Akolo (400 000 Franken) dürfte bis Ende Saison ein Stück weit teurer sein, wenn er seine Torgefährlichkeit behält. Vereins­präsident Constantin macht kein Geheimnisse daraus, dass Transfererlöse einen wichtigen Teil des Budgets bilden. Erst im Herbst spülen die Transfers von Edimilson Fernandes (zu West Ham, England) und Léo Lacroix (zu St-Étienne, Frankreich) über 10 Millionen Franken in die Kasse. Dass Sitten trotz der Abgänge der beiden Neo-Nati-Spieler kaum Qualität eingebüsst hat, zeigt, dass der Plan des Präsidenten aufgeht. Auch weil er in der Trainerfrage ein goldenes Händchen hatte.

Simon Kalbermatten

Artikel

Kommentare

Noch kein Kommentar

Kommentar

schreiben

Loggen Sie sich ein, um Kommentare schreiben zu können.

zum Login

Sitemap

Impressum

MENGIS GRUPPE

Pomonastrasse 12
3930 Visp
Tel. +41 (0)27 948 30 30
Fax. +41 (0)27 948 30 31